Der Protest der Worte

Hier erzählt Entwicklungsingenieur, Kabarettist und Poetry Slammer Georg „Grög“ Eggers, wie er ein Wochenende verbringt
Laura Kaufmann |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Sigi Müller

 Hier erzählt Entwicklungsingenieur, Kabarettist und Poetry Slammer Georg „Grög“ Eggers, wie er ein Wochenende verbringt

In München war alles so ordentlich und brav, anders als Berlin. 2003 bin ich für den Job hergezogen und brauchte ein Biotop für Bekloppte. So bin ich zum Poetry Slam gekommen. Nach meinem ersten Auftritt im Substanz gab’s kein Zurück mehr. Meinen ersten Slam habe ich tatsächlich gewonnen.

 Mittlerweile mache ich mehr Kabarett als Slams, aber bei der Vernissage der Graffitigalerie heute Abend, den 10. Juni ab 19 Uhr bin ich dabei. Künstler wie Loomit haben die Unterführung beim Friedensengel besprüht – es ist toll geworden, stilistisch sehr vielseitig, die Wandflächen sind durch die Lichtsäulen abgetrennt, jedes Bild einzeln in Szene gesetzt.

Im Rahmen der Aktion „Protest in München seit 1945“ treten da vier Poetry-Slammer auf, es gibt Musik und Essen, der Eintritt ist frei. Der Münchner Graffiti-Sprayer Loomit eröffnet die Galerie. Das wird sicher gut, der Ort klingt schon wenn man allein drinsteht, der hat eine solche Kraft. Meine Texte dafür habe ich fertig, es geht ja um Protest, und da habe ich einige Texte - gegen den schrecklichen Münchner Kalk zum Beispiel.

Normalerweise küsst mich eher die Last-Minute-Muse. Bei Slams tritt man nie mit dem gleichen Text zweimal auf – deswegen ist meine Angst-Bühne die Kiez-Meisterschaft in der Realwirtschaft Stragula in der Bergmannstraße. Die ist jeden dritten Samstag im Monat, und da komme ich manchmal mit Texten an, da ist die Tinte noch nicht mal trocken, oder besser gesagt, der Toner noch nicht kalt.

Wenn ich am Wochenende Zeit habe, gehe ich gern in die Kammerspiele, oder in die Lach- und Schießgesellschaft. Meine Lieblingskneipe ist das Vereinsheim in der Occamstraße. Der Münchner Humor-Tycoon Till Hoffmann zieht da viel Nachwuchs heran. Und wenn gerade kein Programm ist, kann man kickern. Die Atmosphäre ist sehr angenehm, ins Vereinsheim gehe ich mit jedem hin, weil sich dort alle wohlfühlen.

Auch das Stragula ist ohne Programm nett, eine Eckkneipe mit buntem Publikum und leckerem Essen.

Wenn ich Zeit habe, setze ich mich aufs Rad und fahre die Isar entlang, auch wenn man da am Wochenende schnell im Stau steht. Schön ist es, von Pasing aus die Würm hinunter zu fahren. Da gibt es einen wunderbaren Biergarten an einem stillgelegten Bahnhof, das Forsthaus Mühltal, und sonntags spielen sie dort Jazz im Biergarten.

Ich habe häufig Auftritte am Wochenende, viel im Umland – da ist es gut, dass ich nah am Bahnhof wohne. Dementsprechend ist der Augustiner der nächste Biergarten. Das war für mich als preußischen Wirtschaftsflüchtling natürlich erstmal ein Kulturschock. Wie da jeder sein Essen selbst mitbringt! Aber jetzt finde ich es schön, einer packt eine Tischdecke aus, jeder bringt was mit, das hat etwas Persönliches. So ein Biergarten ist eine großartige Einrichtung.

Ich lebe gern in München. Hier gibt es noch liebevoll herbeigeredete Skandale, so etwas würde in Berlin niemanden interessieren. Und ein bisschen Rebellion wie die Poetry Slams, das gibt auch eine Art Heimatgefühl. Von meinen Auftritten komme ich oft mit dem letzten Zug nach Hause, ein Bier auf der Fahrt, schon bin ich da und falle selig ins Bett. Aber wenn ich von Donnerstag bis Sonntag jeden Abend auftrete, nach meiner Arbeit als Entwicklungsingenieur, dann ist das schon stressig: Es gibt Wochenenden, von denen muss ich mich bis Dienstagnachmittag im Büro erholen.

 

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
0 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
Noch keine Kommentare vorhanden.
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.