„Der Mann hat einen verdammt coolen Job“

Am Donnerstagabend lesen die Schauspieler Thorsten Krohn, Gabriele Welker und Helmut Becker aus einem der großen Jerry-Cotton-Klassiker.
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Opium fürs Volk: Thorsten Krohn und seine Kollegen unterhalten ihr Publikum heute Abend mit einer Räuberpistole.
Gregor Feindt Opium fürs Volk: Thorsten Krohn und seine Kollegen unterhalten ihr Publikum heute Abend mit einer Räuberpistole.

Am Donnerstagabend lesen die Schauspieler Thorsten Krohn, Gabriele Welker und Helmut Becker aus einem der großen Jerry-Cotton-Klassiker.

Das Verbrechen schläft nie. In New York schon gleich gar nicht. Einer aber legt den bösen Buben ebenso unermüdlich wie zuverlässig das Handwerk – der smarte Bundespolizist Jerry Cotton, der seit über 50 Jahren seinen legendären Jaguar durch die Straßenschluchten des Big Apple jagt. Er hat unzählige Schießereien überlebt, massenhaft Gangster zur Strecke gebracht und reihenweise Frauenherzen gebrochen. Heute Abend ermittelt er in der literarisch-musikalischen „Jerry Cotton Night“ in der Weinhandlung Garibaldi: Die Schauspieler Thorsten Krohn, Gabriele Welker und Helmut Becker knöpfen sich – von der Münchner Combo „Unsere Lieblinge“ mit kriminell schrägen Liedern unterstützt – in einer Lesung den Groschenroman-Klassiker „Ich gegen die Mafia“ vor. Wir haben mit Thorsten Krohn gesprochen.

Abendzeitung: Für einige sind die Heftchen Schund, für anderen Kult. Bekennen Sie sich zu Jerry Cotton?

THORSTEN KROHN: Ich habe Jerry Cotton als Halbwüchsiger genauso verschlungen wie Agatha Christie, Edgar Wallace und später Raymond Chandler. Da kamen Frauen mit viel zu engen Pullovern und andere dieser klassischen Bilder vor, die einen in der Pubertät sehr interessieren. Und dann hat der Mann einfach einen verdammt coolen Job – eigentlich den besten, den man sich vorstellen kann, bevor man dann Apotheker oder Steuerberater wird.

Oder ein seriöser Schauspieler, der heute mit gehobener Literatur auf dem Sofa sitzt.

Sicher ist dann die Zeit gekommen, in der ich Hermann Hesse und andere gewichtige Autoren lesen wollte. Aber nach Jerry Cotton war ich in dem Genre drin und heute ziehe ich mir immer noch gerne Krimis rein – Mankell und andere Schweden beispielsweise. Und irgendwann hat man dann auch die Souveränität und nimmt die Diskussion über den sogenannten Schund nicht mehr ernst. Man frisst so ein Heftchen in einer Stunde weg, dann ist’s aber auch gut und man kehrt in die Realität zurück. Das ist ein Genuss ohne Reue und hat auch keine Nachwirkungen.

Auch heute noch gibt es jede Woche einen neuen Jerry Cotton. Wundert Sie das?

Absolut nicht. Mit Jerry Cotton wird ein Urbild von Männlichkeit geprägt. In den Romanen wird ganz klar, dass ein Mann tut, was er eben tun muss. Es gibt eine Sehnsucht nach diesen klar strukturierten Bildern, das unterschätzt man immer wieder. Aber wo kriegt man das denn heute noch in dieser Deutlichkeit und Einfachheit serviert? Und dann diese Beziehung zu seinem Kumpel Phil: So sieht Männerfreundschaft aus, daran hat sich bis heute nichts geändert. Und deshalb funktioniert das immer noch.

Die „Jerry Cotton Night“ ist nicht Ihr erster Ausflug in den Groschenroman?

Der Anstoß kam letztes Jahr von Marion Bösker vom Literaturhaus. Sie hatte die Idee, eine Veranstaltung mit Ärzteromanen zu machen, und ich war zu jeder Schandtat bereit. Auf der Lesung herrschte eine Bombenstimmung. Die Leute waren als Krankenschwestern und Ärzte verkleidet und haben sich voll und ganz darauf eingelassen. So als ob sie sich gesagt haben: Warum immer die große Literatur? Wir lassen’s jetzt mal richtig krachen und ziehen uns das rein, was sonst allerhöchstens mal im Urlaub oder unter der Bettdecke gestattet ist. Die haben sich gemeinsam über die Texte kaputt gelacht, das war wirklich großartig.

Dann können sich die Münchner Jerry Cotton-Fans heute auf einen vergnüglichen Krimiabend ohne Nebenwirkungen einstellen?

Ich hoffe, dass das ein Riesenspaß wird. Wir geben den Leuten die Chance, ihre Erinnerungen an Jerry Cotton aufzufrischen und sich gemeinsam mit anderen dazu zu bekennen. Auf einem gepflegten Niveau sozusagen – mit der Musik der fantastischen Lieblinge im Ohr und einem Glas Wein in der Hand. Wir haben keinen Bildungsauftrag, wir wollen nichts verbessern und niemanden belehren. Es ist reine Unterhaltung, und wenn die Leute hinterher angeheitert und fröhlich nach Hause gehen, dann ist der Auftrag erfüllt – mission completed!

Dann kann man auf weitere Schandtaten hoffen?

Ich bin da einfach so hineingeraten und habe jetzt große Lust, das Ganze auszureizen. Die anderen im Team auch: Wir haben ähnlich wenig Scheu, auf diesem Niveau zu arbeiten. Vielleicht gehen wir mit Jerry Cotton auf Tour. Und es gibt noch so viele interessante Sachen. Der Geisterjäger John Sinclair beispielsweise. Und auch über Perry Rhodan denken wir nach.

Angelika Krause

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