Der Countdown läuft: Nur noch wenige Tage bis zum Wiesn-Start

Am Samstag beginnt das 200. Münchner Oktoberfest, und langsam fängt es an zu kribbeln. Kurz vor dem Wiesn-Start zeigt die AZ die Menschen hinter den Kulissen: Die Münchner Hoteliers, von denen manche einen deftigen Aufschlag verlangen - und die Einsatzkräfte, die für ein sicheres Oktoberfest sorgen sollen
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„Meine Leute sind extrem belastbar“: Security-Chef Konrad Bertels.
Petra Schramek 4 „Meine Leute sind extrem belastbar“: Security-Chef Konrad Bertels.
Die Polizisten Ralf Neuner und Edmund Hlawon sind auf der Wiesnwache im Einsatz.
Sigi Müller 4 Die Polizisten Ralf Neuner und Edmund Hlawon sind auf der Wiesnwache im Einsatz.
Peter Bachmeier ist bei der Wiesn-Feuerwache im Einsatz.
AZ 4 Peter Bachmeier ist bei der Wiesn-Feuerwache im Einsatz.
Polizistin Maria Müller und ihr Sprengstoff-Hund Unix. „Der Wiesn-Job ist eine Ehre“, sagt sie.
Sigi Müller 4 Polizistin Maria Müller und ihr Sprengstoff-Hund Unix. „Der Wiesn-Job ist eine Ehre“, sagt sie.

München - Am Samstag beginnt das 200. Münchner Oktoberfest, und langsam fängt es an zu kribbeln. Kurz vor dem Wiesn-Start zeigt die AZ die Menschen hinter den Kulissen: Die Münchner Hoteliers, von denen manche einen deftigen Aufschlag verlangen - und die Einsatzkräfte, die für ein sicheres Oktoberfest sorgen sollen

3500 Euro für eine Nacht

Das Phänomen wiederholt sich regelmäßig: Hotels in München schlagen eine satte Summe auf ihren normalen Zimmer-Tarif drauf. „Preiserhöhungen bei Messen und Oktoberfest von 300 Prozent und mehr sind leider oftmals zu beobachten“, lautet eine aktuelle Auskunft aus dem Referat für Arbeit und Wirtschaft.

Anlass war eine FDP-Anfrage, in der eine Auskunft über angebliche Wucherpreise für Hotelzimmer erbeten worden war. Jetzt bestätigte die Verwaltung: „Ja, dem Tourismusamt sind Fälle von extremst überhöhten Preisen während der Bauma und anderer Messen bekannt.“

Mit Hilfe diverser Hotelbuchungsmaschinen werden immer wieder Preisüberprüfungen durchgeführt. Dabei kam folgender drastischer Fall ans Licht: Ein Fünf-Sterne-Hotel hatte zur Bauma ein Einzelzimmer für 3500 Euro angeboten. Und da war das Frühstück noch nicht einmal eingerechnet! Auf der selben Internetseite, konkret bei der Buchungsmaschine HRS, offerierte ein Vier-Sterne-Haus ein Einzelzimmer für 550 Euro. Der Normalpreis liegt aber bei rund 100 Euro.

Und es geht noch dreister: Zur „Automatica“ und zur „Bauma“ wollte ein Hotel mit zwei Sternen ein Einzelzimmer für 525 Euro loswerden. Dabei liegt der normale Preis bei etwa 55 Euro. Das ist eine Steigerung um mehr als 900 Prozent! „Für das Oktoberfest verlangt es immer noch um 400 Prozent überhöhte Preise“, steht in der Antwort auf die Stadtratsanfrage.

Doch so viel zur Ehrenrettung des Gastgewerbes: Die Mehrzahl der Münchner Hotels bleibe in einem begrenzten Preisrahmen, heißt es.

Doch die schwarzen Schafe und ihre Wucherpreise bereiten der Stadt Sorgen. Die angebotenen Zimmerpreise seien durch so genannte Screenshots, also Abbildungen der damals aktuellen Internetseite, belegt. „Diese völlig überhöhten Preise schaden nachhaltig der Tourismus- sowie der Kongressdestination München“, urteilt das Wirtschaftsreferat.

Im neuen Unterkunftsverzeichnis, das im November herauskommt, müssen Hotels übrigens eine Preisspanne für ihre Standardzimmer angeben. Wer dabei unverhältnismäßig hohe Tarife verlangt, muss sich darauf gefasst machen, dass die Stadt sich bei ihm meldet.

Julia Lenders

Dem Terror keine Chance

Sie ist das am besten geschützte 42-Hektar-Areal in ganz München: die Wiesn. Nirgends in der Stadt tummeln sich so viele Polizisten, Feuerwehrleute und Sicherheits- Leute wie dort. Heuer wird dieser Stab noch einmal aufgestockt.

Zwar gibt es laut Münchner Polizei und bayerischem Innenministerium derzeit keine konkrete Terrorwarnung, doch aus dem vergangenen Jahr habe man gelernt. Damals tauchte im Internet ein Drohvideo auf, das sich konkret auf das Oktoberfest bezog, die Sicherheitsmaßnahmen wurden über Nacht drastisch verschärft.

So wird es auch in diesem Jahr einen dreistufigen Sicherheitsring um das Festgelände geben. Passieren können nur Anwohner und Lieferanten mit ihren Autos, die einen gültigen Sonderausweis besitzen. Außerdem sorgen erstmals 50 Betonpoller an den Eingängen für die Sicherheit. Damit soll verhindert werden, dass Terroristen mit Lkws auf das Festgelände rasen. Zusätzlich stehen um die Wiesn 70 Blumentröge aus Beton, die diesen Schutz verstärken. Alleine diese Maßnahmen kosten die Stadt 280 000 Euro.

