Der Winter kommt: Das müssen Radler wissen

München - Der Winter steht vor der Tür: Die Temperaturen fallen, auch Glätte und Schnee drohen. Extrembedingungen im Straßenverkehr also, Radler sind der Witterung dabei direkt ausgesetzt. Fachleute raten dazu, sich mit Drahtesel und Fahrweise gut auf die kalte Jahreszeit einzustellen. Das fängt bei den Reifen an und hört beim sicheren Fahren auf.
Die größte Gefahr droht auf vereister Fläche. Nicht lenken oder bremsen, einfach geradeausrollen ist das Einzige, was dann hilft. Ruhig bleiben und die brenzlige Situation einfach durchstehen also. Die glatten Flächen verbergen sich oft unter dem Schnee. Vor allem über zugeschneite oder anderweitig verdeckte Flächen sollte man im Winter daher stets ruhig und mit gedrosseltem Tempo fahren.
Ein weiterer Tipp: Den Sattel ein bisschen tiefer einstellen, so dass man mit beiden Füßen auch beim Fahren auf den Boden kommt. Das erhöht nicht nur das Sicherheitsgefühl, sondern erleichtert die Balance, wenn man ins Schlingern gerät.
Münchens Radler vom Winterräumdienst enttäuscht
In München lohnt es sich offenbar, auf den Ernstfall eingestellt zu sein: Die meisten Radler fühlen sich vom Räumdienst allein gelassen. Das ergab eine Umfrage des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) unter mehr als 1.000 Münchner Radlern. Sie wurden zwischen dem 18. Januar und 15. Febraur 2017 befragt, als der Schnee in der Stadt teilweise bis zu 15 Zentimeter hoch lag.
Das besorgniserregende Ergebnis: Die Räumung der Radwege wird als nicht zufriedenstellend angesehen, ein Großteil ist auch Stunden nach dem letzten Schneefall nicht durchgehend sicher befahrbar. Viele weichen dann sogar auf die Fahrbahn aus; einige auch auf Gehwege. Verbotenerweise wohlgemerkt: Ist der Radweg noch nicht geräumt, dürfen Radler zwar die Straße nutzen, auf keinen Fall aber den Fußweg.
Oberste Priorität haben für den Winterräumdienst etwa 10.000 Fußgängerüberwege und 275 Gefahrenstellen, wie das Baureferat mitteilte. Vorrangig werde das Hauptstraßennetz geräumt sowie Straßen, auf denen Busse und Tram unterwegs sind. Mit Beschluss des Stadtrats aus dem Jahr 2013 sei der Standard für den Winterdienst für Radler weiter erhöht worden: Auf allen Radwegen, Radfahrstreifen und Schutzstreifen werde innerhalb von drei Stunden nach dem Beginn des Schneefalls geräumt und gestreut. Auf manchen Routen, etwa stark frequentierten Radfahrverbindungen, werden die Radwege laut Baureferat sogar innerhalb von zwei Stunden gesichtert.
Radler müssen schlecht geräumte Wege nicht klaglos hinnehmen. "Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs sind Städte und Gemeinden verpflichtet, 'verkehrswichtige' innerörtliche Radwege im Winter regelmäßig von Schnee und Eis zu befreien“, weiß Daniela Mielchen, Fachanwältin für Verkehrsrecht in Hamburg.
Verunfallt ein Radfahrer, können ihm Haftungsansprüche gegen die Gemeinde zustehen. Allerdings sei der Radler seinerseits dazu verpflichtet, seine Fahrweise auf die Wetterverhältnisse anzupassen und beispielsweise in Kurven oder auf Glatteis nicht zu treten oder zu bremsen. In jedem Fall sei es ratsam, so Mielchen, nach einem Sturz die Polizei zu rufen, um den Unfall dokumentieren zu lassen.
oBike, MVG, Deutsche Bahn: Leihräder im Winter
Die Radwege sind in München mittlerweile das ganze Jahr über gut frequentiert. Auch bei den Leihrädern wird das spürbar, so zum Beispiel beim MVG-System: "Die Nutzung ist zwar extrem wetterabhängig, aber kalte Temperaturen haben keinen Einfluss", erklärt Daniel Höh von den Stadtwerken. Im Winter sind die Ausleihzahlen also stabil, nur bei Regen brechen sie ein. Über Schneetage gebe es bislang keine eigene Statistik.
Entsprechend sind die Räder der MVG auch das ganze Jahr verfügbar. Die 1.200 Räder werden dann im laufenden Betrieb gewartet und repariert. Anders als noch vor einigen Jahren sammelt auch die Deutsche Bahn ihre Flotte nicht mehr in den Wintermonaten ein und bringt sie in die Werkstatt. Auch der neue asiatische Anbieter oBike wird seine gelben Leih-Räder nicht einsammeln. Externe Mobilitätspartner werden sie wie im Sommer auch umverteilen und warten, so eine Sprecherin des Unternehmens..
