„Das Sozialticket wird kommen“
Billige MVV-Karten für Bedürftige: Nun können 80000 bedürftige Münchner auf die baldige Einführung vergünstigter Tickets für den Nahverkehr hoffen – die Stadt soll Differenz zum Normalpreis zahlen.
MÜNCHENEineinhalb Jahre ist es her, dass Mitglieder der Initiative für ein Sozialticket am Marienplatz demonstrierten – und im Fischbrunnen am Marienplatz ihre Fahrkarten wuschen. „Damit nächstes Jahr alle genug davon haben“, hieß es damals. Jetzt sieht alles so aus, als ob die Wasch-Aktion doch noch Wirkung zeigt: 80000 bedürftige Münchner können auf die baldige Einführung vergünstigter Tickets für den Nahverkehr hoffen.
„Wir gehen davon aus, dass das Sozialticket kommt“, erklärte Martin Schenck, Sprecher des Münchner Verkehrs- und Tarifverbunds (MVV) gestern. Die Differenz zum normalen Fahrpreis müsste aber die Stadt tragen. „Die Verkehrsunternehmen können das selbst nicht leisten, sonst müssten die anderen Tickets wieder teurer werden.“
Etwa 22 Euro
Schon im März 2009 könnte das Ticket nach MVV-Angaben eingeführt werden. Noch in diesem Herbst sollen dafür die Weichen gestellt werden – von den Gremien Verbundrat, Gesellschafterversammlung und vom Stadtrat. Konkret ist derzeit ein Monatsticket im Gespräch – ähnlich wie die IsarCard 9 Uhr, nur eben deutlich billiger und nicht übertragbar. Der Preis für den Innenraum zum Beispiel würde etwa bei 22 Euro liegen, das ist die Hälfte des Normalpreises. „Bei dem Ticket soll man auch seine Kinder mitnehmen können“, erklärte Schenck.
Wenn es mit der Einführung klappt – und danach sieht im Moment alles aus – werden die ermäßigten Fahrkarten bei allen normalen Verkaufsstellen erhältlich sein. Auch an umgerüsteten Automaten. Zum Kauf berechtigt wären alle Inhaber eines „München-Passes“, also zum Beispiel Geringverdiener oder Menschen die von Sozialgeld, Grundsicherung oder Arbeitslosengeld leben.
"Armut darf kein Mobilitätshindernis sein!“
„Ich denke, dass es jetzt relativ schnell eine Beschlussvorlage gibt und der Stadtrat bis Ende des Jahres darüber entscheidet“, sagte Bürgermeisterin Christine Strobl. Sie selbst befürwortet das Sozialticket: „Gerade die betroffenen Menschen sollten mobil sein.“ Bislang half die Stadt bedürftigen Menschen mit verbilligten Tageskarten. Um 15 Fahrkarten zu erhalten, mussten diese nur zehn bezahlen. Rund 2,5 Millionen Euro hat die Stadt laut Strobl alleine für diese Maßnahme im Jahr locker gemacht. „Die IsarCard S würde die Stadt bestimmt doppelt soviel kosten.“ Eine erste Schätzung des Sozialreferats aus dem Jahr 2005 lag sogar bei satten acht Millionen Euro.
„Dass diese Maßnahme teuer ist, wussten wir schon“, sagte Siegfried Benker von den Grünen. Deswegen habe es auch etwas länger gedauert, den tatsächlichen Bedarf für ein Sozialticket zu ermitteln. „Aber Armut darf kein Mobilitätshindernis sein!“
Die Berliner machen es vor
Ein Marktforschungsinstitut wurde damit beauftragt, herauszufinden, ob eine „IsarCard S“ überhaupt ausreichend Abnehmer fände. Jetzt liegt die Studie vor. Und die Ergebnisse weisen offenbar in Richtung einer raschen Einführung. „Wir würden das sehr begrüßen“, heißt es dazu auch bei der CSU-Stadtratsfraktion.
Die Berliner machen es den Münchnern schon lange vor: In der Hauptstadt wird das „Berlin Ticket S“ jährlich von über 100000 Bürgern in Anspruch genommen.
Julia Lenders
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