Die beste Arzthelferin des Jahres

Es ist ein harter Job. 40 bis 50 Stunden die Woche – und viel Verantwortung. In München hat die Branche jetzt ihre Nummer eins gewählt. Die AZ stellt Nadine van Bösekom (32) vor.
Christian Pfaffinger |
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„Man muss immer besser werden“: Nadine van Bösekom ist von ihren Kolleginnen zur Arzthelferin des Jahres gewählt worden.Foto: Petra Schramek
„Man muss immer besser werden“: Nadine van Bösekom ist von ihren Kolleginnen zur Arzthelferin des Jahres gewählt worden.Foto: Petra Schramek

Es ist ein harter Job. 40 bis 50 Stunden die Woche – und viel Verantwortung. In München hat die Branche jetzt ihre Nummer eins gewählt. Die AZ stellt Nadine van Bösekom (32) vor.

München - Am Anfang passieren immer peinliche Dinge. Auch bei Nadine van Bösekom. Vor etwa 13 Jahren, als sie ihre Ausbildung zur Arzthelferin in einer chirurgischen Praxis macht, soll sie einen Patienten auf eine OP vorbereiten. Sie verordnet ihm erstmal Krankengymnastik. Der Patient wehrt sich. Unsinn sei das. Die damalige Leiterin der Praxis greift ein. Der Patient habe Hämorrhoiden, da helfe Gymnastik nun wirklich nicht. Nadine van Bösekom ist das peinlich, sie hat den Fachbegriff für die Krankheit falsch verstanden.

Heute würde van Bösekom das nicht mehr passieren. Sie leitet die Praxis, in der sie damals gelernt hat. Dort organisiert sie bis zu 1500 Operationen im Jahr, kümmert sich um sieben Mitarbeiter, bildet aus und verwaltet einen Umsatz von gut einer Million Euro im Jahr. Außerdem hilft sie im OP und in Sprechstunden. Das alles macht sie gut. Ihre Kolleginnen sagen: Sie macht es besser als alle anderen. Darum ist Nadine van Bösekom zur Arzthelferin des Jahres gewählt worden.

In einem Münchner Hotel haben sich 400 Arzthelferinnen aus Deutschland getroffen, um sich fortzubilden – und die Beste unter ihnen zu küren. Nadine van Bösekom (32) aus Voerde am Niederrhein setzte sich durch. „Ich wusste erst gar nichts von dem Wettbewerb“, sagt sie. Eine Mitarbeiterin habe sie angemeldet. Nach der Vorauswahl über Telefoninterviews musste sie dann in München ihre Kolleginnen überzeugen. Sie hat es geschafft.

Van Bösekom liebt Sport und vergleicht ihre Arbeit gern damit. „Es reicht nicht, das Niveau zu halten, man muss immer besser werden“, sagt sie. Van Bösekom nennt ihre Praxismitarbeiter ihre kleine Familie. „Wir sind ein sehr enges Team. Ich kenne alle sehr gut und merke, wenn etwas nicht stimmt.“

Van Bösekom ist für ihre Kolleginnen verantwortlich. Heute ist sie es, die peinliche Situationen in der Praxis aufklärt. Zum Beispiel hat eine Mitarbeiterin eifrig darum gebeten, einem Vasektomie-Patienten nach der OP einen Gips anzulegen: Sie wolle das üben. „Ich habe gelacht und ihr gesagt: Es könnte aber sein, dass du dann auf einmal einen größeren Gips brauchst.“ Der Patient hatte eine Sterilisation hinter sich.

Nadine van Bösekom ist in ihrem Traumberuf angekommen. Es sah nicht immer so aus, als würde das klappen.

Nach der Schule wollte sie Krankengymnastin werden, aber ihre Familie konnte sich die teure Ausbildung nicht leisten. Sie beginnt eine Ausbildung als Einzelhandelskauffrau bei einem Möbelgeschäft, die sie bald wieder beendet: „Da wäre ich fast verblödet.“

Auch die zweite Ausbildung als Bürokauffrau ist ihr viel zu langweilig. Wieder bricht sie ab. 1999 bekommt van Bösekom dann einen Ausbildungsplatz in der chirurgischen Praxis, in der sie bis heute arbeitet. Das gefällt ihr.

Sie wird übernommen, und ein halbes Jahr nach ihrer Festanstellung wird sie Leiterin der Praxis. Die Vorgängerin hatte sich schwer verletzt und musste aufhören.

Mit 25 wollte sie dann Medizin studieren, um selbst Chirurgin zu werden. Diesen Plan hat sie wieder aufgegeben. „Jetzt macht es für mich keinen Unterschied mehr, wenn ich am OP-Tisch stehe“, sagt sie. „Ich spüre die gleiche Verantwortung.“ Ihr Chef Wolfgang Zerbe sagt: „Sie trägt das Herz am rechten Fleck, und sie hat eine starke Persönlichkeit.“ Bescheiden sei sie auch. „Und sie kann sich durchsetzen. Wer reitet, sagt dem Pferd schon, wo es lang geht.“

Reiten ist Nadine van Bösekoms neuer Sport, seit sie das Handball spielen aufgegeben hat. Außerdem taucht sie. „Da kann niemand aus Versehen sein Handy anlassen. Das ist die absolute Ruhe.“

Van Bösekom arbeitet viel, 45 bis 50 Stunden in der Woche. Vielen Arzthelferinnen geht es ähnlich. Deshalb sagt van Bösekom in München zu ihren Kolleginnen: „Arbeit ist das halbe Leben. Denken Sie daran, Grenzen zu setzen, gegenüber den Kollegen, den Patienten und auch gegenüber dem Chef.“ Sie selbst nimmt es damit nicht so genau. Am kommenden Freitag wird sie ihren Chef heiraten.
 

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