„Der Feind sitzt in unserer Kirche“

Weil Papst Benedikt einen erzkonservativen Bischof der Piusbruderschaft rehabilitiert hat, ist die Empörung groß. Denn Richard Williamson hat den Holocaust geleugnet. Die Anhänger der Münchner Piusbruderschaft bedauern den Ärger - und melden selbstbewusst ihre Forderungen an.
von  Abendzeitung
Frühmesse in lateinischer Sprache: "Das ist das einzig Wahre", sagt eine Anhängerin der Münchner Piusbruderschaft.
Frühmesse in lateinischer Sprache: "Das ist das einzig Wahre", sagt eine Anhängerin der Münchner Piusbruderschaft. © AZ

MÜNCHEN - Weil Papst Benedikt einen erzkonservativen Bischof der Piusbruderschaft rehabilitiert hat, ist die Empörung groß. Denn Richard Williamson hat den Holocaust geleugnet. Die Anhänger der Münchner Piusbruderschaft bedauern den Ärger - und melden selbstbewusst ihre Forderungen an.

Die Kirche „Patronae Bavariae“ liegt in einem Sendlinger Wohngebiet. Es ist 6.50 Uhr, Zeit für die Frühmesse der Priesterbruderschaft St. Pius X. Es sind vielleicht 15 Menschen gekommen, überwiegend ältere Damen. Einige von ihnen tragen schwarze Spitzenkopftücher.

Draußen vor der Tür hängt ein Plakat. „Exkommunikation von 1988 aufgehoben!“, steht da. Die Piusbrüder bringen ihre „kindliche Dankbarkeit“ gegenüber Papst Benedikt zum Ausdruck. Dank dafür, dass er vier Bischöfe aus ihren Reihen wieder in die Kirche eingliedern will.

Die Piusbrüder sehen sich im Aufwind. Sie wollen Rom, „die zerstörte Stadt Gottes“, wieder aufbauen – nach ihren Vorstellungen. Wenn da nur die Sache mit Bischof Richard Williamson nicht gewesen wäre: „Kein einziger Jude ist in einer Gaskammer umgekommen“, hatte er kurz vor seiner Rehabilitation gesagt.

Sie wollen "die zerstörte Stadt Gottes" wieder aufbauen

Der Skandal um Papst Benedikt und die Piusbrüder war perfekt: Das Verhältnis zwischen dem Vatikan und den Juden ist vergiftet. Viele Katholiken fürchten, dass der Papst die Kirche zurück ins Mittelalter führt. Und die Münchner Piusbrüder, die die moderne Gesellschaft als sündig erachten, müssen dieser Gesellschaft erklären, wer sie sind.

„Wir sind auch enttäuscht“, sagt Pater Udressy, der die Münchner Priestergemeinschaft leitet. Er distanziert sich von Williamson. Er sagt, dass sonntags 250 Menschen zur Messe kommen. Dass die vier Münchner Pius-Priester eine „gute Gemeinschaft“ seien. Mehr sagt er nicht.

Die Frühmesse beginnt. Ein Priester und ein Ministrant betreten die Kirche und drehen der Gemeinde den Rücken zu. Der Priester murmelt Gebete. Verstehen kann man ihn kaum. Die Messe wird auf Latein gehalten. Die Gemeinde kniet oder steht. Das Abendmahl nimmt fast zwei Drittel der Messe ein. Feierlich wird die „Kommunionbank“ gedeckt, dann gibt es Mundkommunion. Der Opfercharakter der Gläubigen soll zum Ausdruck gebracht werden.

„Das ist das einzig Wahre“, sagt eine ältere Frau im braunen Mantel nach der Messe. „Man soll bei der Urkirche bleiben. Ich bin froh, dass ich von der Amtskirche los bin.“ Amtskirche – so nennt sie normale Pfarreien. Dort drehen Pfarrer ihren Schäfchen nicht den Rücken zu. Dort wird über die Ökumene und den Dialog mit Juden und Moslems gesprochen. Es sind Errungenschaften des Zweiten Vatikanischen Konzils von 1965. Darin wird auch der Vorwurf fallengelassen, die Juden seien Schuld am Tod Jesus Christus Jesus Christus.

Die "Neue Messe" beschimpfen sie als "ökumenisch" und "demokratisch"

Doch gerade das Zweite Vatikanische Konzil lehnen Piusbrüder ab. Die „Neue Messe“ bezeichnen sie als „ein für den Glauben schädliches Gift“: „Die Alte Messe ist katholisch und predigt das Christkönigtum; die Neue Messe ist ökumenisch und demokratisch.“

Das Mitteilungsblatt der Bruderschaft beschreibt „Anzeichen des Weltendes“: Vor dem Ende der Geschichte müsste „das Judentum als Volk sich zu Jesus Christus bekehren“. Der deutsche Distriktsobere, Pater Franz Schmidberger, warf den Juden vor, mitschuldig am „Gottesmord“ zu sein. Seine Anhänger sehen es genau so. „Ich hab’ nichts gegen Juden. Aber sie haben’s gemacht und geben’s nicht zu“, sagt die Frau im braunen Mantel. Die Bemerkung von Williamson sei aber „blödsinnig“.

"Der Zorn Gottes wird sich zeigen."

Eine andere Dame ist wütend wegen der Papst-Kritik von Bundeskanzlerin Angela Merkel. „Dass eine geschiedene Frau sich erfrecht, dem Papst entgegenzutreten!“, zischt sie. Und schimpft weiter: über Laien, die sich mit Ämtern wichtig machen, die Messen in deutscher Sprache, die Ökumene. „Der Feind sitzt in unserer Kirche. Diese Sünde muss abgetragen werden. Gottes Zorn wird sich zeigen.“

Papst Benedikt hat bereits einige Forderungen der Piusbrüder erfüllt: So erlaubte er 2007 die lateinische Messe und rehabilitierte nun die Pius-Bischöfe. Die Piusbrüder feiern ihren Erfolg: „Sobald wir über die Grundprinzipien in der Lehre einig sind, steht die Priesterbruderschaft St. Pius X. für den Wiederaufbau der zerstörten Stadt Gottes mit Freuden zur Verfügung.“

Volker ter Haseborg

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.