Deckung: Ein Hochhaus fliegt in die Luft

Es wird der Knaller des Jahres: Mit 150 Kilo Spezialsprengstoff wird Sprengmeister Eduard Reisch am Sonntag das Agfa-Hochhaus an der Tegernseer Landstraße in die Luft jagen.
MÜNCHEN Der Mittlere Ring wird gesperrt; Ganz Giesing geht in Deckung, wenn „Krater-Edi“ aufs Knöpfchen drückt und der 52-Meter-Koloss in einer gewaltigen Staubwolke versinkt.
Ein langer Sirenenheulton, dann zwei kurze – das Signal für die Sprengung. Am Sonntag um Punkt 12 Uhr soll sich das Agfa-Hochhaus elegant zur Seite drehen und schließlich in eine vorbereitete Auffanggrube rutschen. So sieht es jedenfalls der Plan von Sprengmeister Edi Reisch vor. Zehn Sekunden, so schätzt er, wird das Spektakel dauern. Immer vorausgesetzt, es läuft alles wie am (Spreng)-Schnürchen.
Ein halbes Jahr Vorbereitungen
850 Sprenglöcher haben Reisch und seine Helfer ins Agfa-Hochhaus gebohrt. Seit sechs Monaten laufen die Vorbereitungen. Einige böse Überraschungen erlebte das Team dabei. „Es wurde deutlich mehr Stahl verbaut“, erzählt Krater-Edi, „als wir annahmen.“ Außerdem stieß er auf Rohrleitungen, die in keinem Bauplan verzeichnet sind. „Sprengungen sind ein sehr komplexer Sachverhalt“, erklärt der 47-Jährige, „zu 99 Prozent sind sie erfolgreich. Wir haben bei den Vorbereitungen alles getan, was möglich war. Aber 100 Prozent – das geht halt nicht.“
Nicht ganz nach Plan
Diese Erfahrung musste Krater-Edi schon des öfteren machen. Beispielsweise als er 2003 den Turm des Heizkraftwerks an der Cincinnatistraße flach legte. Der 60-Meter-Riese plumpste zur Seite und demolierte dabei die Fassade des Heizkraftwerks.
Nicht ganz nach Plan verlief auch jene Sprengung, der Krater-Edi seinen Spitznamen verdankt: Im März 1995 zündete er nahe Andechs eine Sprengladung. Ein Biotop sollte entstehen, doch weil niemand vorab informiert war, hielten alle den Krater zunächst für einen Meteoriteneinschlag.
400 Wohnungen werden geräumt
Beim Agfa-Hochhaus soll aber alles glatt laufen. Im Umkreis von 200 Metern wird eine Sicherheitszone errichtet. Polizisten passen auf, dass sich niemand heimlich dort herumtreibt. In der innersten Zone müssen am Sonntag bis spätestens 9 Uhr 400 Wohnungen geräumt sein. Für die Betreffenden haben Helfer in den Sporthallen an der Frohmund- und Weißensee-Schule Notquartiere eingerichtet.
Im äußeren Absperrungsring, der sich von der Ringfried- bis zur Untersbergstraße erstreckt, dürfen die Bewohner in ihren Häusern bleiben, „sie müssen aber Türen und Fenster schließen“, betont Polizeisprecher Wolfgang Wenger. Ab elf Uhr wird auch der Mittlere Ring gesperrt, alle Autos umgeleitet.
Platz für einen Gewerbe- und Wohnpark
Sobald sich der Staub der Explosion gelegt hat und fest steht, dass alles glatt gelaufen ist, werden die Absperrungen aufgehoben. Ab Montag rücken Lastwagen an, um 15000 Tonnen Bauschutt abzutransportieren und Platz zu schaffen.
Ralph Hub