Denkmal für Amoklauf-Opfer in München: Für die Liebe und die Ewigkeit

Die Münchner Künstlerin Elke Härtel hat das Denkmal für die Opfer des Amoklaufs entworfen.
von  Roberta De Righi
Noch ist es verpackt: Das Mahnmal in Form eines Ringes um einen Baum in unmittelbarer Nähe des Olympia-Einkaufszentrums (OEZ).
Noch ist es verpackt: Das Mahnmal in Form eines Ringes um einen Baum in unmittelbarer Nähe des Olympia-Einkaufszentrums (OEZ). © Peter Kneffel/dpa

München - Es soll ein Ring für die Ewigkeit sein. Die Münchner Künstlerin Elke Härtel entwarf das Denkmal für die Opfer des Münchner Amoklaufes, das an diesem Samstag an der Hanauer Straße gegenüber vom Olympia-Einkaufs-Zentrum eingeweiht wird.

Sie schuf einen 2,50 Meter hohen Ring, der ein Stück weit im Boden versinkt und einen neu gepflanzten Gingko-Baum umfängt. Seine Ringkrone besteht aus neun in Smaragdform geschliffenen Elementen, die auf ihrer Innenseite die Bilder der Ermordeten tragen.

Es muss öffentliches und persönliches Gedenken ermöglichen

"Für Euch" – diese Widmung ist zugleich der Titel des Kunstwerks. "Als Schmuckstück steht der Ring für Liebe, Verbundenheit und eben für die Ewigkeit", erläutert Härtel. "In Erinnerung an alle Opfer des Amoklaufs" wurde in den Ring graviert, die Porträts der Toten werden als Lasergravuren auf sandgestrahlte Metallplatten auf der Innenseite der "Steine" aufgebracht.

Bereits am 29. Juli 2016 hatte der Stadtrat die Errichtung eines Gedenkortes angeregt. Im November schrieb das Kulturreferat den Wettbewerb aus, zu dem sieben Künstler eingeladen wurden, im Februar wurde das Ergebnis veröffentlicht.

Das Denkmal entstand also in Rekordzeit. Dabei ist es eine anspruchsvolle und höchst sensible Aufgabe, da das Memorial öffentliches und persönliches Gedenken würdevoll repräsentieren soll und zugleich der Trauer der Angehörigen gerecht werden muss.

Elke Härtel (geboren 1978), die nach einer Lehre als Holzbildhauerin bis 2007 an der Münchner Akademie – zuletzt als Meisterschülerin von Stephan Huber – studierte, zeichnet sich gleichermaßen durch handwerkliche Versiertheit und künstlerische Ausdrucksstärke aus.

Dabei ist sie bisher vor allem mit figürlichen Arbeiten aufgefallen: Gestalten, die stets fragil wirken und dennoch von einer unsichtbaren Kraft durchdrungen sind – wie die Gips-Plastik "Eloise": ein kleines Mädchen, das entschlossen den bösen Wolf würgt.

Das Thema "Märchen" beschäftigt die Künstlerin, seit sie "Eloise" für das RischArt-Projekt "Es war einmal" von 2013 schuf. Sie ist fasziniert davon, wie sehr sich Kinder von Märchen packen lassen. Wesentlich an den Geschichten sei dabei, dass die kindlichen Helden sich immer aus eigener Kraft aus ihrem Unglück befreien müssen – und das auch schaffen.

Gern und viel arbeitet sie mit Kindern, zum Beispiel in Riem

Für einen Sammler schuf sie wiederum jüngst "Rapunzel" als lebensgroße Bronzefigur, doch statt eines langen Zopfes trägt diese junge Frau mehrere überlange Zöpfe, sie sind Last und Schutz zugleich.

Sie selbst arbeitet auch gerne und viel mit Kindern, jede Woche etwa in der Kinderwerkstatt "Quax" in der Messestadt Riem oder im Atelier des einstigen Klosters Beuerberg. Und sie setzt sich immer wieder auch mit der zeitgemäßen Interpretation von Sakralskulptur auseinander, etwa 2012 für einen Altar im Kloster Attel am Inn mit der neuen Maria Immaculata. Die alte Statue von Ignaz Günther wurde ins Diözesanmuseum nach Freising verbracht.

Aber nicht alle ihre Figuren sind leise entrückt. Für das Westportal der Stadtpfarrkirche St. Martin in Landshut deutet sie den Kirchenvater Augustinus neu: Weil jener vor seinem Gelübde ein "ziemlich wildes Leben" führte, dachte sie sich ihn als eine fast barock ausladende Gestalt, die mit einer Schreibfeder in den Hintern eines Affen sticht. Die Schreibfeder steht dafür, dass er zum Gelehrten wurde; der Affe ist hier Sinnbild für die sündige, triebhafte Natur des Menschen.

Elke Härtel durchdringt die Themen, die sich ihr stellen, auf intellektueller und emotionaler Ebene, um anschließend einen neuen Bildgedanken zu formen, der immer auch über die eigentliche Darstellung hinausweist. Und ihre Bildwerke offenbaren stets ihr feines Gespür für eine eingängige, aber nie plakative Symbolik. Das kann man auch an ihrem gelungenen Entwurf von "Für Euch" erkennen.

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