Demos in München: Rauferei unter Neonazis

Während 500 Münchner friedlich gegen die Rechten demonstrieren, geraten die bei ihrer eigenen Veranstaltung handfest aneinander. Ude warnt vor einer Verharmlosung der Szene.  
von  Willi Bock

Während 500 Münchner friedlich gegen die Rechten demonstrieren, geraten die bei ihrer eigenen Veranstaltung handfest aneinander. Ude warnt vor einer Verharmlosung der Szene.

München -  Sie mögen sich nicht mal untereinander, die Hitler-Fans aus der NPD und die anderen Rechtsextremisten. Am Samstag rauften sie in München sogar in aller Öffentlichkeit. Es passierte bei der Demo gegen das geplante „ZIE-M“ (Zentrum für Islam in Europa – München). Die rechtsextremistische und von alten NPD-Kadern durchsetzte Organisation „Pro Deutschland“ hatte zu einem Demonstrationszug aufgerufen. Prompt hängte sich Münchens Ober-Neonazi und Stadtrat Karl Richter mit seinen Kameradschaftskumpels dran: Man kenne sich ja aus gemeinsamen Tagen bei NPD und Republikanern. Doch „Pro Deutschland“ wollte mit denen nicht marschieren. Der Streit eskalierte. Demo-Anführer Lars Seidensticker ging mit ein paar anderen auf die NPDler los. „Der ist körperlich tätlich geworden“, berichtet Richter. Auch eine Fahnenstange sei im Spiel gewesen. Die Polizei nahm Seidensticker und einen weiteren Rechten vorläufig fest.

So viel Aufhebens für knapp 30 Neonazis? Rund 20 von „Pro Deutschland“ und etwa zehn von der NPD – beim Umzug von der Polizei getrennt. Dagegen standen rund 500 Demonstranten, die ihnen am Goetheplatz und am Sendlinger Tor mit „München ist bunt“ die Stirn boten: SPD, CSU, Grüne, FDP, ÖDP, Piraten, Katholiken, Protestanten, Juden und Muslime – alle dabei.

Der Aufmarsch zeigt dennoch, dass braunes Gedankengut auch außerhalb der NPD verbreitet ist: Die rechtsextreme „Pro Deutschland“ versucht krampfhaft, nicht erkannt zu werden. Dabei wird sie als verfassungsfeindlich eingestuft. Viele Aktivisten haben eine NPD-Karriere hinter sich. Wie Parteichef Manfred Rouhs, der mitmarschierte. Es war unheimlich mit anzuhören, als ausgerechnet die Pro-Deutschland-Extremisten die alten Kameraden um Karl Richter mit „Nazis raus“ anbrüllten. Oder „Die Freiheit“: Die sammelte in der City Unterschriften gegen das ZIE-M. Chef in Bayern: der ehemalige Pressesprecher der Münchner CSU, Michael Stürzenberger. Der Radikale verbreitet über seine Anti-Islam-Organisation aggressive Thesen.

OB Christian Ude warnt daher vor einer Verharmlosung der Szene: Wenn die Rechtsextremen bei der Stadtratswahl 2008 nicht zerstritten gewesen wären, säßen heute zwei bis drei Neonazis im Stadtrat. Dann bekämen die Thesen eines Karl Richter „sogar Applaus – das wäre unerträglich“. Ude warnt auch davor, mit dem Begriff „Rechtspopulismus“ die Szene zu verharmlosen und Neonazis zu tarnen. „Wer Minderheitenhetze betreibt, ist ein Repräsentant des braunen Sumpfes, der sich nicht mehr breitmachen darf.“ Die erschütternden Erkenntnisse über die NSU-Morde zeigten, dass man genau hinschauen müsse. 

 

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