Der Zaubertrank
"Sorry", entschuldigt er sich nach Übergriffen auf das Publikum. Der scheue Professor hatte zu viel von seinem neuen Elixier genascht. Die Wirkung des Gebräus: Der feinsinnige Freund zarter Klavierklänge entdeckt sein Vergnügen an Heavy-Metal-Rock. „Jekyll & Hyde” ist eine eigenwillige Interpretation des berühmten Romans von Robert Louis Stevenson über einen persönlichkeitsgestörten Wissenschaftler. Anstelle des psychologischen Gothic Horror zelebriert der italienische Clown Paolo Nani im Tollwood-Theaterzelt mit präziser Zirzensik den subversiven Spaß an grobschlächtigem Aufmupf gegen Wohlverhalten. Damit es richtig rockt, holt er sich für Luftgitarre, Luftbass und Luftdrum Zuschauer auf die in Chaos versinkende Bühne.
Poetischer Surrealismus
Ohne die tätige Mitwirkung des Publikums funktioniert auch „Habitaculum” nicht. Im Kreativquartier lädt die spanische Truppe Kamchàtka ein zu etwas, was man zu Hause besser nicht nachmacht: Mal gucken, wie es bei den Nachbarn aussieht. Es ist eine liebevoll mit poetischem Surrealismus ausgestattete interaktive Rauminstallation um Gewohnheiten und Fremdheit, die ihre Brisanz von dem Bewusstsein erhält, dass ein Heim ein verletzliches Ding sein kann: Überall stösst der Gast mit Eisenbahngleisen, einem Schneesturm oder Schuhen – darunter auch die eigenen – auf Zeichen des Unbehaustseins, von Flucht und Vertreibung. Am Ende wird der Besucher aufgefordert, reisefertig mit Köfferchen und eingekleidet in einen Mantel durch ein Loch im Zaun auf die Dachauer Straße zu emigrieren.
Tollwood Theaterzelt, bis Sonntag, 20 Uhr, „Habitaculum”: Theaterzelt, bis Sonntag, 17 bis 21 Uhr halbstündig
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