Der Obduktionsbefund: Brunners großes Herz

Die Bluttat von Solln: Rechtsmediziner berichtet über die Obduktion. Demnach hatte das Opfer ein mit 538 Gramm viel zu schweres Herz – „daran wäre er aber nie gestorben“, so der LMU-Professor.
von  Abendzeitung
Der Grabstein von Dominik Brunner.
Der Grabstein von Dominik Brunner. © dpa

MÜNCHEN - Die Bluttat von Solln: Rechtsmediziner berichtet über die Obduktion. Demnach hatte das Opfer ein mit 538 Gramm viel zu schweres Herz – „daran wäre er aber nie gestorben“, so der LMU-Professor.

13. September 2009, 8 Uhr in der Früh: Rechtsmediziner Professor Wolfgang Keil (60) von der LMU steht im gekachelten Raum der Rechtsmedizin. Vor ihm liegt eine männliche Leiche: 1,83 groß, 85 Kilo schwer, schlank und kräftig. Es ist der tote Dominik Brunner, der am Vortag am S-Bahnhof Solln gestorben war.

Der Obduktionsbefund, 26 Seiten stark, war am Donnerstag Thema beim Prozess gegen die angeklagten Mörder Brunners, Sebastian L. (18) und Markus S. (19). Demnach konnte Keil mit Sicherheit 19 Faustschläge und drei Verletzungen durch Fußtritte feststellen. Die restlichen Verletzungen, vier Rippenbrüche und ein Querbruch des Brustbein, sind durch die Rettungsmaßnahmen entstanden. „Notärzte brechen häufig die Rippen. Die Verletzungen passen in klassischer Weise zur Herzmassage", so Keil.

Und weiter: „Die Schläge und Tritte sind mit hoher Intensität durch die Angeklagten erfolgt“, sagte der Professor. Die meisten Verletzungen entstanden am Kopf, Schulter und Oberarm. „Es ist wie ein Wunder, dass es am Kopf zu keiner inneren Verletzung gekommen ist", betonte der Rechtsmediziner. Ein Fußtritt erfolgte an die Stirn, einer in den Bauch, der dritte konnte nicht sicher lokalisiert werden.

Der Schlüssel, den Markus S. bei dem zweiten Angriff zwischen den Fingern hatte, verletzte nur die Oberlippe und den Oberarm rechts.

Im folgenden ging es um die Vorerkrankungen Dominik Brunner:

Das Herz war viel zu schwer – 538 Gramm hat Prof. Keil bei Brunner gewogen: „Die kritische Grenze liegt bei 500 Gramm. Ein normales und gesundes Männerherz wiegt 300 bis 350 Gramm", sagt Keil. Die Folgen: Die vergrößerte Muskelmasse führt zu schlechter Durchblutung bzw. Sauerstoffmangel.

„Bei großer Belastung wird die doppelte Herzmuskelmasse nicht mit genügend Sauerstoff versorgt. Das Herz löst extra Herzschläge aus," so der Professor.

Das große Herz ist eine Folge von Bluthochdruck, den Brunner seit Jahren hatte. So wie etwa 16 Millionen Deutsche Bluthochdruck haben. 8 Millionen wissen davon. 4 Millionen lassen es behandeln.

Der Rechtsmediziner: „Damit hat Brunner gelebt und er hätte damit noch lange weiterleben können, wenn hier nicht ein ganz erhebliches Trauma dazwischen gekommen wäre.“

Bei der Schlägerei am S-Bahnhof wurde bei Brunner nämlich Adrenalin ausgeschüttet. Auch dies löst Extra-Herzschläge aus, die tödlich sein können. „Brunner wäre nie wegen seines Herzens gestorben. Er selbst fühlte sich völlig gesund."

Professor Wolfgang Keil (60) über die Angeklagten: „Markus S. (19) und Sebastian L. (18) waren nach Zeugenaussagen betrunken. Das haben die Polizeibeamten auch bestätigt." Markus S. hatte zur Tatzeit einen Maximalwert von 1,78 Promille und Sebastian L. schätzungsweise 0,67 Promille, obwohl um 18.20 Uhr bei ihm nur ein Wert von 0,01 Promille festgestellt wurde. Laut Professor Keil hat das mit der Abbauzeit von 0,2 bis 0,4 Promille pro Stunde zu tun.

Bei beidem wurde auch der Konsum von Haschisch festgestellt. Für beide Angeklagte kommt er dennoch zum Schluss: Beide sind voll schuldfähig. T. Huber

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.