"Die Arroganz der Macht stoppen": Warum sich Münchens Alt-OB Ude nun den Hochhaus-Gegnern anschließt

Das Bürgerbegehren gegen die zwei 155 Meter hohen Türme soll rechtlich nicht zulässig sein. Das meinen zumindest die Juristen im Münchner Rathaus. Das sieht nicht nur die Bürgerinitiative anders, sondern auch Alt-OB Christian Ude. Er fürchtet um die Demokratie – so wie die ÖDP. Die hat etwas Überraschendes herausgefunden.
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Als er noch selbst Münchner Oberbürgermeister gewesen ist, wollte Christian Ude, dass in München Hochhäuser gebaut werden. Jetzt hat er die Seiten gewechselt und will die zwei geplanten Türme an der Paketposthalle verhindern.
Als er noch selbst Münchner Oberbürgermeister gewesen ist, wollte Christian Ude, dass in München Hochhäuser gebaut werden. Jetzt hat er die Seiten gewechselt und will die zwei geplanten Türme an der Paketposthalle verhindern. © Bernd Wackerbauer

München – Es war für den damaligen OB Christian Ude (SPD) eine schlimme Niederlage: 2004 stimmte eine Mehrheit der Münchnerinnen und Münchner in einem Bürgerentscheid gegen Hochhäuser.  Etwas mehr als 20 Jahre später hält ausgerechnet Ude eine Pressekonferenz mit dem größten Hochhaus-Gegner dieser Stadt, nämlich dem CSU-Landtagsabgeordneten Robert Brannekämper, ab, um ihn zu unterstützen. Was ist passiert?

Brannekämper hatte mit seiner Initiative über 33.000 gültige Unterschriften gesammelt – genug, um damit einen Bürgerentscheid auszulösen, bei dem die Münchner über die zwei 155-Meter-Türme an der Paketposthalle abstimmen sollen.

Das Rathaus vertritt jedoch die Auffassung, dass das Bürgerbegehren rechtlich nicht zulässig ist. Am Mittwoch entscheidet der Stadtrat, ob er sich dieser Meinung anschließt. Wie die AZ berichtet hatte, zeichnet sich dafür eine Mehrheit ab. In München würden also neue Hochhäuser gebaut, ohne dass die Bürger ein zweites Mal gefragt würden. Der Entscheid von 2004 hat nämlich inzwischen seine Bindung verloren.

Ude will "schlimmen Sündenfall für die Stadtentwicklung" verhindern

Er sei nicht prinzipiell für oder prinzipiell gegen Hochhäuser, sagte Ude bei der Pressekonferenz. Es komme auf den Einzelfall an. Die Bürgerinitiative unterstütze er, weil sie einen, wie er es ausdrückte, "schlimmen Sündenfall für die Stadtentwicklung" verhindern möchte. Denn anders als 2004 sollen die beiden 155 Meter hohen Türme nahe der Innenstadt stehen. Sie würden das Stadtbild maßgeblich verändern, glaubt Ude.

So stellt sich der Investor Ralf Büschl die beiden Türme vor, die einmal 155 Meter in den Himmel ragen sollen. Rechts daneben ist die denkmalgeschützte Paketposthalle, in deren Keller einmal ein Konzertsaal soll.
So stellt sich der Investor Ralf Büschl die beiden Türme vor, die einmal 155 Meter in den Himmel ragen sollen. Rechts daneben ist die denkmalgeschützte Paketposthalle, in deren Keller einmal ein Konzertsaal soll. © Büschl-Gruppe

Außerdem ist der Alt-OB um die kommunale Demokratie besorgt. Es sei unbegreiflich, dass das Rathaus einen Bürgerentscheid verbieten wolle. "Das macht man nur, wenn man die Hosen voll hat, wenn man vor Angst schlottert", sagte Ude.

Begründet haben die Juristen im Rathaus ihre Ablehnung damit, dass das Bürgerbegehren zu sehr in das Abwägungsgebot der Gemeinde eingreife. Dieses besagt, dass die Gemeinde die öffentlichen und privaten Belange bei Planungen gegeneinander abwägen müsse.

Die "Arroganz der Macht" müsse gestoppt werden

Ein solches Abwägungsgebot gelte aber überall, sagte Ude. Die Münchner hätten auch früher (etwa beim Bürgerentscheid über Olympia oder die dritte Startbahn) über komplexe Fragen abgestimmt. Den Bürgern nun zu unterstellen, sie seien zu doof, abzuwägen, sei eine Beleidigung, eine Provokation, sagte Ude. Er forderte: Diese "Arroganz der Macht" müsse gestoppt werden.

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Sollte sich der Stadtrat am Mittwoch tatsächlich entscheiden, dass kein Bürgerentscheid stattfinden soll, wird Robert Brannekämper mit seinem Anwalt Andreas Feuersinger klagen. Der rechnet sich große Chancen aus, das Verfahren zu gewinnen. Bei Bauplanungen dürfe ein Bürgerbegehren keine Details festlegen, aber durchaus einen Rahmen, sagte er. "Ansonsten wären Bürgerbegehren in Bauleitplanungen tot."

CSU, Grüne und SPD nahmen Spenden von Büschl-Gruppe an

Auch die ÖDP kämpft dafür, dass die Münchner über die Hochhäuser abstimmen dürfen. Ihr Chef Tobias Ruff hat herausgefunden, dass die Büschl-Gruppe, die die zwei Türme bauen will, seit 2018 mehr als 200.000 Euro an CSU, Grüne und SPD gespendet hat. Er fordert, dass die Verwaltung schnell prüfen muss, ob die Fraktionen deshalb befangen sind. Grünen-Chef Sebastian Weisenburger verweist auf die Gemeindeordnung. Dort steht, dass ein Gemeinderat nur dann ausgeschlossen werden muss, wenn ihm persönlich oder einem Angehörigen ein Vorteil oder Nachteil droht. Auch das Rathaus sieht keinen Anlass, Stadträte für befangen zu erklären.

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  • Witwe Bolte vor einer Stunde / Bewertung:

    Danke Herr Ude. 🙏 Bin weder ein Fan von Ihnen noch der SPD, sondern der Meinung, dass wir kein zweites Frankfurt brauchen. Hässlich bis zum Gehtnichtmehr. Hab dort selber jahrelang gelebt.
    Und günstige Wohnungen für den 2.900 brutto- Verdiener entstehen eh nicht in den greislichen Betonburgen.

  • nutellatami vor einer Stunde / Bewertung:

    Das hat mit Arroganz nichts zu tun. Die Methoden der Hochhaus Gegner sind fragwürdig. Die Motive ebenfalls. Man jammert über Flächenversieglung und nimmt zudem in Kauf dass Wohnraum mit Büros fehlbelegt werden. Das Sichtachsen Argument ist zudem peinlich. Geht man nach Wien London Paris Mailand. Hochhaus und Historie müssen kein Widerspruch sein

  • Schwabinger089 vor 3 Stunden / Bewertung:

    Was ist da los in München..?
    Stillstand - Keine Weiterentwicklung im Gegensatz zu Hamburg, Berlin, Frankfurt, Wien.
    Alte Münchner Männer die die Modernisierung der Stadt gefährden.
    Junge Leute denen die Zukunft gehört, sollte man darüber entscheiden lassen..

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