Der neue Gucci-Mann kommt vom Ammersee

Er sitzt draußen auf der Bank und raucht eine Zigarette. Von der Münchner Agentur „A.P.R.“, die heute ein Fest gibt, dringt laute Musik aus dem Laden. Die Gäste trinken Champagner, schauen sich die neuen grauen Jogginghosen an, die drinnen vorgestellt werden.
Dabei ist der rauchende Mann, der mehr wie ein Junge ausschaut, der Star. Viel interessanter als Jogginghosen. Doch er genießt es, nicht erkannt zu werden. Endlich hat er mal ein bisschen seine Ruhe. Denn was in den vergangenen vier Jahren mit ihm passiert ist, begreift er selbst am allerwenigsten.
Lenz von Johnston, und das ist kein Fantasie-Name, heißt der 24-Jährige. Er ist in München geboren, am Ammersee aufgewachsen und hat sich nie für die Mode- und Glamour-Welt interessiert. Heute ist er das aktuelle Gucci-Gesicht – und eines der gefragtesten Männermodels weltweit.
„Preußischer Prinz“ nennt die Fashion-Szene Lenz wegen seiner hellen Haut, den blonden Haaren und der Feingliedrigkeit. Dass er eigentlich aus Bayern kommt, ist seiner Agentur in New York, wo er jetzt wohnt, herzlich egal. Von der Stadt hat er kaum was gesehen, Lenz arbeitet non-stop. Castings und Catwalk sind sein Alltag, seitdem er mit 21 Jahren in Berlin entdeckt wurde.
„Ich war bei einer Filmproduktion ein so genannter Set-Runner, hab in Wahrheit aber nur Getränke serviert und so Zeug“, erzählt der symphatisch-eloquente Münchner, der mit Schauspiel-Plänen in die Hauptstadt ging, weil er die Klaus-Kinski-Filme mag.
Bei einer Party der Filmproduktion machte eine Visagistin Fotos von ihm. Er sah relativ gelangweilt – man kann auch sagen: cool – aus. Denn der Set-Runner-Job war nicht wirklich das, was ihm Spaß machte. Jedenfalls kamen die Fotos bei einer Scouting-Agentur so gut an, dass er zwei Tage später sein erstes Shooting hatte. Kurz darauf unterschrieb er den ersten Vertrag.
Vom Neueinsteiger wird er zum gefragten Topmodel. Sein erster Job ist für Prada, es folgt Calvin Klein. Heute ist er das Gucci-Gesicht, läuft für Alexander McQueen über den Laufsteg, ist regelmäßig in „Vogue Hommes“ oder „GQ“ zu sehen. Wie fühlt sich das an? „Verrückt. Seltsam. So unwirklich“, meint Lenz von Johnston – und raucht noch eine Zigarette. Auch seine Familie und Freunde hätten nicht mit einer Model-Karriere gerechnet. In Wirklichkeit sieht er maskuliner, kantiger und fröhlicher aus als auf den Hochglanz-Bildern, bei denen er immer so streng schauen muss.
„Ans Modeln habe ich nie gedacht“, sagt Lenz von Johnston. „Das war ganz weit weg von mir. Aber es macht Spaß, man kommt rum, auch wenn man nichts von der Welt sieht.“ Für eine Freundin ist kein Platz in seinem neuen Leben. „Ich hätte null Zeit für sie – und wer will das?“ Die wenige Freizeit, die er hat, nutzt er, um in seine Heimat zu jetten. „Ich fühle mich hier wohl und genieße, dass es unaufgeregt zugeht.“
Schauspieler will er trotzdem noch werden. Denn das Modeln ist für ihn kein richtiger Beruf. Es ist etwas, was halt gerade so mit ihm passiert.