Der Kini und sein letztes Stündlein

Zum 125. Todestag werden 250 Original-Exponate – von der Babyhaube bis zum Leichentuch – in Herrenchiemsee gezeigt. Auch die Taschenuhr des Königs, die Aufschlüsse über seinen Tod geben soll
von  Nina Job

München/Herrenchiemsee  - Seine erträumte Seilbahn über den Alpsee, ein Sommerpalast in chinesischer Bauweise oder das nie realisierte Schloss Falkenstein: Für die Bayerische Landesausstellung „Götterdämmerung” werden die kühnsten Träume von Märchenkönig Ludwig II. virtuell zum Leben erweckt. Die 3-D-Animationen von Gerd Hirzinger – dem Chef des Instituts für Robotik und Mechatronik im Zentrum für Luft- und Raumfahrt – führen die Besucher in die Traum- und Gegenwelten des Königs.

Es soll eine Ausstellung der Superlative werden. 250 Original-Exponate – von der Babyhaube bis zum Leichentuch - werden vom 14. Mai bis 16. Oktober in Schloss Herrenchiemsee gezeigt. Viele Exponate wurden noch nie öffentlich präsentiert. Und quasi nebenbei wollen die Ausstellungsmacher vom Haus der Bayerischen Geschichte sowie der Schlösser- und Seenverwaltung auch noch eines der großen Geheimnisse um den Tod des Märchenkönigs lüften.

Die goldene Taschenuhr, die Ludwig II. an seinem Todestag bei sich trug, wurde mit neuesten wissenschaftlichen Methoden untersucht. „Noch sind sie nicht abgeschlossen”, sagt Peter Wolf, Ausstellungsleiter vom Haus der Bayerischen Geschichte. „Aber wir können heute sagen, dass wir eine neue Theorie um den Tod des Märchenkönigs präsentieren können.” Direktor Richard Loibl verspricht in jeder Hinsicht: „Die Ausstellung wird manche verkrusteten Klischees aufbrechen.”


Die Highlights auf 1500 qm Ausstellungsfläche:
Als König Ludwig II. am 13. Juni 1886 im Starnberger See starb, trug er nachweislich seine goldene Taschenuhr - ein Geschenk seiner geliebten Erzieherin und Ersatzmutter Sybilla Meilhaus. Diese Uhr wurde von ihrem jetzigen Besitzer Albert Meilhaus für die Landesausstellung zur Verfügung gestellt, sie wurde noch nie öffentlich gezeigt.
Der berühmte Zeitmesser blieb an Kinis Todestag abends um 6.53 Uhr stehen. Die Uhr des ebenfalls gestorbenen Psychiaters Dr. Bernhard von Gudden hörte allerdings erst 1 1/4 Stunden später auf zu ticken – was bis heute für Spekulationen sorgt.

Auch das Original-Gutachten, in dem König Ludwig II. fünf Tage vor seinem Tod auf Betreiben der Regierung von den Ärzten Bernhard von Gudden, Friedrich Wilhelm Hagen, Hubert von Grashey und Max Hubrich für „seelengestört” und „unheilbar” erklärt wird, ist in der Ausstellung erstmals öffentlich zu sehen.

Eine weitere Sensation für alle Kini-Interessierten und Historiker ist der „Kaiserbrief”. Otto von Bismarck hatte ihn aufgesetzt, Ludwig II. musste ihn abschreiben. Unter starken Zahnschmerzen unterzeichnete er das Dokument am 30. November 1870 und erkannte damit den preußischen König als deutschen Kaiser an. Der „Kaiserbrief” wurde bislang im Auswärtigen Amt aufbewahrt und noch nie öffentlich gezeigt.

Neben den zahlreichen 3D-Animationen werden Entwürfe von Schlossbauten mit handschriftlichen Bemerkungen des Königs und Bühnenmodellen in Puppenhäuschen-Größe ausgestellt.

Ein bayerisches Infanterie-Gewehr diente dem Zwölfjährigen für seine ersten Schieß-Übungen. Es ist nur eines vieler sehr persönlicher Exponate. Darunter auch ein (noch nie gezeigter) einfacher dunkler Lodenmantel. Die Mottenlöcher wurde gestopft. „An dem Mantel sieht man, was für ein riesenhafter Kerl er war und dass er auch eine ganz andere, sehr bescheidene Seite hatte”, sagt Jan Björn Potthast von der Schlösserverwaltung.

In einem Ausstellungsraum wird eine originale Maschinen-Kanone erster Bauart präsentiert, sie „schaffte” 450 Schuss pro Minute. Peter Wolf: „Exponate wie diese dokumentieren, dass diese Zeit eben keine gloriose Welt für Ludwig II. war und erklären seinen Rückzug in Traumwelten.”

Parallel zur Ausstellung werden 12000 (sic!) musikalische Veranstaltungen im Chiemgau stattfinden. Gerade mal 350 finden Platz in einer Extra-Broschüre. Das Programm reicht von den Herrenchiemsee-Festspielen (12. bis 14. Juli), dutzenden Opern bis zum „Gamsbart ahoi”-Programm von Kabarettist Helmut Schleich.

Die Sparkasse Rosenheim-Bad Aibling gibt eine Sondermünze raus: Sie zeigt Kini mit der Jungfrau Maria und dem Jesuskind als Patrona Bavariae.

Video: 3D-Animationen von Gerd Hirzinger

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