Das schmutzige Geschäft mit den Putzfrauen

95 Prozent beschäftigen ihre Perle schwarz. Sie auch? Da drohen hohe Geldstrafen. Allerdings ist es auch nicht leicht, in München eine legale Putzhilfe zu finden, wie der AZ-Test zeigt
von  Tina Angerer
Putzfrauen arbeiten in vielen Haushalten schwarz. (Symbolbild)
Putzfrauen arbeiten in vielen Haushalten schwarz. (Symbolbild) © dpa

München - Zeit ist Luxus, und Putzen kostet Zeit. Freizeit, Abendzeit, Wochenendzeit – also muss eine Putzfrau her, fürs Grobe, alle 14 Tage reicht, drei Stunden.

Schritt eins

Bekanntenkreis. „Eine Gute ist sehr schwer zu finden”, hört man dauernd. Bei dem Hinweis, sie sollte nicht schwarz arbeiten, heißt es gleich: „Vergiss es!” Eine Perle von Bekannten ist Maria (Name geändert). Sie ist Polin, 47 Jahre alt, hat zwei Kinder und einen arbeitslosen Ehemann. Sie ist seit vier Jahren in München, wohnt dort bei einer Freundin, die ebenfalls aus Polen kommt und als Kinderpflegerin angestellt ist. Sie putzt sieben Tage die Woche und nimmt zwölf Euro auf die Hand. So kommt sie auf 2880 Euro, manchmal kommt noch Trinkgeld dazu. Sie hat in Deutschland nie angemeldet gearbeitet, sie ist nicht krankenversichert. Sie könnte hier jederzeit selbstständig arbeiten, als Minijobberin oder Angestellte bräuchte sie aber eine Arbeitserlaubnis – allerdings nur noch bis 30. April. Dann gilt die volle Freizügigkeit innerhalb der Europäischen Union auch für Polen. „Wenn mein Mann in Polen Arbeit findet, gehe ich zurück.”

Nach Berechnung des Instituts für Wirtschaftsforschung haben rund 4,5 Millionen Haushalte eine Haushaltshilfe. „In 95 Prozent der Fälle arbeitet sie schwarz”, sagt Dominik Ernst vom Institut. Fast jeder fünfte hatte schon eine schwarze Putzhilfe. Der Bedarf steigt, die Menschen werden immer älter. Laut Prognose sind es bis 2050 zwölf Millionen.

Maria kennt Christina, Fulltime-Putzfrau mit Gewerbeschein und zusätzlich „Nebenbei-Putzen”, das heißt: ohne Rechnung. Christina ist ausgebucht, kennt aber Elena. Sie ist 21, neu in München, hat Abitur und ist offiziell Studentin. „Meine Mutter hat auch in Deutschland geputzt”, sagt Elena. Die Mutter ging aber wieder zurück und ist dagegen, dass Elena hier ist. Elena eigentlich auch. „Ich will nicht länger als ein halbes Jahr bleiben, ich möchte studieren.”

Laut Emnid beschäftigen die meisten ihre Putzfrau schwarz, weil sie glauben, dass eine legale Putzhilfe deutlich teurer ist. „Dabei ist die angemeldete Putzfrau oft sogar billiger, weil es Steuervorteile gibt”, sagt Claudia Müller von der Minijobzentrale.

Schritt zwei

Auf Inserate im Anzeigenblatt aus dem Viertel antworten. „Putzhilfe, 089...” heißt es da. Oder „Putze Wohnung” , oder „dt.spr. Haushaltshilfe”. Drei Anrufe. Alle drei putzen schwarz. Und überhaupt, will man einfach irgendjemanden in der Wohnung? Diese Frage führt zu...

 


 

Schritt drei

Agenturen, die Putzfrauen vermitteln. ASL wirbt, eine „persönliche Putzfee” für uns zu finden. In München gibt es zwei ASL-Ableger. Das Ganze funktioniert als Franchise-Unternehmen, das heißt, Hella Höhmann, die Frau für München-West, arbeitet auf eigene Rechnung. Sie akquiriert die „Damen”, wie sie sie nennt, und meldet sie bei sich an. Die meisten sind Minijobberinnen, es gibt aber auch Vollzeit- und Teilzeitkräfte. Ihre Mitarbeiter haben ein polizeiliches Führungszeugnis vorgelegt. Der Kunde schließt den Vertrag mit ASL. Was das kostet, steht nicht auf der Homepage – Höhmann kommt lieber vorbei, der Besuch ist kostenlos. Sie besichtigt die Wohnung und schlägt vier Stunden vor. Es könnte aber sechs Wochen oder länger dauern, bis sie jemanden hat: „Zurzeit ist es sehr schwer, gutes Personal zu finden.” Kosten: 25,20 pro Stunde brutto. Wie viel davon bei der Dame landet, verrät Frau Höhmann nicht.

