Debatte um zweite Stammstrecke: CSU sieht Ampel-Koalition in der Pflicht

Es ist der regelmäßige Verkehrsinfarkt in Südbayern: Hunderttausende S-Bahn-Pendler leiden unter Ausfällen auf Münchens Stammstrecke. Und auf der Autobahn nach Österreich stecken Lastwagen in kilometerlangen Staus fest. Für die CSU ist klar, wer hier seine Hausaufgaben nicht macht.
AZ/dpa |
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Blick auf eine Baustelle der zweiten S-Bahn Stammstrecke am Marienhof.
Blick auf eine Baustelle der zweiten S-Bahn Stammstrecke am Marienhof. © imago images/Wolfgang Maria Weber

München - Die CSU wirft der Bundesregierung vor, Bayern bei zentralen Verkehrsprojekten im Stich zu lassen. Angesichts der Kostenexplosion und jahrelangen Verzögerung bei der zweiten Münchner S-Bahn-Röhre fordert sie von Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) offiziell Klarheit bei dem Projekt.

"Es braucht endlich eine deutliche Aussage", sagte CSU-Generalsekretär Martin Huber der Deutschen Presse-Agentur in München. "Der Bundesverkehrsminister persönlich muss ein klares Bekenntnis zur zweiten Stammstrecke ablegen."

Das Milliarden-Projekt sei für den Großraum München und für Pendler aus ganz Südbayern von großer Bedeutung, sagte Huber. "Bund und Land haben sich gemeinsam dazu bekannt, dass die zweite Stammstrecke kommen soll."

Erst kürzlich war bekannt geworden, dass der Freistaat von einer Kostensteigerung auf bis zu 7,2 Milliarden Euro statt zuletzt 3,85 Milliarden ausgeht. Der Start der zweiten zentralen S-Bahn-Strecke durch die Münchner Innenstadt könnte sich demnach um fast zehn Jahre von 2028 auf 2037 verzögern.

Der Streit um die Finanzierungsvereinbarung mit dem Bund geht hin und her. Entgegen erster Aussagen aus Berlin will sich der Bund an den sich abzeichnenden Mehrkosten für die zweite S-Bahn-Stammstrecke nun doch beteiligen. So steht es in einem Schreiben von Michael Theurer (FDP), Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, an den Verkehrsausschuss des Bundestages, das der dpa vorliegt.

Martin Huber: "Wir erwarten ein klares Bekenntnis des Bundes zur zweiten Stammstrecke"

CSU-Generalsekretär Huber kritisiert die unterschiedlichen Aussagen: "Erst will das Verkehrsministerium die Kosten abschieben, dann erklärt es sich doch bereit, seine Finanzierungszusagen einzuhalten." Huber sieht daher Wissing persönlich in der Pflicht. "Wir erwarten ein klares Bekenntnis des Bundes zur zweiten Stammstrecke."

CSU-Generalsekretär Martin Huber: "Der Bund muss seiner Verantwortung gerecht werden." (Archivbild)
CSU-Generalsekretär Martin Huber: "Der Bund muss seiner Verantwortung gerecht werden." (Archivbild) © Peter Kneffel/dpa/Archivbild

Huber forderte zudem: "Bund und Bahn müssen auch erklären, wo die Kostensteigerungen herkommen." Der Bau ist ein Gemeinschaftsprojekt unter anderem der Deutschen Bahn, des Freistaats, der Stadt München und des Bundes. Die Stammstrecke ist die meistbefahrene Bahnstrecke Europas mit unter der Woche rund 840.000 S-Bahn-Fahrgästen pro Tag vom Ammersee im Süden bis Freising im Norden Münchens. Wegen ständiger Ausfälle und Verspätungen soll die zweite Tunnelröhre gebaut werden.

Scharf kritisierte der CSU-Generalsekretär, dass vor gut einer Woche kurzfristig ein Treffen mit Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) abgesagt wurde. "Dieses Auftreten ist arrogant gegenüber dem Freistaat und den Menschen, die auf eine Umsetzung der zweiten Stammstrecke warten", sagte Huber.

Ärger gibt es auch im Dauerstreit um den Lastwagenverkehr von Bayern über das Inntal und den Brenner nach Italien. Die CSU wirft der Bundesregierung hier ebenfalls Verantwortungslosigkeit vor. "Die Menschen in Bayern werden auch an dieser Stelle von der Ampel alleine gelassen", kritisierte Huber. "Eine Ampel regelt eigentlich den Verkehr. Diese Ampelregierung blockiert den Verkehr."

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Die Inntalroute ist eine der wichtigsten Nord-Süd-Achsen in Europa. Aus Protest und als Maßnahme gegen die Belastung der Inntalautobahn beschränkt Tirol seit Jahren immer wieder die Einreise für Lastwagen. In diesem Jahr gab es die Blockabfertigung an rund 40 Tagen. Das führt regelmäßig zu Staus bis ins Münchner Umland.

Huber: "Wir wollen eine Süd-Maut für die gesamte Brennerroute"

Huber forderte: "Wir erwarten, dass der Bund endlich Druck macht in Brüssel und Wien: Mit Verhandlungen und Gesprächen, indem er auf ein Vertragsverletzungsverfahren der EU-Kommission drängt und notfalls mit einer eigenen Klage."

Der CSU-Politiker bekräftigte: "Wir wollen eine Süd-Maut für die gesamte Brennerroute, um den Verkehr weiträumig umzulenken - unterstützt von Tirol und Südtirol. Auch das stößt aber in Berlin und Brüssel auf taube Ohren." Huber rief die Koalition auf: "Der Bund muss seiner Verantwortung gerecht werden."

Bayerns Ministerpräsident Söder (CSU) hatte in dem Verkehrsstreit kürzlich Gegenaktionen angekündigt: Auch im Freistaat solle es auf der Strecke Auflagen geben. An Tagen mit Blockabfertigung fordert Söder Abfahrverbote für Lkw von Autobahnen in der Region und Fahrverbote auf Landstraßen - das geht aber nicht ohne den Bund.

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  • doket am 11.07.2022 10:14 Uhr / Bewertung:

    Die CSU stellt durchgehend seit 2009 den Bundesverkehrsminister und gibt die Schuld am derzeitigen Chaos allerorten, einer Regierung die gerade einmal ein halbes Jahr im Amt ist. Das ist doch ein Witz. Herr Huber könnte direkt bei seinen Parteikollegen in Erfahrung bringen, warum es solche Probleme gibt, wenn er denn wirklich wollte.

  • Voorentief am 10.07.2022 14:57 Uhr / Bewertung:

    Als wenn unter einer Grün-Roten Regierung alles besser laufen würde. Es gibt genügend Beispiele in Deutschland, wie chaotische diese Truppe ist.

  • Mobilitätsfreund am 11.07.2022 08:12 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Voorentief

    Ja, es würde besser laufen. In Baden-Württemberg wird ein vorbildliches ÖPNV Netzwerk aufgebaut und die dortige Staatsregierung lässt sich von Verkehrsexperten beraten; Strecken reaktivieren und notwendige ergänzungen für einen besseren Schienenverkehr bauen.
    Bayern ist beim ÖPNV im Bundesländervergleich auf Platz 15 von 16 und bald auf Platz 16 von 16.
    Eingleisige Dieseltrecken und maorode Strecken; Streckenstilllegung und bekämpfung von Streckenreaktivierungen zeichnen Bayern aus.

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