Die betrügerischen Herrn der Ringe

Mit Ringen aus Katzengold zocken Gauner in München und Oberbayern die Leute ab. Über 200 Opfer haben bei der Polizei bereits Anzeige erstattet. Die Münchnerin Judith L. (58) berichtet, wie sie von einem der Gauner über den Tisch gezogen wurde.
von  Abendzeitung
Judith L. zeigt der Ring, den ihr ein Betrüge auf dem Parkplatz des OEZ andrehte.
Judith L. zeigt der Ring, den ihr ein Betrüge auf dem Parkplatz des OEZ andrehte. © Mike Schmalz

MÜNCHEN - Mit Ringen aus Katzengold zocken Gauner in München und Oberbayern die Leute ab. Über 200 Opfer haben bei der Polizei bereits Anzeige erstattet. Die Münchnerin Judith L. (58) berichtet, wie sie von einem der Gauner über den Tisch gezogen wurde.

Judith L. stieg gerade aus ihrem Wagen aus, als ein fremder Mann ihr einen goldenen Ehering auf dem Parklatz des Olympia-Einkaufszentrums anbot. Für zehn Euro ließ sich die Moosacherin das vermeintlich kostbare Fundstück aufschwatzen und ging damit einer gerissenen Gaunerbande auf den Leim.

Auf dem Parkplatz überrumpelt

Funklend und schwer lag der Ring in ihrer Hand. „Er hatte auf der Innenseite eine Gravur und sogar einen Stempel“, erzählt Judith L.. Während die 58–Jährige das Schmuckstück noch betrachtete, redete der Fremde unaufhörlich auf sie ein. „Ich hab’ ihn gerade auf dem Parkplatz gefunden“, behauptete der Mann. Er sei nicht verheiratet, ihm selbst passe der Ring nicht, ob die Frau ihn deshalb kaufen wolle, bot er an.

Judith L. zögert zunächst. Doch vor ein paar Jahren hatte sie selbst schon einmal einen Ring auf einem Parkplatz gefunden. Der Besitzer hat sich nie gemeldet. Im Fundbüro bekam sie die Auskunft, dass Ringe auf Parkplätzen häufiger gefunden würden. Sie stammten von Pärchen, die sich im Auto gestritten und dann Ehe- oder Verlobungsring einfach aus dem Fenster geworfen hätten, erzählte man ihr.

Trotz des Misstrauens ließsich Judith L. doch noch von dem Mann überreden und gab ihm zehn Euro. Sie hoffte auf ein gutes Geschäft, immerhin ist der Goldpreis in letzter Zeit kräftig angestiegen. Doch schon nach einer Stunde platzte der Traum vom goldenen Schnäppchen.

Wertloses Katzengold

Judith L. fuhr zu einem Gold- und Schmuckhändler. Doch der lachte nur. Sie sei heute schon die vierte Kundin, die ihm so einen Ring zeige. „Die Dinger sind aus Katzengold und nichts wert“, sagte der Fachmann.

Über 200 Opfer in ganz Oberbayern

Bei der Münchner Polizei meldeten sich seit September 2007 über 100 Opfer. Auch beim Polizeipräsidium Oberbayern laufen Ermittlungen. "Bei uns liegen ebenfalls rund 100 Anzeigen quer durch Oberbayern vor", betont Polizeisprecher Uli Pöpsel. Manche haben bis zu 40 Euro für den wertlosen Plunder bezahlt.Die Dunkelziffer dürfte allerdings noch weit höher liegen.Viele Opfer haben keine Anzeige erstattet. Auch Judith L. zögerte bisher mit einer Anzeige. "Die Gauner erwischt doch sowieso keiner", befürchtet sie.

Doch das stimmt nicht. "Zwei Verdächtige sind uns bereits ins Netz gegangen", betont Polizeisprecherin Sabine Allertseder. Ob es sich um Einzeltäter oder Mitglieder einer ganzen Bande handelt, ist noch unklar. Die Spur der "Herrn der Ringe" führt jedenfalls nach Rumänien.

Die Gauner arbeiten mit mehreren Maschen: So behaupten einige, ihnen sei der Spritt ausgegangen. Um tanken zu können, bitten sie Autofahrer um Geld und bieten ihnen einen vermeintlich wertvollen Ring zum Kauf an. Beliebt ist auch der Trick, sich als ortsunkundiger Tourist auszugeben, der den Weg zum Fundbüro nicht kennt, erklärt Uli Pöpsel. Die Opfer sollen für sie den Ring abgeben und dürften ihn dafür als "Finderlohn" behalten, falls sich der Besitzer nicht meldet. .

Ralph Hub

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