Der S-Bahn-Skandal

Jetzt steht es so gut wie fest: München bekommt keine zweite Stammstrecke. Überraschend ist das nicht. Schon im Mai hatte Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer angekündigt, dass dieses Projekt nur mit einem Sonderetat der Olympischen Spiele verwirklicht werden kann. Ohne Olympia keine Stammstrecke. Konsequent ist diese Haltung trotzdem nicht. Im Gegenteil: Ramsauer benutzt das Scheitern bei Olympia, um sich aus der Verantwortung zu stehlen. Für ein Projekt, das seine eigene Partei für notwendig hält – obwohl die Kosten von mindestens zwei Milliarden Euro seit langem bekannt sind.
Seit 15 Jahren trommelt die CSU für einen zweiten S-Bahntunnel. Aus guten Gründen: Die bisher einzige Röhre von 1971 ist völlig überlastet, Verspätungen sind die Regel, an das berühmte S-Bahn-Chaos haben sich die Münchner fast schon gewöhnt. Zum Glück, denn es wird noch lange so bleiben.
Dass nun ausgerechnet der CSU-Verkehrsminister dem Tunnel eine Absage erteilt, ist grotesk. Zumal seine Partei – von Ministerpräsident Seehofer bis zum Rathaus-Fraktionschef Seppi Schmid – die Röhre unbedingt haben wollen.
Inzwischen wurden am Marienhof schon jede Menge Bäume abgeholzt; zur Vorbereitung auf die S-Bahnstrecke ist (nach Beschluss des Stadtrats) eine riesige Baustelle entstanden. Ohne feste finanzielle Zusagen mit dem Bau zu beginnen, ist nicht nur dilettantisch. Es ist ein Skandal.<QM>