"Das Urteil ist ein Skandal": Freispruch für Stalker

MÜNCHEN - Die Münchnerin Gabi P. (47) ist Stalker-Opfer und kann es nicht glauben, was das Amtsgericht für ein Urteil fällt. Es sprach den zwanzigfach vorbestraften Täter frei: es bestünden Restzweifel an der Anklage.
„Ich bin entsetzt. Das Urteil ist ein Skandal.“ Gabi P. (47) ist resigniert. Ihr ehemaliger Nachbar Hans R. (63) hat sie laut Anklage über Wochen verfolgt und wollte Sex. Sie erlitt einen Nervenzusammenbruch, war vier Monate stationär in psychiatrischer Behandlung. Das Amtsgericht sprach den Angeklagten vom Stalking-Vorwurf frei. Richter Matthias Braumandl in seiner Urteilsbegründung: „Ich glaube zwar dem Opfer mehr. Aber ich habe Restzweifel. Im Rechtsstaat ist es so, dass man sich bei einer Verurteilung sicher sein muss.“14. September 2009: Gabi P. zog nach Laim in den Kiem-Pauli-Weg. „Herr R. wohnte neben mir im zweiten Stock. Zunächst war er sehr hilfsbereit. Er half mir beim Umzug, richtete mein Telefon ein, wollte mir einen TV-Receiver schenken und ein Loch durch die Wand bohren, damit ich wie er 1500 TV-Programme kriege.“ Gabi P. lehnte ab. „Ich sagte, dass er ein netter Nachbar wäre. Aber ich wollte keine Geschenke.“
Sieben Mal war die Polizei da
Die Stimmung kippte. Hans R. soll deutlich geworden sein. „Er klingelte bei mir, sagte: ,Frau Nachbarin, ein bisserl Sex geht immer’“, so Gabi P., die jeden Kontakt vermied. Laut Anklage hämmerte Hans R. in der Nacht zum 17. September gegen Tür und Wand, schrie: „Pack deinen Krempel und hau ab.“ In den folgenden Nächten dreht er Musik und Fernseher voll auf. Sieben Mal war die Polizei da. Am 30. September kam Gabi P. mit einem Nervenzusammenbruch in die Klinik. Diagnose: ängstliches Syndrom im Zusammenhang mit dem neuen Nachbarn.
Wichtig sind Zeugen
Der zwanzigfach vorbestrafte Hans R. streitet alles ab. Zwei Nachbarn, mit denen er seit Jahren befreundet ist, haben zwar „Lärm“ gehört: „Sonst nichts.“ Die Polizisten wurden nicht als Zeugen geladen. Gabi P. ist weggezogen. „Wie kann man sich gegen solche Menschen wehren?“ Wichtig ist ein Zeuge, der die Vorfälle später vor Gericht bestätigen kann. Der Fall muss mit Datum und Uhrzeit dokumentiert werden. Per Handy ein Video aufnehmen! Mit Videos wurden auch die U-Bahnschläger überführt. Und: Polizei einschalten.
th