Der Bahnsinn: Jeder 2. Zug kommt zu spät

Pendlerin Sabine Padberg hat genau Buch geführt: An 85 Tagen kam der Zug von Günzburg nach München 47 Mal zu spät. Insgesamt hat siezwei Arbeitstage am Bahnsteig gewartet
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Sabine Padberg
Daniel von Loeper Sabine Padberg

MÜNCHEN - Pendlerin Sabine Padberg hat genau Buch geführt: An 85 Tagen kam der Zug von Günzburg nach München 47 Mal zu spät. Insgesamt hat siezwei Arbeitstage am Bahnsteig gewartet

Sabine Padberg mag ihren Job und sie mag ihr Haus im schwäbischen Dillingen, wo sie mit ihrem Mann lebt. Deswegen nimmt sie es auf sich, jeden Arbeitstag um vier Uhr aufzustehen, erst 25 Kilometer mit dem Auto zum Bahnhof in Günzburg zu fahren und dann weiter mit der Bahn zu ihrem Arbeitsplatz in München. Ganz schön umständlich, aber okay – wenn die Züge denn pünktlich kämen.

Aber, leider: „Ich bin dieses Jahr an 85 Tagen mit der Bahn gefahren und davon hatte der IC an 47 Tagen Verspätung.“ Mehr als die Hälfte aller Züge. „Und im Abteil ist es so gemütlich wie auf einer 50 Jahre alten Couch.“

Frau Padberg ist wütend. Seit Januar schreibt sie jeden Tag penibel auf, wann der Zug kommt. Laut Fahrplan fährt der Intercity CNL 60419 um 6.01 Uhr ab und sollte um 7.16 Uhr in München ankommen. Das Ergebnis: Allein für die Hinfahrt hat sie dieses Jahr 13 Stunden und 36 Minuten gewartet – fast zwei Arbeitstage lang.

Das Ärger-Protokoll allein aus dem August: 2. August: 26 Minuten Verspätung, 3.: 21 Minuten, 4.: pünktlich, 5.: fünf Minuten, 6.: 52 Minuten, 9.: 54 Minuten, 10.: 40 Minuten, 12.: 15 Minuten und 13. August: 22 Minuten. Zusammen fast vier Stunden. „Eine Zumutung“, schimpft die Kundin.

„Die Begründungen für die Verspätungen sind äußerst einfallsreich“, ätzt sie. Das reiche von ,verspäteter Übergabe aus dem Ausland’ bis zu ,spielenden Kindern auf den Gleisen’ – morgens um halb sechs.

Ein Bahnsprecher entschuldigt die Verspätungen gegenüber der AZ mit dem vierspurigen Ausbau der West-Ost-Achse zwischen Augsburg und München: „Da muss man leider Verspätungen in Kauf nehmen“, so der Beamte.

Der IC, mit dem Sabine Padberg fährt, hat noch eine Besonderheit: In Mannheim wird er mit Zügen aus Paris, Amsterdam und Stuttgart gekoppelt und bekommt, wie Frau Padberg sagt, „drei uralte Waggons für Pendler“ zugekoppelt – ohne Klimaanlage und funktionierende Heizung, aber mit IC-Zuschlag. 217 Euro muss sie im Monat dafür zahlen.

Wenn einer der drei zugekoppelten Züge Verspätung hat, muss das ganze Gespann warten. Das nervt. Oft steigt die Bahnfahrerin deshalb nach einer halben Stunde in den nächsten Zug ein.

„Das Schlimmste ist, dass es keinen Ansprechpartner gibt. Beim Beschwerdemanagement werden Pendler anscheinend nicht als Kunden gesehen, sondern als Feinde.“

Übrigens: Bei der letzten Erhebung im Jahr 2008 stellte die Stiftung Warentest fest: Mehr als ein Drittel der Züge verspätet sich um mehr als vier Minuten. Willi Bock

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