Das sind die irrsten Drogen Münchens

Billig und gefährlich: Die Münchner Polizei warnt vor lebensbedrohlichen Kicks, die Süchtige durch legal erhältliche Substanzen erzeugen. Aufklärung kann den Trend stoppen.
Thomas Gautier |
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Suchtmittel aus dem Alltag (von links oben im Uhrzeigersinn): Raumlufterfrischer, Dünger, Nagellackentferner, Badesalze, Deosprays und Schmerzpflaster.
az/imago/dpa/fotolia Suchtmittel aus dem Alltag (von links oben im Uhrzeigersinn): Raumlufterfrischer, Dünger, Nagellackentferner, Badesalze, Deosprays und Schmerzpflaster.

Billig und gefährlich: Die Münchner Polizei warnt vor lebensbedrohlichen Kicks, die Süchtige durch legal erhältliche Substanzen erzeugen. Was den Trend stoppen kann, ist Aufklärung

MÜNCHEN - Kokain, Heroin, Speed – für die meisten Menschen sind diese Drogen weit weg. Für eine neue Generation von Suchtmitteln gilt das Gegenteil: Nahezu jeder hat sie schon mal benutzt, handelt es sich doch um Alltagsprodukte wie Badesalz, Deosprays oder Lufterfrischer.

Die Münchner Polizei warnt eindringlich vor den lebensgefährlichen Kicks, denen sich immer mehr Menschen aussetzen.

In der AZ geben die Fahnder einen Überblick über die gängigsten Billigdrogen – und ihre Gefahren:

 




SCHMERZPFLASTER

Substanz: Fentanyl.

Szenenamen: China White, Flatline, Drop Dead.

Herkunft: schmerzstillendes Opioid, das vor allem bei Krebspatienten benutzt wird – oft über Pflaster verabreicht.

In München seit: etwa drei Jahren.

Wirkung: Fentanyl hat laut der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht eine 80 Mal höhere Wirkung als Morphin. Süchtige benutzen es als Heroin-Ersatz. Es führt zu Benommenheit und Euphorie. Junkies sammeln weggeworfene Pflaster und kochen sie aus – die Suppe trinken sie dann. Andere lutschen oder essen die Pflaster.

Gefahren: extrem. 2010 waren laut Landeskriminalamt 43 der 262 bayerischen Drogentoten Fentanyl-Konsumenten. Aumüller: „Die Dosierung ist völlig unklar. Weggeworfene Pflaster haben noch zwei Drittel des Wirkstoffs in sich – da es sehr langsam wirkt, nehmen viele Konsumenten mehrere Dosen ein, weil sie glauben, es wirke nicht.”

 

 


 


BADESALZ/KUNSTDÜNGER

Substanz: Methylendioxypyrovaleron (MDPV) oder Mephedron.

Szenenamen: Monkey Dust, Magic oder Super Coke für MDPV, für Mephedron Meph, Miaow oder Bubbles.

Herkunft: MDPV sollte ein Nachfolger des Artzney Ritalin werden – das oder die Designerdroge Mephedron werden als „Badesalz” oder „Kunstdünger” verkauft.

In München seit: zwei Jahren

Wirkung: Geschnupft oder geschluckt wirkt es aufputschend, erhöht die Leistungsfähigkeit, führt zu Euphorie und erhöhtem Rededrang.

Gefahren: Herzrasen, Hyperaktivität, starke Erhöhung des Blutdrucks, unangenehme Kältegefühle. Hohe Dosierungen innerhalb einer Nacht können zu Wahnvorstellungen und/oder Paranoia führen. Nach dem Rausch von drei bis fünf Stunden gibt es stark depressive Phasen. Auch hier ist völlig unklar, wie viel Wirkstoff in einer Packung ist – deshalb hohe Gefahr einer Überdosis.

 


 

NAGELLACKENTFERNER

Substanz: GHB (Gammahydroxybuttersäure) und GBL (Gamma-Butyrolacton).

Szenenamen: Liquid Ecstasy, Liquid X, G-Juice.

