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Detonierte Fliegerbombe: Wie konnte es überhaupt dazu kommen?

Kripo ermittelt, wie es geschehen konnte, die Fliegerbombe im Boden bei Sondierungen zu übersehen. Der Schaden wird auf mindestens fünf Millionen geschätzt.
von  Ralph Hub
Die Staubwolke nach der Explosion.
Die Staubwolke nach der Explosion. © picture alliance/dpa

München - Experten des Landeskriminalamtes und der Münchner Polizei werden den mehrere Meter durchmessenden Krater in den kommenden Tagen gründlich untersuchen. Einer der beiden Zünder und weitere Teile des Sprengkörpers stecken im Boden. Noch ist aber nicht entschieden, ob die tonnenschwere und stark beschädigte Bohrmaschine dazu vorher demontiert werden muss.

Die Staatsanwaltschaft München I ermittelt wegen des Verdachts des fahrlässigen Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion. Bohrarbeiten sollen die Explosion am Mittwoch in der Nähe der Donnersbergerbrücke ausgelöst haben (AZ berichtete). Der Schaden liegt bei mindestens fünf Millionen Euro, so erste Schätzungen.

 

Auswirkung auf Bauzeit der Zweiten S-Bahn-Stammstrecke noch unklar

Welche Auswirkungen die Explosion auf die weitere Bauzeit der Zweiten S-Bahn-Stammstrecke hat, ist unklar. "Das lässt sich derzeit nicht mit Sicherheit abschätzen", sagte gestern eine DB-Sprecherin der AZ. Das Projekt hinkt jetzt schon dem Zeitplan hinterher. Angepeilt war ursprünglich 2026, dann hieß es, 2028 sei alles fertig. Der Bauabschnitt wird vermutlich nochmals gründlich nach weiteren Blindgängern im Erdreich abgesucht werden müssen. Das ist zwar schon vor Beginn der Bauarbeiten passiert, aber offenbar nicht gründlich genug.

 

Spezielle Sonden, die man in solchen Fällen einsetzt, können Blindgänger auch noch in einer Tiefe von fünf Metern orten. Warum das in diesem Fall nicht gelang, ist unklar. Dieser Blindgänger lag etwa zwei bis drei Meter tief. "Die Explosion konnte sich nur ereignen, weil etwas nicht sachgerecht durchgeführt wurde", sagt Robert Bastian, Chef beim ermittelnden Kommissariat K 13, "was das genau war, wollen wir herausfinden."

Die beschädigte Bohrmaschine am Bombenkrater auf der Baustelle zur Zweiten S-Bahn-Stammstrecke.
Die beschädigte Bohrmaschine am Bombenkrater auf der Baustelle zur Zweiten S-Bahn-Stammstrecke. © Polizei

 

Denkbar wären technische Probleme an der Ausrüstung. Möglich wäre aber auch, dass nicht überall auf dem Gelände gründlich sondiert wurde oder nicht tief genug. Üblich ist auch, alte Luftaufnahmen auszuwerten, auf denen Bombenkrater verzeichnet sind. Der Hauptbahnhof war im Krieg Ziel etlicher Luftangriffe. Nicht alle abgeworfenen Bomben explodierten. Dieser spezielle Blindgänger wurde vermutlich 1943/44 abgeworfen und riss am Mittwoch ein gewaltiges Loch ins Erdreich. Die Bombe enthielt 110 Kilo hochexplosives TNT.

Zahl der Opfer hätte weit höher ausfallen können

Hätte die Höllenmaschine dichter unter der Oberfläche gelegen, wären die Folgen der Explosion noch weit gravierender gewesen. Es hätte Tote geben können, sagen Experten. "Das Erdreich hat die Wucht der Explosion gedämpft", so Robert Bastian. Andernfalls wären die rasiermesserscharfen Bombensplitter Hunderte Meter weit geflogen. Einige der Metallteile präsentierte die Polizei am Donnerstag der Öffentlichkeit.

Robert Bastian präsentiert Teile der Bombe.
Robert Bastian präsentiert Teile der Bombe. © Daniel von Loeper

 

Ein 62-Jähriger aus dem Zollernalbkreis, der die Bohrarbeiten beaufsichtigt hatte, liegt im Krankenhaus. Ihm wäre fast der Unterschenkel abgerissen worden. Ärzte konnten ihn annähen. Zwei seiner Kollegen erlitten ein Knalltrauma. Ein Passant wurde durch einen Stein am Kopf getroffen. "Wir bedauern zutiefst, dass es zu diesem Unfall gekommen ist. Wir wünschen den Verletzten baldige Genesung", sagte eine Bahn-Sprecherin. Die Zahl der Opfer hätte weit höher ausfallen können. Die Explosion ereignete sich gegen 12.10 Uhr, die meisten Arbeiter waren zu diesem Zeitpunkt gerade in der Mittagspause und außerhalb des Detonationsbereichs.

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