Der Winter ist da - München bleibt trotzdem cool

Touristen sind erstaunt, die Sauna ist voll, Tee steht hoch im Kurs und heißer Hollunder und frisch gepressste Säfte werden zu Verkaufsschlagern. Wie München der Kälte trotzt
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Daniel von Loeper Illustration

Touristen sind erstaunt, die Sauna ist voll, Tee steht hoch im Kurs und heißer Hollunder und frisch gepressste Säfte werden zu Verkaufsschlagern. Wie München der Kälte trotzt

Schneekristalle einfangen ist eigentlich kein Hobby von mir - aber das kann ja noch werden“, sagt Katharina und lächelt zwischen Mütze und Schal hervor. Die ganze Familie Demmerle macht Urlaub in München und freut sich - leicht zitternd - über den verfrühten Wintereinbruch. Und da sind die drei Mainzer Frohnaturen nicht die einzigen. Schon merkwürdig: Letzte Woche konnte man noch zum Baden gehen - jetzt der Temperatursturz. Wie geht man in München mit den frühen Frost um?

Alvaro (21) hatte sich seinen München-Besuch ein bisschen anders vorgestellt. Der Spanier wurde von der Wetterlaune überrascht. Für ihn ist der plötzliche Kälteschock „sehr ungewöhnlich“. Dennoch würde er seinen Heimflug nach Madrid gerne noch um ein paar Tage verschieben: „Ich mag den Schnee“, sagt er und geht Richtung Breznstand am Viktualienmarkt.

Auch Nadia (20) und Koka (19) sind nach wie vor guter Laune. Sie kommen aus Taiwan. „Wir ziehen unser Sightseeing-Programm natürlich trotzdem durch“, sagt Nadia. Obwohl sie ohne ihre Handschuhe - gekauft in Taiwan - schon „arg frieren würde“.

Freundin Koka kann ein Lied davon singen: Sie hat keine Handschuhe - wirkt dementsprechend etwas angespannter und reibt ihre Hände. „Jetzt müssen wir weiter - Tee trinken. Tschühüüsss.“

Beim Standl „Müllers frisch gepresste Säfte“ trifft man auch an kalten Tagen Jürgen Steiner (33). Er kann Schnee nicht leiden. Persönlich wie geschäftlich. „Es kommen halt weniger Leut’, wenn’s so kalt ist.“ Der Erfolgsgarant für den heutigen Tagesumsatz ist sein Winterklassiker: „Heißer Holunder“. Er empfiehlt außerdem seine Vitaminbombe - den „Fitmacher“. Ein Mix aus Apfel, Karotte, Rote Beete, Ananas und Ingwer - geballte Vitamine in einem Glas. Ein Stammkunde kommt vorbei und fragt. „Seid’s ihr von der Polizei? - Ich bin nämlich heut’ eigentlich krankgeschrieben.“ Von wenig Kundschaft kann eigentlich keine Rede sein: die Saftpresse läuft ununterbrochen - das meist gepresste Gemüse des Tages: Karotte.

Standlfrau Mira verkauft Gemüse. Am Montag hat sie ihre Stiefel ausgepackt und ist auf den Winter nicht gut zu sprechen: „Ich bin froh, wenn ich heute heim zu meiner Familie komme.“ Um 14 Uhr wird Mira abgelöst. Dann gibt’s Tee. Da müssen drei kroatisch-stämmige Arbeiter noch länger warten. Sie stehen frierend beim Kaffee und erholen sich von der Arbeit im Freien. Bosko Mestrics Plan für heute: „Arbeiten. Heim fahren. Schlafen.“

Der Brotverkäufer Alois Harnold arbeitet seit 35 Jahren am Viktualienmarkt. „Solange mein Brot nicht friert, frier ich auch nicht.“ Trotzdem: Seine Nase ist rot, er schnieft.

Auch bei den exotischen Früchten ist der Winter angekommen. Alexander Willer (39) muss bei Kälte seine Früchte beheizen. „Ananas zum Beispiel würde bei null Grad braun werden.“ Mit einem Ofen wärmt er seine Ware - und sich selbst. „Normalerweise brauche ich den Ofen erst im November.“

Sein Tipp für die kalte Zeit: Physalis. „Physalis enthält mehr Vitamin C als eine Orange - das wissen halt nur wenige“. Zuletzt zitiert er noch Sokrates: „Der Tod liegt im Darm“ - Da helfe Ingwer.

Hochsaison herrscht im Münchner Volksbad. Saunameister Matthias Hansmeier (45) kann es gar nicht kalt genug sein. „Für unser Geschäft ist das natürlich toll! Wenn es draußen kalt wird, möchten sich die Leute vor allem in der Sauna entspannen.“ Seine Tipps für den Winter: Sauna besuchen, entspannen. „Das stärkt das Immunsystem.“ Er freut sich auf die kalten Monate - umso kälter, desto besser. Der nächste Frühling kommt bestimmt.

Robert Heis

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