Wenn Schnee fällt, werde es für die MVG in jedem Fall "sehr aufwendig", schildert Höh. Dann müssen die Servicemitarbeiter nicht nur leere Stationen mit neuen Rädern auffüllen, sondern diese von Schnee befreien und an glatten Stellen streuen. Im Schnitt schauen sie einmal am Tag vorbei.
Das Baureferat rechne in dieser Saison verstärkt mit Behinderungen des Winterdienstes durch Leihräder. Gegebenenfalls werden Räder, die die Arbeiten behindern, umgestellt, erklärte eine Sprecherin des Baureferats auf Nachfrage der AZ.
So wird das Fahrrad winterfit
Für den eigenen Drahtesel sind die Radler allerdings komplett selbst verantwortlich. Da gibt es einiges zu beachten.
Gut schmieren: Im Winter muss das Radl öfter gereinigt werden - Schneematsch, Straßenschmutz, Salz und Steine können dem Gefährt ganz schön zusetzen. Um die Fahrradkette sauber und geschmeidig zu halten: Einfach zwei Zahnbürsten mit Klebeband zusammenkleben - so, dass die Bürstenköpfe sich sozusagen "anschauen". Dann die Bürsten mit Kriechöl besprühen und die Fahrradkette zwischen den Bürsten durchlaufen lassen.
Die Reifen: Auf gutes Profil achten! Eine Winterreifenpflicht wie beim Auto gibt es für Fahrräder zwar nicht. Aber guter Grip ist auch auf zwei Rädern wichtig. Spezielle Winterreifen gibt es etwa von Continental oder Schwalbe: Durch ihre Lamellentechnik und die weicheren Gummimischungen sind sie auf die Witterung im Winter ausgerichtet.
Wer regelmäßig mit vereisten Flächen rechnen muss, für den lohnen sich Fahrradmäntel mit Spikes. Besonders Wagemutige können sich Spikes übrigens auch selber bauen: Einfach hinter jede zweite Speiche einen Kabelbinder ziehen - aber nicht zu fest. Überstehende Plastikteile abknipsen - und schon hat der Reifen mehr Grip.
Da Schnne und Eis in unseren Breitengraden aber eher selten sind: Es gibt einen Trick, der weder Mehrkosten noch einen hohen Aufwand verursacht. Mit niedrigerem Luftdruck erhöht sich die Auflagefläche - so lässt sich das Rad sicherer durch Schnee und über rutschige Bereiche steuern. Als Untergrenzegilt die Luftdruckangabe auf den Flanken der Reifen.
Kleidung: Warm anziehen! Skiunterwäsche könnte hilfreich sein. Für die Hände gibt es spezielle Zwei-Finger-Handschuhe im Fahrradladen. Sie sorgen für mehr Wärme und einen festen Griff am Lenker. Bei sehr kalten Temperaturen hilft auch eine Schutzbrille, um die Augen vor kaltem Fahrtwind zu schützen. Wärmende Accessoires wie beheizbare Einlegesohlen für die Schuhe helfen ebenfalls, sich warm zu halten. Wer's billiger haben will, kann sich auch Alufolie um die Socken wickeln - und damit in die Schuhe steigen. Denn was den Braten in der Küche warmhalten kann, sollte auch bei Füßen funktionieren.
E-Bikes: Sie sind für den Winter weniger geeignet - weil der Akku bei Kälte schneller schlapp macht. Ab minus zehn Grad kann sich die Leistung um bis zu 40 Prozent verringern. Wer trotzdem mit elektrischer Hilfe fahren möchte, sollte den Akku nach jeder Tour mit in die warme Wohnung nehmen.
Immer mit Licht fahren
Es wird früher Dunkel und Nebel und Schnee erschweren noch zusätzlich die Sichtbarkeit von Radfahrern. Deshalb ist die richtige Fahrradbeleuchtung besonders im Winter wichtig. Batteriebetriebene Lampen oder Nabendynamos sorgen heute dafür, dass die Lichterzeugung keinen zusätzlichen Kraftaufwand bedeutet. Achten sollten Verbraucher bei batteriebetriebenen Leuchten jedoch darauf, dass das Modell für den Straßenverkehr zugelassen ist. Erkennbar sei dies an einer Zulassungsnummer, die mit "~K" beginnt.
Um besser gesehen zu werden, empfiehlt sich außerdem Kleidung mit Reflektoren, mindestens aber ein Reflektorband für die Hose.
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