Herkunft: Lösungsmittel aus der Industrie, wird in Nagellackentfernern benutzt – oder zum Entfernen von Graffiti

In München seit: Anfang/Mitte 90er Jahre.

Wirkung: Flüssig, schmeckt salzig und seifig. Nach 15 Minuten Rauscherfahrungen, Entspannung, sexuelle Anregung, Antriebssteigerung, intensivere Wahrnehmung, aber auch fast komatöse Zustände.

Gefahren: Verwirrtheit, Gedächtnisstörungen und motorische Probleme. Der Konsum mit Alkohol oder Opiaten verstärkt die Gefahr einer Atemlähmung mit Todesfolge ums Vielfache.
Stier-Betäubungsmittel Substanz: Ketamin.

Szenenamen: Special K, Vitamin K.

Herkunft: Ketamin wird von Tierärzten verwendet – oder als Narkosemittel bei der Schlachtung von Stieren.

In München seit: etwa zehn Jahren.

Wirkung: Ketamin wird geschnupft, getrunken oder gespritzt. Geschmacks- und Geruchssinn sind ausgeschaltet. Schmerzbetäubend, bei hoher Dosis können sich Konsumenten gar nicht mehr bewegen.

Gefahren: Benutzer fallen manchmal einfach um und können sich so verletzen. Möglich sind auch Angstzustände, Gehirn- und Nervenschäden. Bei Überdosis droht Kreislaufzusammenbruch. Mit anderen Drogen oder Alkohol kann es zu Atemstillstand führen.

 


 


RAUMLUFTERFRISCHER

Substanz: Methylon.

Szenename: Top Cat.

Herkunft: Ein so genannter „Research Chemical”, also eine Designerdroge, die 2004 erstmals als „Explosion” auf den Markt kam und als Raumlufterfrischer verkauft wurde.

In München seit: etwa zwei Jahren.

Wirkung: Geschnupft wirkt das weiße Pulver aufputschend, ähnlich wie Kokain und Amphetamine. Euphorie, gesteigertes Mitteilungsbedürfnis, erhöhte Ausdauer, verringertes Schlafbedürfnis und veränderte Wahrnehmung.

Gefahren: Austrocknung durch starkes Schwitzen, psychische Unruhe bis hin zu Rastlosigkeit und Paranoia.
Bei hohen Dosen starkes Zittern des Körpers, bis hin zu Augenzittern, Verkrampfungen der Kau- und Zuckungen der Gesichtsmuskeln.
Gemischt mit Kokain oder hohen Dosen Koffein kann es lebensbedrohlich wirken.

 






KRÄUTERMISCHUNGEN

Substanz: Synthetische Cannabinoide.

Szenenamen: Spice, Space, Forrest Humus, Smoke.

Herkunft: Das Mittel stammt meist aus China. Dort wird es einfach auf Kräuter oder gehäckseltes Laub geschüttet, im Zementmischer verrührt, getrocknet und in Tüten verpackt, sagt Aumüller. Verkauft werden sie als Räucherwerk für die Wohnung.

In München seit: etwa vier Jahren.

Wirkung: Geraucht werden die Kräutermischungen als Cannabis-Ersatz genutzt – sind jedoch viel stärker. Sie führen zu Entspannung, extrem auch zu Halluzinationen.

Gefahren: Da die Menge je nach Tüte sehr stark schwankt, weiß man nie, wie viel man einnimmt. Es kann zu Wahnvorstellungen und Kreislaufversagen führen.
Deosprays

Substanz: Butangas.

Szenename: Deo „schnüffeln”

Herkunft: Butan kommt in Erdöl und -gas vor. Seit dem FCKW-Verbot wird es als Treibgas in Sprays verwendet.

In München seit: fünf Jahren.

Wirkung: Butangas verdrängt den Sauerstoff, tötet Nervenzellen und Gewebe ab. Halluzinationen und Schwindel sind mögliche Folgen.

Gefahren: Krämpfe lassen keine Luft mehr in die Lunge. Atemstillstand. Tod.
Ärzte haben bereits einen Namen für dieses Ende: Sudden Sniffing Death Syndrom.

 

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