Delikatesse Trüffel: Das Kilo für 4500 Euro

Die Trüffelsaison ist eröffnet: Ob Feinschmecker-Tempel in New York oder Hongkong – die besten duftenden Knollen liefert der Münchner Jurist Stephan Burger aus Obersendling
Der Kofferraum könnte Feinschmecker ins Deli-rium versetzen. In blauen Kühlboxen liegen sie da, die so unscheinbaren Knollen, die als „Diamanten der Küche“ gelten: hellbraun und schwarz sind sie, die einen so groß wie eine Walnuss, die anderen wie ein Tennisball. Stephan Burger hebt nur leicht den Deckel einer Box, und sogleich strömt er einem entgegen, dieser betörende Geruch. Der Duft von Trüffel.
Um die zwölf Kilo sind diesmal im Kofferraum. Eine mehr als kostbare Ladung. Der Verkaufswert: rund 40000 Euro. Für all jene, die nicht wissen, was sie da Begehrtes vor sich haben, kaum vorstellbar – beim Anblick der äußerlich wenig appetitlichen Schlauchpilze. Zusammen mit Beluga-Kaviar zählen die weißen Alba-Trüffel, auch Tuber magnatum pico genannt, zu den teuersten Lebensmitteln. „Derzeit liegt der Verkaufspreis bei 2500 bis 4500 Euro pro Kilo“, sagt Trüffelexperte Stephan Burger: „7000 Euro können’s beim Alba-Trüffel schon auch mal sein.“ Da mutet der Preis für die schwarzen Sommertrüffel, die aus ihrer Box nur mäßig herausduften, geradezu als Schnäppchen an: Um die 600 Euro kostet zur-zeit das Kilo.
Am 1. Oktober wurde die Trüffelsaison 2009 eröffnet, und jetzt zieht es Stephan Burger wieder allwöchentlich von München ins Piemont und in die Emilia-Romagna. „Heuer gab es im Sommer viel Regen. Das könnte ein gutes Trüffeljahr werden!" Schlafdefizite sind vorprogrammiert. Nicht selten ist Burger in der Woche mehr als 2000 Kilometern unterwegs, von einem Anbieter zum nächsten – auf der Suche nach den besten Knollen, die meist von Trüffelhunden in einer Tiefe von einem bis zu 50 Zentimetern unter der Erde aufgespürt werden.
„Qualität ist das A und O. Die Trüffel muss perfekt sein, fest und gut riechen. Fehler sind teuer", sagt der Experte. Und so nimmt Stephan Burger nach wie vor jede Knolle selbst in Augenschein, obwohl der Münchner Jurist längst Europas größter Trüffel-Importeur ist. Zwei Drittel seiner Ware wird innerhalb Europas verkauft, ein Drittel geht nach Asien und in die USA. „Morgens kommen die Trüffel in den Flieger und schon abends in New York oder Hongkong auf den Tisch."
Vom deutschen Markt allein könnte Burgers Firma „La Bilancia" nicht bestehen. „Spitzenpreise werden in Deutschland nur von ganz wenigen Gastronomen bezahlt, völlig anders als in Frankreich.“ So beziehen die größten Pariser Gourmet-Tempel und deren gefeierte Sterneköche ihre Trüffel von „La Bilancia" aus München-Obersendling. Burger beliefert beispielsweise Alain Ducasse im Plaza Athénée und Bernard Pacauds L'Ambroisie. „Pro Lokal sind manchmal zwei Kilo Trüffel in drei Tagen weg. Im L’Ambroisie gibt’s kein Trüffelgericht unter 150 Euro."
In München gehören die Sterne-Lokale Tantris, Dallmayr oder Königshof zu Burgers Kunden. Während diese erst kommende Woche die Trüffelsaison eröffnen, werden in der Käfer-Schänke schon Knollen gehobelt. Für 8,50 Euro gibt's ein Gramm über Tagliatelle oder Rahmspinat mit Spiegelei (je zwölf Euro). Die meisten Gäste entscheiden sich für zwei bis drei Gramm, manche auch für sechs bis acht, was die Nudeln 63 bis 80 Euro kosten lässt.
Wer lieber daheim Trüffel genießen mag, muss kein großes Exemplar erstehen. „Die Größe hat auf die Qualität keinen Einfluss, nur auf die Halt-barkeit“, sagt Burger: „Vom Finden bis zum Verspeisen sollte am Anfang der Saison, wenn die Trüffel sehr fragil sind, nur eine Woche Zeit vergehen.“ Licht und Wärme schaden den Pilzen und lassen sie nachreifen. Zum Aufbewahren empfiehlt es sich, sie einzeln in Küchenpapier einzuwickeln und bei ein bis zwei Grad in den Kühlschrank zu geben.
Sternekoch Martin Fauster vom Königshof, der sich für die AZ-Leser ein raffiniertes Trüffelgericht ausgedacht hat (siehe links), verrät noch einen besonderen Tipp: „Frische Eier mit einem Trüffel in einem verschließbaren Gefäß in den Kühlschrank stellen. So nehmen die Eier den Trüffelgeschmack an.“ Und dafür reicht auch eine Mini-Knolle, für die man kein Vermögen hinblättern muss.
Annette Baronikians