Der „Park für alle“ ist erwachsen

Münchens Stille Parkanlagen - Teil 2: Der Ostpark.
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Siegfried Sperl Illustration

Münchens Stille Parkanlagen - Teil 2: Der Ostpark.

Wolfgang Gottschlich ist außer Atem. Er steigt vom Rad und setzt sich erst einmal vor das Fernrohr, wo man 50 Cent einwerfen muss, wenn man die Frauenkirche ganz nah heranzoomen will. Doch auch ohne Fernrohr genießt der Angestellte seinen Feierabend auf dem Ostpark-Berg, dem höchsten Punkt der ganzen Grünanlage. „An Silvester müssen Sie herkommen“, rät der 42-jährige Neuperlacher, „da haben Sie den besten Blick über ganz München mit Feuerwerk.“ Den Alten Peter kann man heute sehen, den Perlacher Wohnring oder die Hochhäuser am Peschelanger im Karl-Marx-Zentrum. Bei Föhn tauchen dann am Horizont die Alpen auf.

Der Ostpark ist erwachsen geworden und könnte heuer eigentlich seinen 35. Geburtstag feiern – wenn man der Tafel am Eingang glauben schenken dürfte, die als Erbauungsjahr 1973 angibt. Doch offiziell eröffnet wurde der erste Parkteil mit 25 Hektar erst am 22. Juli 1975 durch Oberbürgermeister Georg Kronawitter (SPD). Aber 33 ist ja auch schon was.

Urlaub im Ostpark

Grüne Wiesen erstrecken sich, gespickt mit unzähligen Bäumen und Sträuchern, über mehr als 56 Hektar. Am Ostpark-See mit den drei markanten Wasserfontänen schnattern dutzende Graugänse. Möwen gleiten durch die Luft. Es duftet nach frisch gemähtem Gras, und die Menschen genießen einen warmen Spätsommertag.

So wie Familie Konan, die zum Grillen extra aus dem Lehel hergekommen ist. Folienkartoffeln, Hähnchenflügel und Rindersteaks brutzeln auf dem kleinen Holzkohlegrill. „Wir machen dieses Jahr Urlaub in Deutschland“, sagt Emine Konan (27). Mit den Kindern Dilara (8), Eren Emre (4), zwei Cousinen und der Schwägerin will die deutsch-türkische Familie das gute Wetter eines sonst eher durchwachsenen deutschen Sommers nutzen. „Die Hunde dürfen hier frei laufen und Grillen ist noch erlaubt – sonst waren wir immer am Feringasee in Unterföhring“, erklärt Vater Haktan Konan (37), der sonst als Projektmanager und Modellbauer arbeitet.

Scharfe Sache!

Fröhlich springen der kleine Rocky, ein Chihuahua-Mischling, und der weiße fünfrassige Mischlingsterrier Beo an Vater Konan hoch. Dass sie im Ostpark viele andere Türken treffen könnten, interessiert die Konans eher weniger. „Wir kommen nicht wegen der anderen Türken her, sondern weil der Ostpark nah an der Stadt liegt und die Kinder ins Michaelibad gehen können“, erklärt Mutter Emine. Jetzt gibt es noch eine Köfte, die türkische Version des Fleischpflanzerls. Scharfe Sache! Getrocknete Chilischoten sind drin, wie Vater Haktan erklärt. Von ihrem Platz aus kann die Familie den etwa 200 Meter entfernten Skatern bei ihren Sprüngen zusehen.

Lässt man dort die vernachlässigte Skateranlage sowie das Hockeyfeld, bei dem die Tore fehlen, hinter sich, steht man wieder am See. Über eine Brücke können die Besucher ihn überqueren. Viele Fische sind im Wasser und schnappen nach Brotkrumen, am Ufer hoppeln Kaninchen herum. Ein paar hundert Meter weiter Richtung Osten lassen zwei Dutzend ältere Herren ihre Eisstöcke über Asphalt gleiten und versuchen, der runden Scheibe in der Mitte, der Daube, so nahe wie möglich zu kommen. Der Senior der illustren Runde ist Herbert Jaeschke (89). Aus Ramersdorf kommt er jeden Tag mit dem Radl und schaut seinen Spezln beim Schießen zu. Er selbst hat über 45 Jahre lang geschossen. „Hier ist meine Gesellschaft und wir ratschen viel“, sagt der promovierte Wirtschaftswissenschaftler, der für die Regierung von Oberbayern gearbeitet hat. Als er mit dem Eisstockschießen angefangen hatte, gab es den Ostpark noch gar nicht. Doch heute, sagt Herbert Jaeschke, genießt er die grüne Oase in seiner Nachbarschaft: „Es ist sehr gemütlich hier und die Luft ist frisch.“

Sebastian Müller

Auf einen Blick

Lage: Der Ostpark in Neuperlach liegt sechs Kilometer östlich der Altstadt.

Größe: 56 Hektar

Anfahrt: Mit der U5 Haltestelle Michaelibad – oder den Großparkplatz des Michaelibades an der Heinrich-Wieland-Straße 24 nutzen.

Sehenswertes: Neben dem Ostparksee mit den drei Fontänen gibt es einen Platz zum Eisstockschießen mit drei Feldern und ein Theatron für kulturelle Veranstaltungen. Im etwa dreieinhalb Hektar großen See ist das Schwimmen nicht gestattet und wäre auch nicht empfehlenswert. Das geht im Michaelibad nebenan umso besser.

Charakter: Die Gemütlichkeit ist top, mitten in der Stadt lässt sich wunderbar entspannen. Je weiter man sich vom Michaelibad entfernt, desto idyllischer wird es. Typisch Ostpark ist auch das Bratwurstbraten: Grillen ist auf einer Fläche südlich des Michaelibades erlaubt. Weitere Infos gibt es beim Grill-Telefon der Stadt unter Tel.23327900 oder unter www.muenchen.de. Hunde dürfen im ganzen Park ohne Leine frei herumtollen. Note: 1

Kinderspielplätze: Ein so genannter Wasserspielplatz, bei dem allerdings die Wasserpumpe kaputt ist, dafür gibt es zwei Rutschen und eine Auto-Wippe. Neben der Skateranlage mit mehreren Sprungschanzen stehen Fußballtore auf einem Steinplatz und ein Hockeyfeld – allerdings ohne Tore. Note 4:

Publikum: International, viele Familien mit Kindern, Senioren, Sonnenanbeter auf Liegestühlen, Inline-Skater und Fahrradfahrer. Für jeden ist etwas dabei - ein Park für alle. Note: 1

Erholungswert und Sauberkeit: Riesige Wiesenflächen mit unzähligen Bäumen und Sträuchern bieten Rückzugsmöglichkeiten im Schatten. Bänke laden zum Verweilen ein. Wer im Gras am Ufer watet, läuft Gefahr, in die Hinterlassenschaften der Graugänse oder Enten zu treten. Sonst schön gepflegt und aufgeräumt. Note: 2

Gastronomie: Der Michaeligarten bietet nicht nur einen Blick auf den Ostparksee, sondern auch Steckerlfisch und Ausgezogene. Im Biergarten gibt's für bis zu 3.500 Gäste Platz. Täglich bis etwa 23 Uhr geöffnet. Die Maß Helles kostet dort 6,60 Euro, die Spezihalbe schlägt mit 3,20 Euro zu Buche. Brotzeit darf mitgebracht werden. Note: 1

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