Defekter Atem-Schlauch: Patient fällt ins Wachkoma
Kunstfehler oder Unglück? Weil ein Beatmungsschlauch auf der Intensivstation des Münchner Uni-Krankenhauses nicht funktionierte, bekam Aydin A. 17 Minuten nicht genügend Luft und fiel ins Koma
MÜNCHEN Aydin A. litt an einem eitrigen Spritzenabszess. Der sollte entfernt werden. Doch der Eingriff ging im Fall des damals 53-jährigen Münchners fürchterlich schief. Weil ein Beatmungsschlauch auf der Intensivstation des Münchner Uni-Krankenhauses nicht funktionierte, bekam Aydin A. 17 Minuten nicht genügend Luft und fiel ins Koma. Die Familie von Aydin A. hat am Landgericht München Ärzte und Krankenhaus verklagt.
4. Mai 2000, kurz nach 9Uhr: Der Defekt des Beatmungsschlauches wird bemerkt. Da der Stationsarzt nicht da ist, versuchen zwei Ärzte im Praktikum den Fehler zu beheben - und scheitern. Auch dem wenige Minuten später eintreffenden Stationsarzt gelingt es zunächst nicht, einen neuen Schlauch zu legen. Bis das Herznotfall-Team die Station erreicht und die Sauerstoffzufuhr wieder in Ordnung bringt, vergehen so 17 Minuten. 10 Minuten ohne Sauerstoff aber reichen schon, um einen irreversiblen Hirnschaden zu verursachen. Aydin A., technischer Angestellter bei der Bahn, ist seither im Wachkoma – ein Pflegefall.
„Sein Leben ist kaputt, mein Leben ist kaputt“, klagt Esen A. (57). Ihren Beruf musste die Montiererin dafür aufgeben, erklärt sie bitter. Die Pflege ihres Mannes nimmt sie völlig in Anspruch. 2007 hat sie im Namen ihres Mannes die Klage gegen Klinik und Ärzte angestrengt. 300000 Euro Schmerzensgeld, 50000 Euro Schadenersatz und die Feststellung, dass die Verantwortlichen für die Pflegekosten aufkommen müssen, verlangt Anwalt Harald Schauer für seinen Mandanten.
Die Gutachterin aus Lübeck kann aber keine Fehler entdecken. Weder in der Organisation des Krankenhauses, noch im Verhalten der Ärzte im Praktikum, die den defekten Schlauch nicht sofort herauszogen. Dass angehende Ärzte nichts tun, weil sie noch keine Erfahrung haben sei normal. Außerdem sei es Klinik-Alltag, dass nicht jede Intensivstation rund um die Uhr mit approbierten Ärzten besetzt ist.
Esen A. setzt nun ihr Vertrauen auf den Gegengutachter, der sehr wohl gravierende Fehler erkannt hat. Auch wenn das Gericht gegen Aydin A. entscheidet, will seine Frau nicht aufgeben: „Ich kämpfe weiter.“ John Schneider
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