Auch die Agentur Mary Poppins vermittelt, auch dort haben die Bewerber ein polizeiliches Führungszeugnis vorgelegt. Honorar und Vertrag muss man aber selbst regeln. „Wir vermitteln nur”, sagt Geschäftsführerin Brigitte Ritter. Ihre Frauen nähmen 10 bis 12 Euro die Stunde. Auf die Frage nach der Anmeldung sagt sie: „Das müssen Sie klären. Aber wir nehmen nur Frauen auf, die grundsätzlich bereit wären, sich anmelden zu lassen.” Keine lange Wartezeit, ein bis zwei Wochen. Bei den zwölf Euro bleibt es aber nicht. Die Agentur nimmt Vermittlungsgebühr: Einmalig 35 Euro – und wenn die Frau wöchentlich kommt, 25 Euro pro Monat. Kommt sie nur alle 14 Tage, dann 19 Euro. Würde für uns heißen: Bei drei Stunden und alle 14 Tage pro Stunde 15 Euro. Wäre okay.

Die Email, die Frau Ritter mit Infos schicken wollte, lässt allerdings auf sich warten, deswegen:

Schritt vier

Ein Inserat auf dem Portal „Betreut.de”. Das Portal vermittelt bundesweit vor allem Kinderbetreuer, aber auch andere Hilfen im Haushalt. Wer sich anmeldet, kann kostenlos inserieren – wer die Antworten lesen will, muss zahlen: Minimum ist eine Woche für 10 Euro. (Achtung: Das Eine-Woche-Paket verlängert sich automatisch, wenn man nicht kündigt.) In der Woche kommen elf Nachrichten, darunter sind zwei Reinigungsfirmen und neun Frauen.

Hausarbeit ist in Frauenhand. „Die Lücke, die Frauen, die berufstätig sind, zu Hause hinterlassen, wird durch ihre eigene Mehrarbeit am Feierabend und am Wochenende gefüllt – und durch die Arbeit anderer Frauen”, sagt die Münchner Soziologin Maria Rerrich. Rund 200000 Minijobber arbeiten in Privathaushalten – 91 Prozent sind Frauen.

Es meldet sich Daniela, sie ist gebürtige Münchnerin, 23, und wohnt ganz in der Nähe. Sie hat zwei kleine Söhne und eine Mama, die ihr hilft. Anmeldung? „Wenn es sein muss”, sagt sie. Sie hat schon einen Minijob als Kinderbetreuerin, verdient dort nur 320 Euro, also darf sie noch 80 Euro dazuverdienen: „Oder wir sagen, das ist Nachbarschaftshilfe.” Was nur halb richtig ist. Alle 14 Tage Putzen gegen Geld wäre keine Nachbarschaftshilfe mehr. 

Rein rechtlich ist bei einer schwarzen Putzfrau der Arbeitgeber dran. Wer seinen Mitarbeiter nicht anmeldet, kann – theoretisch – mit Geldbußen von bis zu mehreren Tausend Euro belegt werden, je nachdem, um wie viele Abgaben sich der Arbeitgeber gedrückt hat. Zuständig ist die Finanzkontrolle Schwarzarbeit des Münchner Zoll. Allerdings: Erwischt wird kaum jemand. Der Zoll konzentriert sich auf gewerbliche Schwarzarbeit, darin stecken wesentlich höheren Summen. Oder auf Firmen, die im großen Stil schwarz arbeitende Pflegerinnen nach Deutschland bringen. „Ich kann mich nicht an ein Verfahren wegen einer privat arbeitenden Putzfrau erinnern”, sagt René Matschke von der Finanzkontrolle beim Zoll. Selbst wenn Nachbarn auf Putzfrauen hinweisen, kontrolliert der Zoll nicht. „Die Unverletzlichkeit der Wohnung hat Vorrang”, sagt Matschke. Geprüft wird allenfalls im Zuge eines anderen Ermittlungsverfahrens, zum Beispiel wegen eines Ausländerdeliktes. Die Haushaltshilfe selbst wird vom Zoll nicht belangt, sie kann aber Ärger mit dem Finanzamt bekommen, wenn sie Einkünfte nicht angibt.

Dann kommt sie doch noch: Silvia (23) antwortet auf das Inserat bei „Betreut.de” von sich aus mit dem Zusatz: „Arbeite nur gegen Rechnung”. Auch sie ist Polin, seit einem Jahr in Deutschland. Sie geht abends zum Deutschkurs, tagsüber putzt sie. Als sie die Wohnung betritt, zieht sie gleich ihren Gewerbeschein und ihre Steuernummer raus. 12 Euro die Stunde, von der Mehrwertsteuer ist sie befreit. Warum sie in Deutschland ist? Sie ist Ingenieurin, bekam aber in Polen keinen Job. Eine Akademikerin als Putzfrau? „Viele Putzfrauen haben eine Berufsausbildung oder Berufserfahrung”, sagt Soziologin Rerrich. „Während deutsche Arbeitslose meist nicht zum Putzen gebracht werden können, haben das frühere Lehrerinnen aus Polen oder Krankenschwestern aus Honduras für uns übernommen.”

 

 

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