Die Abzocke mit dem Ackerland
Oberschleißheim kaufte billiges Ackerland und wandelte es in sündteures Bauland um: Aus 67 Euro wurden so 600 Euro pro Quadratmeter – ein Fall für den Petitionsausschuss im Landtag.
So sollte der Traum vom eigenen Häuschen auch für die Einheimischen in Oberschleißheim wahr werden. 20 Grundbesitzer verkauften der Gemeinde 11000 Quadratmeter für ein „Einheimischen Modell“. Man einigte sich auf 67 Euro pro Quadratmeter wegen des guten Zwecks. Das war im Jahr 2000. Jetzt endlich kann gebaut werden: Allerdings verlangt Oberschleißheim nun von den Häuslebauern 520 Euro für den Quadratmeter Grund plus 80 Euro Erschließungskosten. Macht 600 Euro. Eine Gemeinde als Immobilienhai? Das beschäftigte gestern den Bayerischen Landtag.
„Die Gemeinde braucht nicht auch noch die Einheimischen abzuzocken“, beklagte sich Johann Negele vor dem Petitionsausschuss. Er hatte seinen Grund damals billig an Oberschleißheim verkauft und findet den Preis nun überteuert. Und zwar um mindestens 100 Euro pro Quadratmeter. Nach seiner Rechnung macht die Gemeindekasse mit dem Grundstücksgeschäft „mindestens eineinhalb Millionen Euro Gewinn.“
Als die Gemeinde das Areal an der „Hirschplanallee“ kaufte, war es noch Ackerland. Doch der Zweck war klar. Hier sollte ein Wohnviertel entstehen. Mit Sonderkonditionen für Einheimische: Die müssen in Oberschleißheim geboren sein oder seit mindestens 60 Monaten dort wohnen. Das zu versteuernde Familieneinkommen darf 75000 Euro nicht überschreiten. Wer das nicht erfüllt, muss 650 Euro pro Quadratmeter plus 80 Euro Erschließungskosten zahlen. Die Bewerbungsfrist läuft am Sonntag aus. Die Grundstücke sind bereits fast alle verkauft.
Nun ist Johann Negele nicht nur einer der größten Grundverkäufer für das Einheimischenmodell. Er sitzt für die Freien Wähler auch im Gemeinderat von Oberschleißheim, das von SPD-Bürgermeisterin Elisabeth Ziegler regiert wird.
Ausrichten konnte er dort mit seiner Beschwerde nichts. Auch im Landtag blitzte er mit seiner Forderung, die Preise für die Einheimischen zu senken, ab. Die Staatsregierung erklärte in einem Gutachten, dass die von der Gemeinde festgesetzten Preise „nicht zu beanstanden“ seien. Die Grundstückspreise seien in letzter Zeit halt explodiert, hieß es im Petitionsausschuss. „Ich sehe in dem Preis nichts Anstößiges“, sagte der Ausschussvorsitzende Hans-Jochim Werner (SPD). Seine Fraktionskollegin Angelika Weikert meinte: „Besser die Gemeinde, als ein Immobilienhai.“ Und Markus Blume (CSU) tröstete Negele: „Wir können nur vermuten, dass die Gemeinde mit dem Geld Gutes tut, Straßen baut und Kindergärten.“