Auch die Wiesnwirte haben noch einmal tief in ihre Taschen gegriffen und die Zahl an Sicherheitsleuten aufgestockt: Auf jedes der 14 großen Zelte kommen rund 100 Security-Männer. Vor allem wegen des Rauchverbots werden mehr Aufpasser in den Zelten postiert – die Wirte glauben aber an die Rücksichtnahme der Gäste. Die Sicherheitstrupps werden außerdem vom Kreisverwaltungsreferat untersucht, damit sich keine verdächtigen Personen unters Personal mischen.

Neben 300 Polizeibeamten auf dem Festgelände postieren sich rund 100 weitere um die Theresienwiese herum und sind bei einem Einsatz sofort bereit. Wie seit dem 11. September 2001 gilt über dem Gelände während des Oktoberfestes ein absolutes Flugverbot.

An den Eingängen zum Oktoberfest werden außerdem stichprobenartig Taschen kontrolliert. Wiesnchefin Gabriele Weishäupl: „Die Sicherheit ist definitiv so hoch wie nie.“

R. Keck, A. K. Koophamel

„Immer freundlich bleiben“

Konrad Bertels, Chef von Nickon-Sicherheit: „Wir sorgen mit rund 200 Mann im Hofbräu- und Hackerzelt für Ordnung. Heuer haben wir etwas mehr Leute als 2009, wegen dem Nichtraucherschutz. Aber wir sehen das entspannt, bei allen anderen Volksfesten gab es keine Probleme."

„Meine Leute sind extrem belastbar und lösen auch heikle Situationen durch reden. Ich will keine Schlägertruppe. Aus dem Zelt fliegen nur wirklich uneinsichtige Leute. Die meisten aber beruhigen sich, wenn man freundlich und sachlich mit ihnen spricht. Am meisten Ärger machen Betrunkene, die pöbeln oder ein Hendl vom Tablett stehlen und dann nicht bezahlen wollen."

„Schwierig ist es am Italienerwochenende, vor allem wenn es regnet. Dazu haben wir auch italienische Kollegen im Einsatz. Und der Wechsel nach den Mittagsreservierungen ist problematisch, weil viele nicht gehen wollen. Aber am Ende ist der Gast immer noch ein Gast. Und so sollte er auch behandelt werden. Ich persönlich regele 99 Prozent aller Probleme mit reden. Ich habe den Vorteil, dass ich zwei Meter groß bin. Da widerspricht niemand.“

„Wir sichern wichtige Politiker und Wirtschaftsbosse “

Ralf Neuner (58) und Edmund Hlawon (52), Beamte auf der Wiesnwache: „Bei uns beginnt die Arbeit lange vor der Wiesn. Schließlich müssen wir Bayerns größte Polizeiinspektion aufbauen: Auf der Wiesnwache sind bis zu 300 Beamte im Einsatz. Im Führungsstab sind wir unter anderem für die Sicherheit von hochrangigen Besuchern zuständig, etwa von Wirtschaftsbossen, Bundeswehr- Generälen oder Politikern. In den vergangenen 20 Jahren ist die Wiesn stetig gewachsen und nicht mehr so einfach zu überschauen. Schlägereien gab es schon immer. Seit dem 11. September ist die Angst vor Terror hinzugekommen. Aber die sollte man als Besucher nicht überschätzen.“

„Das Vorglühen ist ein echtes Problem“

Peter Bachmeier (42) von der Wiesnwache der Feuerwehr: „Von uns bekommen die Besucher wenig mit. Und darauf sind wir ein bisschen stolz. Die Gefahr eines Brandes ist auf der Wiesn viel geringer als auf einem Christkindlmarkt, trotzdem brennt es rund zwei Mal pro Saison auf dem Oktoberfest. Das ist ein vertretbares Risiko, aber wir rücken trotzdem immer mit 42 Fahrzeugen an. Viel häufiger werden wir wegen ganz anderen Problemen gerufen: Etwa, wenn Wasser in den Toiletten nicht abläuft oder ein elektrischer Rollstuhl einen Platten hat."

„Ein echtes Problem ist seit drei Jahren das Vorglühen, also wenn tausende Menschen am Wochenende früh morgens vor den Zelten warten. Diese Masse müssen wir kanalisieren, damit keiner verletzt wird. Dafür haben wir im letzten Jahr die Gärten mit Flatterband abgesperrt und lassen die Leute nur über einzelne Eingänge hinein. Das hat sehr gut funktioniert. So etwas muss im Voraus mit den Wirten gut geplant werden. Was zählt, ist gute Vorbereitung: Der Plan im Vorfeld ist bei der Wiesn wichtiger als das klassische Geschäft des Löschens und Rettens.“

„Wir schnüffeln nach Sprengstoff“

Maria Müller (27) und Hund Unix (3,5) von der Hundestaffel der Münchner Polizei: „Für Unix und mich beginnt der Tag auf der Wiesn mit einem Kontrollgang durch die Bierzelte. Dort sucht Unix nach Sprengstoff und Munition. Auch Zulieferer-Laster und einsame Gepäckstücke werden von uns kontrolliert. Für meinen Dienstschäferhund ist es die zweite Wiesn, ich bin zum fünften Mal dabei. Es ist ein Traum, beim Oktoberfest eingesetzt zu werden, ich empfinde das als eine große Ehre. Unix’ letzter Fahndungserfolg war, als er ein Depot mit alter Kriegsmunition erschnüffelt hat. Das war aber nicht auf der Wiesn.“

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