Derzbachhof saniert: Forstenried in alter Frische

München - Wenn jahrelang Schlachten geschlagen werden, was kommt am Ende raus? In diesem Fall ein Juwel.
Münchens ältester Bauernhof ist endlich wieder saniert
Der Verein Freunde des Ortskerns Forstenried hatte jahrelang einen Investor für den ehemaligen Hof der Familie Derzbach gesucht. Dessen Hausname vor 270 Jahren war "Feichthof", damals sicher nicht wegen der feuchtigkeitsziehenden Grundmauern. Seit den 80er Jahren stand der Derzbachhof leer und moderte vor sich hin. Nur, wer wollte in so einen maroden, denkmalgeschützten Hof mit niedrigen Deckenhöhen investieren?
Bürgerinitiative: Mahnwachen gegen Wohnungsbau
Interesse bekundete Stefan Höglmaier mit seiner Immobilienentwicklungsfirma Euroboden und verlangte im Gegenzug zusätzliches Baurecht auf dem großen Grundstück mit Bauerngarten und angrenzendem freiem Feld. Gegen Höglmaiers Pläne mit insgesamt 17 zusätzlichen Wohnungen gründete sich eine Bürgerinitiative, die sogar Mahnwachen gegen den Bau abhielt.
Wer jetzt das Ergebnis sieht, kann aber nur sagen: Der neue Derzbachhof mit seinen Zubauten wertet das Ensemble des Dorfkerns Forstenried gleich gegenüber der Kirche Heilig Kreuz und dem barocken Forstamt sowie neben dem Alten Wirt noch einmal gewichtig auf.
Kleiner Platz zum Verweilen
Architekt Peter Haimerl steht am vergangenen Sonntag beim Dorffest Forstenried glücklich vor dem neuen Bauernhof. Zur Straße hin wurde das Grundstück geöffnet und ein Baum gepflanzt mit Rundbank, so dass jetzt ein kleiner Platz zum Verweilen für alle entstanden ist. "Aber die jahrelangen Kämpfe waren wirklich entnervend", meint Haimerl: "Und das Ergebnis hätte sogar noch großzügiger für die Öffentlichkeit werden können. Denn ursprünglich hätte Euroboden auch noch viel Geld in die Umgebung investiert, Garageneinfahrten mit Nachbarn zusammengelegt, den Dorfkern insgesamt für die Bürger erweitert und geöffnet."
Die Neugier auf das jetzt fertiggestellte Ensemble ist jedenfalls riesig: Von morgens halb elf an bildeten sich lange Besucherschlangen vor dem Derzbachhof. Und abends um halb sechs mussten noch 50 Leute nach Hause geschickt werden. Euroboden verspricht einen weiteren Besichtigungstermin.
Gemeinschaftsraum auf dem Bauernhof kann man mieten
Betritt man jetzt den Bauernhof durch die Holztür, öffnet sich links die alte Bauernstube mit holzvertäfelter Decke- bereits eingerichtet mit Wandschrankkommode, modernen Leuchten und rustikalen, hellen Tischen. "Und wer wohnt hier schon?", fragt eine Bürgerin den führenden Architekten Walter Waldrauch. "Niemand. Das ist ein Gemeinschaftsraum für alle, die auf dem Gelände des Derzbachhofs wohnen. Den soll man aber in Zukunft auch von außen anmieten können - für kleine Feiern oder Besprechungen."
Wo unten sich an die Wohnzimmer früher der Stall und die darüber liegende Tenne anschlossen, sind vier Mietwohnungen entstanden mit Holzwänden und Blick in den offenen Dachstuhl. Eine hat sich Euroboden-Geschäftsführer Höglmaier selbst vorbehalten. "Auch ein Beweis, dass es hier nicht nur um Kommerz ging, sondern um ein modernes Wohnen im bewahrten Altbestand."
Fassadenoptik ist umstritten
Optisch umstritten sind aber die Fassaden der zusätzlichen Gebäude mit den Eigentumswohnungen. "Die dezenten Holzfassaden sollen die Anmutung von Scheunen haben und sich so dem Bauernhof unterordnen", erklärt Haimerl und verteidigt auch die Leisten, die dort die Fenster vergittern mit einem Sprossenfenstervergleich.
Auch der Derzbachhof selbst hat - neben aller Renovierung - eine neue Anmutung. An der Nordseite wurde wieder eine Holzfassade geschaffen und statt der Dachverblechung strahlt jetzt ein Holzschindeldach Wärme und Würde aus. Vielleicht auch eine Hommage an Forstenried als ehemalige Holzfällersiedlung. In der dürfte nach diesem Tag der Frieden überzeugend wieder hergestellt sein.