Die AZ fragt Familien: Merken Sie die Krise?
MÜNCHEN - Skeptische Blicke in die Zukunft, Hilfe von der Verwandtschaft und: „Den Kindern soll es an nichts fehlen.“
Betriebe gehen pleite, Arbeitnehmer verlieren ihren Job, Anleger ihr Geld. Kaum ein Tag ohne Horrormeldung aus der Wirtschaft. Wie geht es denen, die für ihre Kinder mitwirtschaften müssen? Familenministerin Ursula von der Leyen will das in einer Umfrage für den „Familienmonitor“ ergründen. Die AZ hat Familien in München gefragt.
„Wenn das so weiter geht, habe ich Angst, dass ich meine Familie nicht mehr ernähren kann“, sagt Marco Bauer (24). Dem Rettungssanitäter bleiben nach allen Abzügen 200 bis 300 Euro, um für seine Familie zu sorgen. Soweit es geht, versuchen er und seine 19-jährige Lebensgefährtin Felicitas Frischmeier günstig einzukaufen. Wenn allerdings ihre 17 und 7 Monate alten Kinder Luciano-Marco und Alexandro-Marco etwas brauchen, wird daran nicht gespart. „Wir schaffen uns nichts mehr Großes an, aber die Kinder sollen darunter nicht leiden“, sagt sie.
Nina Schlake aus Bamberg geht es besser. Die Pädagogin ist momentan in Elternzeit mit ihrer 14 Monate alten Tochter Julia. „Mein Mann arbeitet in der Landwirtschaft – da machen wir uns über sein Einkommen noch nicht so viele Gedanken“, sagt die 28-Jährige. Das Paar aus Oberfranken profitierte sogar von der Krise. „Wir haben uns vor kurzem ein Haus gekauft. Dafür haben wir einen günstigen Kredit von der Bank bekommen.“ Und: „Wir schauen, dass wenigstens ein bisschen Geld auf der hohen Kante bleibt“, sagt sie. „Wir fahren zwar bald in den Urlaub, aber wenn das nicht ein Hochzeitsgeschenk wäre, würden es nicht machen.“
Die Eltern zahlen den Urlaub
Schlechter geht es Familie Dembsky aus Windhausen im Harz. „Wir machen zwar hier in München Urlaub, aber das war ein Geschenk meiner Eltern“, sagt Kevin Dembsky (30), „sonst hätten wir uns das nicht gegönnt.“ Der 30-jährige Techniker ist seit einem Jahr arbeitslos. „Nach acht Jahren bei der Bundeswehr und einer Umschulung konnte ich noch ein Jahr im Betrieb arbeiten. Danach hat man mir wegen der schlechten Auftragslage gekündigt“, sagt der Vater von drei Kindern. Seine größte Angst ist, dass die Krise noch länger dauert und er Hartz IV beziehen muss. Trotz der Krise sollen die Kinder von Kevin und Nadine Dembsky nicht leiden. „Anna, Moritz und Julian kriegen, was sie brauchen. Da stecken lieber wir zurück.“
Familie Fuhrmann kommt aus NRW. Auch sie macht Urlaub in München mit der Tochter Louisa (9). „Noch spüren wir die Krise nicht“, sagen Roland (44) und Hildegard (43) Fuhrmann. Die beiden Angestellten im öffentlichen Dienst planen mit Vorsicht voraus. „Wir versuchen günstig einzukaufen und große Anschaffungen hinten anzustellen“, sagt Roland Fuhrmann. „Die Zeit ist so unsicher, da können selbst unsere Rücklagen wegfallen“, sagt Ehefrau Hildegard. „Zum Glück haben wir ein Haus - das ist das Einzige, was uns ein bisschen Sicherheit gibt.“
Keine Probleme hat Familie Barnikel. Sie kommen ursprünglich aus München. Seit zehn Jahren leben Markus (37) und Kerstin (34) schon in Australien. Vor fünf Monaten ist Töchterchen Amelie dazugekommen. „Bisher spüren wir die Krise nicht.“ sagt Markus Barnikel. Er hat sich für ein Jahr eine Auszeit vom Berufsleben genommen, um zu Reisen. „Wir stehen finanziell ganz gut da.“
Christian Plößl