Demos gegen die Siko so "friedlich wie nie"

2000 Menschen demonstrieren gegen die Sicherheitskonferenz – am Ende ist sogar die Polizei hochzufrieden
Von Nina Job |
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Eugen Drewermann als Redner auf dem Marienplatz.
Petra Schramek 6 Eugen Drewermann als Redner auf dem Marienplatz.
„Frieden ist nicht selbstverständlich“, mahnt Lisa Fitz.
Petra Schramek 6 „Frieden ist nicht selbstverständlich“, mahnt Lisa Fitz.
„Macht Liebe wieder groß“, eine Demonstrantin am Stachus.
dpa 6 „Macht Liebe wieder groß“, eine Demonstrantin am Stachus.
Am Lenbachplatz: Die Demonstranten warten auf Mitstreiter.
dpa 6 Am Lenbachplatz: Die Demonstranten warten auf Mitstreiter.
„Nato in die Tonne!“ – eine Aktion am Marienplatz.
Petra Schramek 6 „Nato in die Tonne!“ – eine Aktion am Marienplatz.
Am Marienplatz versammeln sich knapp 2000 Demonstranten, um gegen die Sicherheitskonferenz zu demonstrieren.
Petra Schramek 6 Am Marienplatz versammeln sich knapp 2000 Demonstranten, um gegen die Sicherheitskonferenz zu demonstrieren.

Mit Arthrose im Kniegelenk stundenlang durch München zu ziehen, geht schlecht. Deshalb ist Hartmut Berneder mit seinem Klapprad gekommen. „Post – Fakten – Pack“, steht auf einem Schild, das er mit einem Besenstil am Fahrradlenker befestigt hat. Der 78-Jährige aus Stuttgart umrundet die wartenden Demonstranten am Lenbachplatz – damit er bei der Kälte nicht zu sehr friert. Es ist bereits seine fünfte Gegendemo gegen die Sicherheitskonferenz (Siko) in München.

Schon seit einer halben Stunde treten die rund 1500 Demonstranten auf der Stelle. Sind sind in Sichtweite des hermetisch abgeriegelten Luxushotels Bayerischer Hof. Hier tagen die hochrangigen Politiker, Militärs und Rüstungsexperten aus aller Welt. Gäste der 53. Sicherheitskonferenz sind unter anderem US-Vize Mike Pence, Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel, der russische Außenminister Sergej Lawrow, US-Senator John McCain, der israelische Verteidigungsminister Avigdor Liebermann, Petro Poroschenko, Präsident der Ukraine, und der türkische Ministerpräsident Binali Yildirim.

Lesen Sie hier: Menschen rund um die Siko - Verwaiste Geschäfte und eine 34-Stunden-Streife

Die Konferenzteilnehmer werden von dem Protest so gut wie nichts mitbekommen. „Abrüsten!“ , steht auf einem riesigen Plakat mit einem gemalten Atompilz, „Schluss mit der militärischen Mobilmachung gegen Russland“ auf einem anderen. Eine ältere Frau trägt ein Schild auf ihrem Rücken: „Deutschland – die Nr. 3 im Waffen-Export.

Etwa 1500 Demonstranten sind dem Aufruf des Aktionsbündnisses gegen die Nato-„Sicherheitskonferenz“ gefolgt. Sie wollen den Tagungsort „umzingeln“. Doch nun warten sie auf einen „Bus aus Nürnberg“, der angeblich von der Polizei aufgehalten worden ist. Es ist der einzige Zwischenfall.

Touristen bestaunen die Demonstranten

Rund um die Siko sind 4000 Polizisten im Einsatz. Allein 600 begleiten den Demo-Zug – rein rechnerisch kommt ein Beamter auf drei Versammlungsteilnehmer.

Die Polizisten haben wenig zu tun. Nur in den Fünf Höfen kommt es zu einer Rangelei. 20 bis 30 Demonstranten sind zu spät gekommen. Die jungen Leute wollen abkürzen – ausgerechnet über den Promenadeplatz, das „Sperrgebiet“.

Die Polizisten wollen die Ausweise sehen, die Demonstranten wollen sich nicht kontrollieren lassen. Sie haken einander unter. Schließlich werden sie einzeln abgeführt zur Personalienfeststellung. Einer wird festgenommen. Die Polizei hat ihn schon gesucht, er soll im Herbst bei einer anderen Demo Steine geworfen haben.

Schließlich setzt sich der Zug wieder in Bewegung. An der Spitze heulen 15 Motorräder auf. Sie nennen sich „Motorista Antifascista – Kuhle Wampe“. Wir sind der einzige linke Motorradclub Europas“, erklärt ein grauhaariger Mann mit roter Fahne einem verwunderten Passanten.

Der Maximiliansplatz ist für Autos komplett gesperrt. Eine türkische Delegation in gepanzerten schwarzen Limousinen, muss am Club „Pacha“ einen Zwangsstopp einlegen. Die Männer schauen irritiert.

Bilder aus München: Abgedunkelte Limousinen, Polizei, Absperrungen - Siko überall

Die Demonstranten ziehen zum Platz der Opfer des Nationalsozialismus. Viele Ältere sind darunter, aber auch junge Eltern mit Kleinkindern und ein paar Flüchtlinge. Etwa 200 Teilnehmer rechnet die Polizei dem „schwarzen Block“ zu, gewaltbereiten Linksextremen.

Am Odeonsplatz biegen die Demonstranten in die Residenzstraße. Die Altstadt ist voll. Erstaunt bleiben Touristen mit riesigen Einkaufstüten von Prada und Louis Vuitton stehen. Verkäufer stehen an den Ladentüren.

Ein paar Konfettikanonen werden abgeschossen, auch Seitentransparente werden vereinzelt miteinander verknotet. Alles verboten, doch die Polizei greift nicht ein. „Wir haben Augenmaß walten lassen“, sagt Polizeipressesprecher da Gloria Martins.

Am Marienplatz versammeln sich die Teilnehmer zur Schlusskundgebung. Fast 2000 Siko-Gegner sind es jetzt. Nicht die erwarteten 4000, aber immerhin. Die Polizei ist hochzufrieden. „Es war so friedlich wie nie“, bilanziert da Gloria Martins.

Während die Redner, darunter der Theologe Eugen Drewermann und die Kabarettistin Lisa Fitz, sprechen, herrscht in den Geschäften reger Betrieb. In diesem Jahr hat die Siko mit ihrem ganzen Drumherum offensichtlich keine abschreckende Wirkung auf Einkaufsbummler. Eine Geschäftsfrau: „Heute war’s fast so voll wie vor Weihnachten.“

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