Das Ude-Beben - Nach dem Freisinger Hexenkessel
München - Christian Udes Auftritt im Freisinger Hexenkessel: Bei der Podiumsdiskussion zum Fughafenausbau kannten die Gegner für ihn kein Pardon. Für den erfolgsverwöhnten OB ein heißer Abend, der für Verwunderung sorgt – und ein Beben.
Im Gespräch mit der AZ verteidigt Ude seinen Auftritt: „Ich erlebe auf jeder Bürgerversammlung, wo es eine Erregung gibt, dass der örtliche Repräsentant abgewatscht wird.“ Das sei in Fröttmaning wegen der Arena so gewesen, in Sendling mit der Moschee auch.
Musste er die Bürger so hart angehen? „Ich hatte etwas in Erinnerung gerufen, was so alt wie die Geschichte der Autobahnen und Flughäfen ist: Dass die Politik nicht jedem die Heimat erhalten kann.“ In den neuen Ländern könne man „seit 20 Jahren mit dem millionenfachen Wegzug erleben, was Infrastrukturschwäche bedeutet“. Ude: „Ich habe darauf hingewiesen, dass das Unterlassen von Infrastruktur nicht die Heimat sichert.“ Darum sei es „keine Schande, sondern eine Notwendigkeit, die Region zu stärken“.
Nur ein „Scharlatan könne versprechen“, dass das keine Opfer fordere. „Es müsste kein Enteignungsrecht geben, wenn nicht manchmal ein Einzelschicksal unter sorgfältigster Abwägung zurücktreten muss.“
Ude weiter: Es sei eine Veranstaltung gewesen, „bei der ein Projekt auf den härtesten Widerstand stößt – ein Treffen der Gegner“.
Ude hat aber nicht nur gegen die Gegner gegiftet, er weist seit Wochen auch die Grünen zurecht. „Ich bin mit der Mehrheit in Deutschland der Meinung, dass die Grünen nicht den Kampf gegen Großprojekte zum Dogma machen sollten.“ In Baden-Württemberg beim Stuttgarter Bahnhof, in Rheinland-Pfalz gegen eine Autobahnbrücke, in München gegen den zweiten S-Bahntunnel und in Freising gegen die dritte Startbahn.
Hat er mit den beiden Attacken seinen Start als Spitzenkandidat der SPD für die Landtagswahl 2013 nicht schon verstolpert? „Ich bin zufrieden mit dem Start.“
Kopfschütteln bei Münchens CSU-Chef Ludwig Spaenle: „Ich bin in der Politik viel gewohnt, aber ich bin über diesen Stil schockiert.“ Die Menschen in Bayern ließen sich „nicht in Fußvolk und Tonangeber unterscheiden“. Und man müsse hier die Menschen „überzeugen, die Angst um ihre Heimat haben“.
Wenn man so vorgehe, bekomme man bei Großprojekten Probleme. Bei der Finanzdebatte um die zweite Stammstrecke habe Ude das Angebot des Freistaats (dass die Stadt 300 Millionen Euro vorfinanzieren soll) „mit einer schroffen Handbewegung vom Tisch gewischt. Das ist sein persönlicher Wahlkampf“.
Der Rathaus-Liberale Michael Mattar sieht Zeichen der Endzeit: „Für Ude ist es ein neues Erlebnis, dass er etwas kritischer angegangen wird. Sein Königtum geht zu Ende, da muss er sich neu darauf einstellen, wie er mit den Menschen umgeht“, so der FDP-Fraktionschef. Dass Ude der FDP und CSU „manchmal in dieser Form begegnet, das kennen wir, und als Politiker halten wir das aus. Aber in Freising sind es normale Bürger“.