Des mach ma!: Aktionstag Münchner tauschen Bürostühl gegen Hammer und Pinsel

München - Garteln im Kinderheim statt Meetings abhalten. Wände weißeln in einem Familiencafé statt Akten wälzen. Einen Spielplatz bauen, anstatt Mails abzuarbeiten. Alles während der Arbeitszeit. Und alles für einen guten Zweck – für benachteiligte Kinder, für Senioren, für gehandicapte Menschen, für den Naturschutz.
"Des mach ma!" heißt das München-Projekt
Klingt nach einer guten Idee? Ist es auch. "Des mach ma!", heißt das Projekt. Daran haben sich im vergangenen Jahr acht Münchner Firmen mit etwa 100 Mitarbeitern und 700 Arbeitsstunden beteiligt, um an einem gemeinsamen Aktionstag etwas Sinnvolles für andere zu tun, finanziert und ermöglicht vom Arbeitgeber.
Diesen Sommer wird es wieder so einen "Aktionstag Münchner Unternehmen" geben: Am 21. Juni (ein normaler Arbeits-Donnerstag) rücken Mitarbeiter von Münchner Firmen aus, um soziale Einrichtungen wie "Helfende Hände", den "Kinderschutz München" oder die Wohnungslosenhilfe zu unterstützen. Energie Südbayern wird dabei sein, die iwis Gruppe, MTU Aero Engines, Tech Data, HD plus und viele mehr. Ausgedacht hat sich diesen Helfer-Aktionstag die Münchnerin Barbara Lenz, die früher in Hamburg Ähnliches organisiert hat.
Aktionstag Münchner Unternehmen am 21. Juni 2018
"Das Schöne für die Mitarbeiter ist, dass sie hier nicht Geld spenden, sondern in eine neue Lebenswelt eintauchen", sagt sie. "Sie legen selber Hand an, lernen Menschen kennen, zu denen sie sonst nie Kontakt bekommen würden. Da erlebt man sich auch im Team ganz neu, knüpft Freundschaften – und geht mit einem ganz anderen Gefühl später wieder in die Arbeit."
Welche Hilfe wird in München denn diesen Sommer gebraucht? An die 30 Projekte listet Barbara Lenz auf ihrer Webseite des-mach-ma.de auf. Der Vogelpark in Olching etwa braucht eine neue Voliere. Eine Seniorengruppe möchte einen Ausflug machen. Eine Jugendgruppe sucht Helfer für den Bau eines Tipis, ein Kinderheim möchte Hochbeete bauen.
AZ-Interview mit Annegret Cox
Es ist eine schöne Erfahrung für Mitarbeiter – und für eine Firma eine gute Möglichkeit, sich sozial sinnvoll zu engagieren. Insofern hat die Chefetage der französischen Softwarefirma "Dassault Systèmes", die in München 700 Mitarbeiter beschäftigt, nicht lang gezögert, einige Kollegen für den Aktionstag Münchner Unternehmen "Des mach ma!" freizustellen. 15 von ihnen haben im vergangenen Mai im Café vom "Treffpunkt Familie International" (Treffam) der Inneren Mission einen Tag lang gemalert. Darunter die Marketing-Bereichsleiterin Annegret Cox (49), die seit zwei Jahren als Marketing-Bereichsleiterin bei "Dassault Systèmes" in Riem arbeitet.
AZ: Frau Cox, Sie kennen Ihre Kollegen sonst ja nur in Anzug und Krawatte. Vergangenes Jahr haben Sie mit ihnen in Malerklamotten ein Familiencafé geweißelt – wie war das?
ANNEGRET COX: Sehr erhellend! Und wirklich sehr schön. Wir waren elf Männer und vier Frauen, und ich habe Kollegen kennengelernt, die ich sonst nur professionell vom Telefon kenne. Vom Softwareentwickler bis zum Vertriebsleiter. Plötzlich standen wir ganz privat zusammen, haben das Café und einen Flur in bunten Farben gestrichen und dabei über die eigenen Kinder, Schulprobleme oder Hobbys geredet. Da lernt man sich ganz anders kennen als im Job. Und: Wir haben einen Teil von München kennengelernt, in den wir sonst nie gekommen wären.
Was haben Sie entdeckt?
Wie gut es uns eigentlich geht. Dass es Menschen in unserer Stadt gibt, die schlimme Dinge erlebt haben und in schwierigen sozialen Situationen sind. Manche Lebensgeschichten machen schon nachdenklich.
Was hat sie berührt?
Ich habe Frauen getroffen, die nur in dieser Einrichtung ihre Kopftücher abnehmen, weil es dort ein Frauencafé gibt, in dem keine Männer sind. Die sich nur dort frei fühlen und zeigen können. Das hat mich berührt. Die Sozialarbeiter haben auch erzählt, wie glücklich viele Kinder sind, dass sie dort einen Garten zum Spielen haben. Wo sie wohnen, gibt es halt keinen Garten – und auf Spielplätze kommen viele von ihnen nicht so oft.
War es kompliziert, Kollegen für diese Helfer-Aktion zu gewinnen?
Nein, gar nicht. Es wollten sogar mehr, mit als wir mitnehmen konnten. Nicht nur Geld spenden, sondern selber zupacken.
Haben Sie neue Freundschaften geschlossen?
Ja, wir haben danach sogar einen Stammtisch ins Leben gerufen. Wir treffen uns jetzt alle sechs Wochen, im Sommer natürlich im Biergarten.
Heuer sind Sie wieder dabei?
Ja. Diesmal bauen wir in der Einrichtung zusammen mit einer Gartenbauarchitektin neue Spielgeräte aus Holz und Steinen im Garten.
Können Sie den Aktionstag anderen Firmen empfehlen?
Total. Diese Art des Helfens macht Spaß und ist viel besseres Teambuilding, als zusammen wandern, raften oder radeln zu gehen. Da hat man dann zwar Zeit miteinander verbracht, aber nichts hinterlassen. Es tut gut, etwas zu hinterlassen, das bleibt und das einen Wert hat.