Der „Teddybär“ wird zum Mörder
MÜNCHEN - Er tötete und zerstückelte seinen guten Freund: Ex-Kollegen und Freunde des Münchner Kochs Heiko K. (39) sind entsetzt über den Mord an Markus Schindlbeck und fragen: Warum hat unser „Balu“ so etwas getan? Es könnte an seinem Beruf gelegen haben - und an den vielen Schulden.
Knapp zwei Meter groß, dick, gemütlich und lieb: Klingt eher nach tapsigem Bär als nach tödlicher Bestie. Genau so beschreiben ehemalige Kollegen und Freunde den Münchner Koch Heiko K. (39) Er hat den Münchner Handelsvertreter und Koch Markus Schindlbeck († 35) am 24. Januar in dessen Wohnung getötet, mit einem Bolzenschneider zerstückelt und seine Körperteile in Bayern und Tschechien verteilt. Polizeitaucher suchten noch am Freitag nach Schindlbecks Kopf. Heiko K. gestand, ihn bei seiner Flucht in den Inn geworfen zu haben. Die Beine verscharrte er in Tschechien, irgendwo im Wald. Sie bleiben verschollen.
Heikos Freunde suchen auch – nach Antworten: Unser Heiko hat das getan? Für viele ist das unvorstellbar. Sie nannten ihn „Balu“, „Bernhardiner“ oder „Teddybär“ – und jetzt ein Mörder? Gerade er?
Der liebe Heiko K. - er wollte mehr sein als nur nett
„Heiko war ein ganz lieber Bär. Den hat man immer geknuddelt, er war lustig drauf, ein guter Kumpel“, sagt Dieter Beuermann vom Klenze17. Dort hatte Heiko K. 1997 und 1998 gekocht – von November 1999 bis Mitte 2002 arbeitete er im Steinheil. Die Wirtin Susanne Allmang kann nur Gutes über ihn sagen: „Heiko war ein ganz Lieber, der keiner Fliege was zuleide tun konnte.“
Bloß: Heiko K. wollte mehr sein als ein netter Kollege – Chef, zum Beispiel. Ein Wirt und Küchenchef, selbstständig, erfolgreich. Und wohlhabend. 2004 startete er den ersten Versuch und eröffnete den Jägerwirt in Neufahrn bei Hohenschäftlarn, südlich seines Heimatdorfes Baierbrunn. Seine Freundin Theresa aus Ecuador half ihm dort. Heiko K. hatte sie 1999 nach einer Südamerika-Reise mit nach München genommen. „Die eigene Wirtschaft war sein Traum“, sagt sein alter Freund Georg S. aus Icking – ein Traum, den er sich nie erfüllte. 2006 war er pleite. Er blieb es.
„Er war einfach zu lieb für die Gastronomie. Das hat ihm zugesetzt“, sagt Georg S. – ein Ex-Kollege aus dem Klenze bestätigt das: „Er hat sich beim Jägerwirt mit seiner Doppelrolle als Wirt und Koch übernommen.“ Und sein Ex-Chef Christian Blösl sagt: „Heiko war kein Geschäftsmann, er hat viele Projekte in den Sand gesetzt und wurde immer wieder Angestellter.“ 2008 versuchte es Heiko K. noch zweimal: Erst mit einem Restaurant in Altötting, dann mit einer Wirtschaft bei Schärding in Österreich – er scheiterte auch dort.
Hohe Schulden statt Luxus-Leben
Was hielt Heiko K. selbst von sich in diesen Zeiten? Er wollte doch für Theresas Sohn Andrea sorgen. Ein Freund sagt: „Er ging absolut liebevoll mit ihm um, als wäre es sein eigener. Er hat ihn sehr geliebt.“ Was dachte Theresa über ihn und seine Pleiten? „Die Resi war ganz ansehnlich“, sagt Georg S. „Er wollte ihr ein gutes Leben bieten.“ 200 Paar Schuhe soll sie besessen haben. Als sie ausgingen, gaben sie schon mal 400 Euro aus. Das pralle Leben, die Taschen voller Geld – alles floss ihm aus den Händen.
Übrig blieben Schulden. Erst bei Lieferanten, nach und nach bei Freunden: Von 2006 bis April 2008 kochte Heiko K. im Gasthaus „Zur Schwaige“ und arbeitete dort mit Markus Schindlbeck, seinem späteren Opfer. Da hatte er sich verändert: Listig statt lustig. Nicht Bär, sondern Betrüger.
„Heiko war hilfsbereit, zuverlässig und fleißig – in der Arbeit, jedenfalls“, sagt Christian Blösl. „Privat ging’s bei ihm nur ums Geld. Er ließ andere für sich zahlen und hatte immer eine große Klappe, aber nix dahinter. Er hat nur gelogen, ein richtiger Grattler. Er schnorrte alle an und zahlte nie seine Schulden zurück.“ Blösl half ihm und quartierte Heiko K. in eine Wohnung über der Schwaige ein – mietfrei. „Er tat mir eben leid. Die Schulden zahlte er aber nicht zurück.“
In der Nacht vom Freitag, 23. Januar, auf Samstag, 24. Januar, entlädt sich der Stress auf Markus Schindlbeck. Heiko K. hat über 50000 Euro Schulden und will nach Mexiko verschwinden. Er besucht den Handelsvertreter in seiner Sendlinger Wohnung. Minuten später ist Markus Schindlbeck tot. Heiko K. zerstückelt ihn in der Badewanne.
Warum, weiß nur er selbst. Am vergangenen Dienstag wird Heiko K. im österreichischen Nickelsdorf festgenommen – nächsten Dienstag wird er ausgeliefert.
Heiko K. und Schindlbeck waren Freunde. „Bei der Arbeit haben sie sich nie gestritten“, sagt Christian Blösl. Manche hielten sie für ein Liebespaar. Susanne Allmang glaubt das nicht. „Er war exaltiert, ja, und er zog sich auffällig an – aber schwul war er nicht.“
Ein Freund sagt: "Irgendwas fehlt an dieser Geschichte"
Und schon gar kein eiskalter Mörder. Da sind sich alle Freunde und Ex-Kollegen einig. „Ich bin fassungslos, der Mord war ganz sicher nicht geplant“, sagt Susanne Allmang. „Heiko war immer extrem beliebt. So hartgesotten, als ,verzinkten Hund’, wie er heute dargestellt wird, habe ich ihn nicht kennen gelernt.“
Heikos alter Freund Georg S. sah ihn noch vor einem halben Jahr: „Unser Freundeskreis ist am Boden“, sagt der Ickinger. „Dass Heiko jemanden wegen Geld tötet, kann ich mir nicht vorstellen. Selbst Schulden von 50 000 Euro haben doch nicht die Dimension, dass jemand so etwas Schreckliches tut.“ Ein anderer Grund fällt auch Georg S. nicht ein. „Aber eines ist klar: Irgendwas fehlt in dieser Geschichte.“
Thomas Gautier
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