Der Aufschwung ist da!

Nach dem Absturz der deutschen Wirtschaft geht es jetzt rasant nach oben: Besonders die Firmen in und um München profitieren,60 Prozent ihrer Waren gehen ins Ausland
von  Abendzeitung
Die Firma Obermaier (v.l.): Daniel, Azubi Ingo und Maik;
Die Firma Obermaier (v.l.): Daniel, Azubi Ingo und Maik; © Gregor Feindt

Nach dem Absturz der deutschen Wirtschaft geht es jetzt rasant nach oben: Besonders die Firmen in und um München profitieren,60 Prozent ihrer Waren gehen ins Ausland

MÜNCHEN Die Wirtschaft brummt, München profitiert. Ob Dienstleistungssektor oder Industrie, Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle sagt: „Die Erholung hat die deutsche Wirtschaft in ihrer vollen Breite erfasst.“ Der deutsche Export ist wieder stark, von April bis Ende Juni 2010 steigerte sich das Bruttoinlandsprodukt um 2,2 Prozent im Vergleich zum Vorquartal – der stärkste Wert seit der Wiedervereinigung.

Gerade der Raum München profitiert vom Aufschwung: 60 Prozent der in München produzierten Waren gehen ins Ausland, bayernweit liegt die Exportquote bei 50 Prozent. Die guten oder sich bessernden Auftragseingänge der Großunternehmen wirken sich auch auf kleine und mittelständische Betriebe aus, da so die Zulieferung von Waren gesichert wird.

Die Industrie- und Handelskammer München (IHK) stellt fest, dass die Zuversicht der bayerischen Wirtschaft deutlich wächst. Die Unternehmen sind wesentlich zufriedener als noch zu Jahresbeginn. Außerdem überwiegen erstmals seit 2008, dem Beginn der Wirtschaftskrise, die Unternehmen, die Stellen schaffen wollen. Der BIHK-Index, der Geschäftslage und -erwartungen in einem Wert zusammenfasst, sprang im ersten Halbjahr 2010 von 102 auf 119 Punkte, dem Höchststand seit Frühjahr 2008.

Auch die Handwerkskammer für München und Oberbayern bestätigt, dass die Handwerkskonjunktur im zweiten Quartal des Jahres 2010 stark zugelegt hat. Rund 285500 Menschen sind im oberbayerischen Handwerk tätig. Und mehr als 80 Prozent der Unternehmer würden ihrer Geschäftslage ein „gut“ oder immerhin „befriedigend“ geben.

Außerdem stiegen bei 31 Prozent der Befragten die Aufträge, 44 Prozent bestätigten eine unveränderte Nachfrage. Besonders positiv: 13 Prozent der Betriebe konnten ihre Belegschaft vergrößern.

Im Einzelhandel ist der Einfluss der Fußball-Weltmeisterschaft deutlich zu spüren, der Elektrohandel konnte im ersten Halbjahr des Jahres 2010 einen Zuwachs von 19,3 Prozent verzeichnen. Bernd Ohlmann, Sprecher des Einzelhandelsverbands, sagt: „Eine solche Entwicklung ist besonders bei großen Sportereignissen wie den Olympischen Spielen oder eben der Fußball-WM zu beobachten.“ Und: Wer zuversichtlich ist, investiert offenbar gern in ein neues Outfit. Denn Schuh- und Textilhandel stehen mit einem Plus von 8 und 4,7 Prozent da. Obschon der Sommer recht verregnet war, haben die warmen Tage im Juni und Juli die Kauflust nach leichten Kleidern und Sandalen angeregt.

Auch die Agentur für Arbeit in München kann positive Daten melden. So sank die Zahl der Arbeitslosen bereits im Juni auf 4,5 Prozent, das ist der niedrigste Stand seit 18 Monaten. Über 10000 offene Arbeitsstellen sind in München gemeldet, seit Monaten ist hier eine steigende Tendenz zu beobachten. Stichwort Fachkräftemängel: Besonders für Ingenieure sind die Aussichten rosig.

BMW will 1000 neue Mitarbeiter einstellen, doch auch kleine Firmen suchen: 92,3 Prozent der Unternehmen im Freistaat haben unter 10 Beschäftigte, 6,1 Prozent haben 10 bis 49 Beschäftigte.

Die AZ hat sich umgehört bei kleinen und großen Unternehmen: Wie wirkt sich der Aufschwung aus? Außerdem wollten wir wissen, bei welchen Branchen er noch nicht angekommen ist. Anna Fichtel

Ausgebucht bis Ende des Jahres

Energiesparen ist ihr Geschäft: Bei Heizung Obermeier fallen viele Überstunden an

Werner Obermeier sagt: „Unsere Branche ist zurzeit ordentlich im Markt aufgestellt, Energie und Wasser haben immer Konjunktur.“ Er ist der Gründer der Heizung-Obermeier GmbH mit Sitz im Lehel. Er hat sich mit seiner Firma auf energiesparende Technik und Optimierung alter Systeme spezialisiert. Und das liegt im Trend. Der Staat verteilt mittels Konjunkturprogramm Aufträge an die Firma. Es gibt sehr viele Anfragen, das übersteigt die Kapazität der Firma mit ihren 20 Mitarbeitern.

„Bis Ende des Jahres ist bei uns keine Auftragsannahme mehr möglich“, so Obermeier. Um eine solche Spitzennachfrage zu befriedigen, musste man schon häufig Leiharbeiter aus Leihfirmen einstellen.

Ein schickes Bad: Der Münchner zahlt’s

Bei der Firma Steininger Steinmetz steigen die Aufträge schon seit 2 Jahren an

Wir arbeiten nicht auf der Schiene des Billigsten, sondern legen Wert auf Qualität und Material“, sagt Marko Steininger, Besitzer der Firma Steininger Steinmetz, die etwa hochwertige Bäder oder Tische aus Natur- und Kunststein anfertigt. In München findet er dafür passende Kunden, die mehr für Qualität bezahlen. Viele Arbeiten werden bis nach Italien geliefert. So stiegen trotz Krise die Aufträge in den letzten zwei Jahren um 30 Prozent. „Wir haben seitdem zwar vereinzelt neue Mitarbeiter eingestellt, allerdings ist es schwierig, Fachleute zu finden“, so Steininger. Aus diesem Grund mussten die 18 Mitarbeiter gerade in der letzten Zeit häufiger Überstunden machen.

Mehr Flüge – mehr Turbinen

MTU Aero Engines profitiert vom schnell wachsenden Flugverkehr

Wir waren nie so stark von der Wirtschaftskrise betroffen wie die Automobilindustrie“, sagt Odilo Mühling, Pressesprecher der MTU Aero Engines, Triebwerke-hersteller mit weltweit rund 7500 Mitarbeitern, rund 4600 davon in Karlsfeld. „Trotzdem ist der Aufschwung auch bei uns durch einen starken Anstieg an Neubestellungen zu beobachten.“ Denn der Passagier- und Frachtverkehr wächst schneller als erwartet. Im Vergleich zum Jahresende 2009 ist der Auftragsbestand heuer im ersten Halbjahr um 14 Prozent gestiegen. „Wenn Flugzeugbestellungen nach oben gehen, geht natürlich auch das Geschäft mit Turbinen nach oben“, so Mühling. Die positive Folgerung daraus ist ein Anstieg des Nettogewinns um 13 Prozent im ersten Halbjahr 2010.

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