Demo in München gegen das Polizeiaufgabengesetz: "Fünf Jahre sind genug"

Für Sonntag rufen Gegner des Polizeiaufgabengesetzes (PAG) zur Großdemonstration in München auf. Vor fünf Jahren protestierten bereits Zehntausende gegen das Gesetz.
von  Tobias Lill
Bayerische Bereitschaftspolizisten.  Foto: dpa
Bayerische Bereitschaftspolizisten. Foto: dpa © dpa

München - Kaum ein Gesetz hat so viele Bayern auf die Straße getrieben wie das Polizeiaufgabengesetz. Zehntausende Menschen protestierten vor fünf Jahren in München gegen das PAG. Selbst zur Biergartenrevolution 1995 kamen nicht so viele Menschen.

Demonstration in München gegen das PAG: Auch Verdi und die Linke sind dabei

Das Gesetz, in dem manche gar das Abgleiten in einen totalitären Überwachungsstaat fürchteten, wurde in der Folge zwar abgeschwächt. Viele Juristen halten das Gesetz jedoch noch immer für verfassungswidrig – auch die Aktivisten von NoPAG lehnen es ab.

Sie rufen für Sonntag, den 18. Juni um 11 Uhr, zur Demonstration gegen das PAG auf. Dem Bündnis gehören Parteien und Gewerkschaften wie etwa Verdi oder die Linke an. Motto der Veranstaltung: "Fünf Jahre sind genug."

2018 demonstrieren Zehntausende in München gegen das PAG.  dpa
2018 demonstrieren Zehntausende in München gegen das PAG. dpa © dpa

Nirgendwo in der Republik haben die Sicherheitskräfte so enorme Machtbefugnisse wie im Freistaat. Dank des PAG kann die Polizei jemanden prophylaktisch längere Zeit in Gewahrsam nehmen, nur weil Beamte glauben, diese Person könne eine "Ordnungswidrigkeit von erheblicher Bedeutung für die Allgemeinheit oder eine Straftat verhindern".

Protest gegen das PAG: Asylsuchende und Klimaaktivisten trifft die Präventivhaft

Nach einem Tag muss ein Richter zustimmen. Theoretisch kann dieser nach 30 Tagen die Präventivhaft aber sogar auf bis zu zwei Monate verlängern. Neben Asylsuchenden traf es bislang vor allem Klimaaktivisten, zuletzt insbesondere aus den Reihen der Letzten Generation. Stets argumentierten die Sicherheitsbehörden mit angeblicher Wiederholungsgefahr.

NoPAG-Vertreter Jörg Jovy spricht von "politischen Einschüchterungsversuchen". Die Organisation schätzt die Zahl der von der Präventivhaft betroffenen Klimaschützer auf AZ-Anfrage "auf mindestens 20". Das Bündnis fordert die Abschaffung der Präventivhaft. NoPAG verweist auch darauf, dass die Präventivhaft von bayerischen Gerichten bereits mehrfach als unverhältnismäßig abgelehnt worden sei.

Bayerische Polizei kann präventiv Telefone abhören, Chat-Verläufe oder Post lesen

Die Klimaaktivistin Helena Wagner beklagt "eine zunehmende Kriminalisierung der Proteste". Sie vermutet sogar, dass die Polizei Chatverläufe der Klimaaktivisten mitlese.

Bayerns Polizei kann laut PAG bereits bei "drohender Gefahr" und nicht wie vor der Novellierung erst "bei konkreter Gefahr" tätig werden. Die Beamten können so präventiv Telefone abhören, Chat-Verläufe oder die Post eines möglichen Straftäters mitlesen, wenn sie glauben, jemand werde bald straffällig. "Vergleichbare Regelungen im Polizeirecht von Mecklenburg-Vorpommern hat das Bundesverfassungsgericht 2022 für verfassungswidrig erklärt", sagt Jovy.

Ist das PAG verfassungswidrig? Der Gerichtshof verkündet am Mittwoch das Urteil

Diesen Mittwoch will der bayerische Verfassungsgerichtshof (VGH) ein Urteil zur Verfassungsmäßigkeit des PAG verkünden. Beim DGB gibt es derweil Diskussionen um die NoPAG-Demo und die Unterstützung der Bewegung durch Verdi.

NoPAG hat seine Pressekonferenz im DGB-Haus veranstaltet. Derlei Proteste seien nicht die Aufgabe des DGB, heißt es aus Kreisen der Gewerkschaft der Polizei. GdP-Landeschef Peter Pytlik sagt auf AZ-Anfrage: "Wir halten das PAG für gut."

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