Der Umbau als Chance

MÜNCHEN „Fünf Jahre Umbau! Mei, wo gehma denn dann hin?” fragt ein älterer Herr, als er die gestrige Ausgabe der AZ vor „Nordsee” am Viktualienmarkt betrachtet. Die anstehende Sanierung von Münchens kulinarischem Herz sorgt für Verunsicherung in der Stadt. „Mia sagen lieber nix dazu”, meint auch ein Verkäufer, dessen Theke von den Jahren abgegriffen wirkt. Und auch der nächste Standlbesitzer sagt: „Naa, ich will mich dazu nicht äußern.”
Bei den Marktleuten geht die Unsicherheit um. Was bringt die Sanierung? Bleibt das alte Flair? Sie fürchten auch um ihre Sonnenschirme, Bistrotische und Markisen. „Wildwuchs” heißt das bei Viktualienmarktkennern. Über die Jahre haben sich die Standl ausgedehnt. „Das wird eben so geduldet”, heißt es auf Nachfrage.
Wenn jetzt der Viktualienmarkt komplett umgestaltet wird, könnten viele dieser Flächen wegfallen. Oder die Besitzer müssten diese Plätze neu bei der Stadt beantragen. So oder so: Sie rechnen mit Umsatzeinbußen.
Dabei kann der Umbau des Marktes auch eine Chance sein. Vor knapp einem Jahr wurde das „Café Nymphenburg Sekt” komplett renoviert. „Wir haben das Café von der Dachrinne bis zu den Sanitäranlagen im Keller komplett renoviert”, sagt Pächterin Antje Augstburger. 80 Gäste dürfen vor ihrem Gastro-Standl sitzen. „Wir sind deutlich jünger geworden im Publikum, das war unser Ziel.” Der Umbau habe ihr viel gebracht. „Aber wir wissen nicht, ob uns diese große Sanierung der Stadt auch betreffen könnte.”
Dann müsste ihr Vermieter – die Sektkellerei Schloss Wachenheim – erneut investieren. Mit einen mittleren sechsstelligen Betrag hat die Firma den Umbau bereits möglich gemacht. „Ziel war es, das Ganze wieder offener zu gestalten”, sagt Vorstandssprecher Wilhelm Seiler. „Dies war einerseits die Vorgabe der Stadt, andererseits war es auch unser Wunsch.” Die weißen Planen mussten weichen. Jetzt sitzt man unter Markisen.
„Wir sind deutlich frauenaffiner geworden. Viele bleiben länger sitzen”, sagt Seiler. Es gebe aber auch Nachteile des offenen Cafés: „ Die Gastronomie ist deutlich wetterabhängiger geworden.”
Hella Witte war eine der ersten, die ihren Laden vor sechs Jahren umbaute – und um einen Außenbereich erweiterte: „Da war vorher nix.” Wie viele Plätze vor ihrem Laden es gibt, „weiß ich nicht auswendig, 20, mehr nicht.” Sie hat damals die Genehmigung von der Stadt für ihre Bestuhlung unter freiem Himmel bekommen. Es hat sich rentiert: Mittags warten die Münchner, um Austern und Spaghetti Vongole open-air essen zu können.