Deutschland - Italien: Mamma mia, das wird ein Fest!

Am Donnerstag trifft Deutschland im EM-Halbfinale auf die Squadra Azzurra. Die AZ hat italienische Wirte nach ihren Gefühlen befragt.
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MÜNCHEN - „Mamma mia!“ gegen „Mia san mia!“ – am Donnerstag spielt Italien gegen Deutschland. Ein Duell, das im fußballverliebten München besonders viele Menschen elektrisiert – nämlich auch die über 24000 Italiener, die in Bayerns Landeshauptstadt leben.

Die Bekanntesten unter ihnen sind natürlich die Wirte – von Ugo Crocamo, der am Promenadeplatz gerne auch mal Bayernstars eine Trüffelpizza serviert, über Fausto Tassi – Juve-Fan und einer der fußballkompetentesten Wirte Münchens – bis zu Mario Gargiulo, der die älteste Pizzeria der Stadt betreibt.

Wir haben bei sechs Gastronomen nachgefragt – und recht unterschiedliche Antworten erhalten. Darin geht es um Heimatgefühle, Leidenschaften und Loyalitätskonflikte. Vor lauter Aufregung könnte man glatt Hunger auf einen Teller Pasta bekommen.
 

„Wir sind nicht frech“

Ugo Crocamo, „H’ugo’s“, Promenadeplatz 1: „Wissen Sie was: Wir sind für Donnerstagabend schon ausgebucht! 500 Plätze, alle in italienischen und deutschen Farben dekoriert. Unsere Stammgäste sind in erster Linie deutsch. Und sie fühlen sich bei uns zu Hause.

Bei uns bleibt keiner wegen des Fußballs weg. Vielleicht ist das in anderen italienischen Lokalen so – wenn dort die Betreiber frech sind. Aber wir sind nicht frech. Ich werde natürlich schon für Italien tippen, kann aber mit jedem Resultat leben. Ich liebe mein Land – aber ich liebe auch meine Gäste!“
 

„Im Elferschießen gewinnt der Glücklichere“

Mario Gargiulo (77) mit Tochter Marie-Lisa (26), seit 1966 Inhaber von Münchens ältester Pizzeria „Bei Mario“ in der Adalbertstraße (Maxvorstadt): „Wer am Donnerstag gewinnt? Der, der die meisten Eier hat! Nein, im Ernst: Egal, ob Italien oder Deutschland gewinnt, Hauptsache es wird ein schönes Spiel. Und hinterher feiern Deutsche und Italiener gemeinsam – so haben wir es schon am Sonntag gemacht.

Für wen mein Herz schlägt? Was soll ich da sagen? Ich bin Italiener, aber schon seit 1959 in Deutschland, meine Frau ist Deutsche, meine Tochter ist hier geboren. Ich mag München und die Münchner, stehe jeden Tag noch selber im Laden. Ein Lokal ist wie eine Droge – so wie Fußball ja auch. Nochmal – wie’s ausgeht? Erst unentschieden, dann gibt’s Elfmeterschießen – am Ende gewinnt der Glücklichere!“
 

„Deutschland wird wohl gewinnen – so leid es mir tut“

Egidio Sommavilla (l.), „Osteria Italiana“, Münchens ältestes italienisches Restaurant, Schellingstraße 62: „Italien hat gegen England sehr stark gespielt. Wenn wir nach der Wahrscheinlichkeitsrechnung gehen, wird am Donnerstag aber Deutschland gewinnen – so leid es mir tut! Das wird dann wohl die Revanche für 2006. So wie 2006 die Retourkutsche dafür war, dass Deutschland 1990 in Italien, in Rom, Weltmeister geworden ist.

Ich bin kein großer Fußballfan. Mein Partner Prisco de Stefano zittert viel mehr als ich, ist manchmal den Tränen nahe. Normalerweise läuft bei uns im Restaurant kein Fußball. Am Donnerstag machen wir aber eine Ausnahme. Wir schauen uns das Spiel mit Freunden im Innenhof an.
 

„Es gibt Verlängerung – und am Ende trifft Balotelli“

Fausto Tassi, „Da Fausto“, Schönstraße 106: „Gegen England habe ich fast einen Herzinfarkt bekommen! Ein Drama! Wie soll das erst gegen Deutschland werden?! Ich glaube, es wird auf Verlängerung hinauslaufen – und am Ende gewinnt Italien. Ich schätze, dass Balotelli und Cassano treffen. Wenn Italien gegen Deutschland spielt, habe ich mit meinen deutschen Freunden und Stammgästen immer eine Wette gemacht:

Die Leute trinken – und wenn Deutschland gewinnt, müssen sie nichts bezahlen. Verliert Deutschland, zahlen sie das Doppelte. Trotzdem herrscht bei uns immer eine freundschaftliche Atmosphäre, das war auch nach der Weltmeisterschaft 2006 so. Letztlich ist alles nur ein Spiel – naja, fast.
 

„Wir müssten es schaffen – und wenn’s mit einem 2:1 ist!“

Gennaro Bussone, „Trattoria Bussone“, Thalkirchner Straße 126: „Wir haben vier Fernseher aufgebaut, drinnen und draußen. Es ist Platz für 120 Leute. Wenn Italien ein Tor schießt, gibt es Prosecco umsonst. Laut Statistik haben die Deutschen ja noch nie gegen uns gewonnen. Normalerweise müssten wir es schaffen – und wenn’s mit einem 2:1 ist. Am Donnerstag ist auch meine komplette Familie in Trikots anwesend.

Mir ist lieber, wenn Hochbetrieb ist und ich arbeite. Bei vier Fernsehern bekomme ich das Wichtigste mit – und ich muss mich nicht so aufregen. Für mich gibt es nur zwei Mannschaften: die Nationalmannschaft und Neapel. Das habe ich im Blut. Ich bin Neapolitaner und bleibe Neapolitaner, bis zum Tod.
 

„Ich erinnere mich an 1970“

Gianni Mascia, „Porta Capuana“, Thierschstraße 14: „Ich fürchte, Mehmet Scholl hat recht: Italien hat gut gespielt gegen England, wird aber keine Chance haben – auch weil die Mannschaft durch die Verlängerung gegen England ein Kräfteproblem haben wird. Natürlich wird das Spiel bei uns im Fernsehen laufen – auch wenn wir kein Fußball-Lokal sind.

Ein deutscher Fan schaut Fußball, glaube ich, ohnehin nicht gern beim Italiener. Auch wegen der sportlichen Vergangenheit. Ich erinnere mich natürlich gern ans 4:3 bei der WM 1970 in Mexiko. Oder an die WM in Spanien 1982, unseren 3:1-Finalsieg gegen Deutschland. Aber: Ich bin nicht fanatisch. Wie kann ich auch? Ich bin mit einer Deutschen verheiratet, meine vier Kinder haben alle einen deutschen Pass. Wie kann ich da für Italien brüllen?“  

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