Der mutige Zeuge vom Hauptbahnhof

MÜNCHEN - Der 29-jähriger Bankkaufmann Krunoslav M. verfolgt einen Messerstecher – und wird jetzt von der Polizei dafür belohnt. Er bekam 300 Euro geschenkt.
Etwas mehr als drei Wochen liegt die blutige Attacke im Hauptbahnhof zurück, als ein Obdachloser einem Studenten mit einem Messer das Gesicht aufschlitzte. Der Täter konnte damals sehr schnell gefasst werden – dank Krunoslav M. Am Freitag lud die Polizei den Bankkaufmann (29) in die Ettstraße ein. Polizeivizepräsident Robert Kopp und Josef Wilfling, Chef der Mordkommission, bedankten sich jetzt bei dem jungen Mann und schenkten ihm 300 Euro.
„Ohne Krunoslav M.“, ist sich Josef Wilfling sicher, „hätten wir den Täter nur sehr schwer ermitteln können.“ Der Messerstecher (64) hatte keinen festen Wohnsitz, es gab nur eine vage Beschreibung, der Mann war noch nie polizeilich in Erscheinung getreten. Was damals noch niemand wusste: Der Obdachlose hauste an der Großhesseloher Brücke und fuhr im Winter tagsüber kreuz und quer in der U-Bahn durch die Stadt. Am 13. Februar saß der Stadtstreicher in der U 1, neben ihm sein Rucksack. Am Sendlinger Tor stieg das spätere Opfer (26) in den vollen Zug. Als er sich auf die schmale Sitzfläche neben dem Rucksack setzte, fuhr ihn der 64-Jährige an: Er solle sich nicht so „herquetschen“, sonst würde er ihn erschießen. Am Hauptbahnhof spuckte er den Studenten an und stieg aus.
Er wollte ihn zur Rede stellen
Doch das wollte der Student so nicht stehen lassen. Er folgte dem Mann, wollte ihn auf der Rolltreppe zur Rede stellen. Ab da wurde Krunoslav M. zum Zeugen. Der Bankkaufmann war auf dem Weg zur Arbeit, stand auch auf der Rolltreppe. „Eigentlich wollte ich vorbei, da ist es schon passiert!“ Mit einem Taschenmesser schlitzte der Stadtstreicher dem Studenten das Gesicht von der Nase bis zum Ohr auf. M. ließ den Täter nicht mehr aus den Augen. Als er sah, dass sich Passanten um den Verletzten kümmerten, nahm er die Verfolgung auf – aus sicherer Entfernung. Der Täter flüchtete in eine S 4. „Ein bisschen mulmig war mir schon. Aber ich habe mich gefragt, was würdest du wollen, wenn du das Opfer wärst?“ Per Handy verständigte er die Polizei, dann stieg er in einen anderen Waggon. Von da aus gab er ständig durch, wo sie sich befanden.
„Ein bisschen wie im Krimi war das schon.“ Am Isartor griff schließlich die Polizei zu. Robert Kopp war voll des Lobes für M.: „Er ging äußerst umsichtig vor, aus sicherem Abstand, ohne falsches Heldentum und ohne sich selbst in Gefahr zu bringen.“
N. Job