Des sitz ma aus!

Ein Viertel der S-Bahn-Züge entfällt, Regional- und Fernzüge haben Verspätung. Die Fahrgäste reagieren mit Münchner Lässigkeit
München - Sie lesen, sie trinken Kaffee, sie granteln – mehr oder minder gelassen haben die Münchner dem gestrigen Bahn-Streik getrotzt.
Die Lokführer-Gewerkschaft GDL hatte ihre Drohung wahrgemacht – und von sechs bis acht Uhr in der Früh sämtliche Züge bestreikt, abgesehen von der Bayerischen Oberlandbahn auch die Privatbahnen. Und: Ein Viertel der S-Bahn-Züge sind ausgefallen.
Barbara Sattler, Psychologin aus München, steht auf ihren Koffer gelehnt am Hauptbahnhof. Eine halbe Stunde wartet sie auf ihren Zug. Dabei wollte sie pünktlich auf der „Didacta” sein, eine Bildungsmesse in Stuttgart. Der Streik hat die Akademikerin gelehrt: Nervös werden hilft nix!
Sattler zuckt mit den Schultern: „Die GDL will mehr Geld, das ist mir schon klar.” Wie sie reagieren am Dienstagmorgen auch die Pendler. Die GDL ist den meisten ein Begriff – „gefühlt streiken die ständig”, schimpft eine Frau am S-Bahnsteig Marienplatz, bevor sie sich in ihr Buch vertieft. Verständnis für die Streiks hat kaum jemand, nur viele Schüler freut’s. „Wir kommen heut’ zu spät zur Schule”, sagt Ludwig (16), „denn die S1 von der Fasanerie zum Hauptbahnhof kam 20 Minuten zu spät”.
Viel länger auf die S-Bahn hat kaum jemand warten müssen. Das Krisenmanagement bei der S-Bahn funktionierte: Der 10-Minuten-Takt wurde ausgesetzt – und somit verhindert, dass ganze Linien lahmlagen. Pech hatten bloß die Pendler der S6 von München nach Tutzing: Sie warteten mehr als eine Stunde lang. Viele Regionalzüge verspäteten sich dagegen eine halbe Stunde und länger.
Nicht viel besser sah’s im Fernverkehr aus. Der ICE von Freilassing nach München ließ zwei Stunden auf sich warten, ähnlich lang der Zug aus Kochel. Am Mittwoch können die Münchner erstmal aufatmen. Die GDL wartet auf ein neues Angebot der Bahn.