Der Arzt, dem die Frauen vertrauten

Ist der Gynäkologe Friedrich P. (70) schuld daran, dass vier Münchnerinnen keine Kinder mehr bekommen können? Vor Gericht wollen Gutachter belegen, dass er falsch behandelt hat
MÜNCHEN Er wirkt ruhig, ja: vertrauenswürdig. Auch auf der Anklagebank macht der weißhaarige Frauenarzt Friedrich P. (70, Name geändert) einen gelassenen Eindruck.
P. muss sich wegen fahrlässiger Körperverletzung in fünf Fällen verantworten.
Doch der Mediziner scheint sich seiner Sache sicher zu sein. Immerhin hat er 35 Jahre Operationserfahrung. Gegen Ende seiner Tätigkeit aber soll der Schwabinger schwere Fehler bei der Behandlung von fünf Frauen gemacht haben (AZ berichtete).
Bei Operationen hat Friedrich P. nach Ansicht der Anklage unnötig Gewebeproben von Eierstöcken genommen. In vier Fällen soll das bei Frauen mit Kinderwunsch sogar zur Unfruchtbarkeit geführt haben. Über Sinn und Unsinn der Eingriffe entbrannte gestern ein Streit beim Auftakt des Prozesses. Dass gleich vier seiner jungen Patientinnen unfruchtbar wurden, schien Friedrich P. selber zu wundern: „Ich muss zugeben, dass ich so etwas nie zuvor gesehen habe.”
2009 hat der Gynäkologe seine Praxis aufgegeben. Nicht wegen etwaiger Kunstfehler, sondern weil er die damals geltende Altersgrenze erreicht hatte.
Zivilrechtlich endeten vier Verfahren jeweils mit einem Vergleich. Insgesamt musste die Versicherung des Arztes einen sechsstelligen Betrag an die Frauen zahlen. Vor dem Amtsgericht scheint ein Freispruch eher unwahrscheinlich. Zu eindeutig sind die Aussagen der Gutachter. So bekräftigte der Gynäkologe Joachim Martius, dass bei einer jungen Frau mit regelmäßigem Zyklus die Entnahme von Eierstock-Gewebe nur in Ausnahmefällen (Tumorverdacht) zu begründen sei – und wegen der Gefährlichkeit nicht mehr Praxis in Deutschland sei.
P. widersprach und führte als Gegenbeispiel Hamburger Kollegen an, die „wie am Fließband” ähnliche Eingriffe machten. Die Proben sollten ihm helfen zu bestimmen, was die Ursache der Eileiter-Verwachsungen bei seinen Patientinnen gewesen waren. Ein untaugliches Mittel, sagt der Gutachter. Außerdem soll Friedrich P. seine Patientinnen nur unzureichend über die OP-Risiken aufgeklärt haben.
Der Prozess wird fortgesetzt.