Das sagen die OB-Kandidaten

Sabine Nallinger (Grüne), Dieter Reiter (SPD) und Josef Schmid (CSU) haben sich die Wahlergebnisse genau angeschaut.
von  Julia Lenders
Seppi Schmid, Sabine Nallinger und Dieter Reiter beim Wiesn-Anstich.
Seppi Schmid, Sabine Nallinger und Dieter Reiter beim Wiesn-Anstich. © Wackerbauer

München - Jetzt gibt es eine kleine Pause im Wahlmarathon. Erst im März steht die Kommunalwahl an. Die AZ hat alle drei Münchner OB-Kandidaten nach der Bundestagswahl am Sonntag interviewt. Welche Schlüsse ziehen sie für die OB- und Stadtrats-Wahl im Frühjahr?

 

Josef Schmid: "Rückenwind ist das auf jeden Fall"

 

AZ: Herr Schmid, haben Sie die angekündigte Flasche Rotwein gestern Abend noch getrunken?

JOSEF SCHMID: Die ganze Flasche nicht, das ist für einen allein zu viel. Aber ich habe zwei Gläser von diesem guten Rotwein getrunken.

Welcher war’s denn?

Ein Barbera d’Asti.

Und mit wem haben Sie angestoßen?

Ich kam erst spät nach Hause, und meine Frau war schon auf dem Weg ins Bett. Deswegen habe ich den Wein alleine getrunken, im Fernsehen Phoenix geschaut und mir Gedanken zum Ergebnis gemacht.

Welcher Gedanke war dabei denn vorherrschend?

Dass das ein tolles Ergebnis ist – auch im Hinblick auf die Kommunalwahl im März. Wir haben zwar noch einen langen Weg zu gehen, aber Rückenwind ist das auf jeden Fall. Wir werden weiter hart für die Menschen arbeiten. Trotzdem muss man sagen: Die beiden Wahlergebnisse sind verheißungsvoll für uns.

Sind sie das? München war doch schon immer ein Polit-Chamäleon: Zur Bundes- und Landtagswahl haben die Münchner schwarz gewählt, zur Kommunalwahl rot.

Das stimmt. Trotzdem zeigt das Ergebnis: Es gibt eine strukturelle Mehrheit im bürgerlichen Lager. Der Wechsel ist in München möglich. Wir haben eine historische Chance, und ich bin gewillt, diese zu nutzen.

Wem ist es zuzuschreiben, dass die CSU bei der Wahl am Sonntag 5,7 Prozentpunkte in München zulegen konnte?

Das war eine Gemeinschaftsleistung, zu der die Bundeskanzlerin, Horst Seehofer, die Bundestagskandidaten und Abgeordneten sowie die gesamte Partei beigetragen haben – und natürlich auch die CSU München mit ihrer Politik.

Haben Sie eigentlich Mitleid mit der FDP?

In persönlicher Hinsicht für die Abgeordneten aus München. Und überdies ist die FDP eine bürgerliche Partei mit großer Geschichte, deren Ausscheiden aus dem Bundestag eine echte Zäsur bedeutet. Aber jede Partei trägt für sich selbst Verantwortung und muss ihr Angebot so an die Menschen herantragen, dass sie Vertrauen erhält.

 

Sabine Nallinger: "Aus dieser Ecke müssen wir raus!"

 

AZ: Frau Nallinger, die Grünen haben in München 3,5 Prozentpunkte verloren. Wie bewerten Sie dieses Ergebnis?

SABINE NALLINGER: Das ist nicht toll. Bei den vergangenen Wahlen hatten wir immer Stimmen dazu gewonnen. Deshalb ist diese Wahl jetzt eine Zäsur. Wir müssen analysieren, warum unsere Themen nicht beim Wähler angekommen sind.

Sehen Sie Ihre Felle für die Kommunalwahl im März schon wegschimmen?

Nein, eine Kommunalwahl ist nochmal etwas anderes, mit anderen Themen. In München geht es um Wohnen, Verkehr, soziale Gerechtigkeit. Und: Christian Ude tritt nicht mehr an. Unsere Hausaufgabe im nächsten halben Jahr ist, gute Politik zu machen.

Welche Fehler haben die Grünen im Bundestags-Wahlkampf gemacht?

Das Steuerthema war kompliziert und nicht gut erklärt. Wir hätten unsere Kernthemen besser verkaufen müssen: Beispiel Energiewende. Die gibt es letztendlich nur mit uns Grünen. Darauf hätten wir uns konzentrieren sollen. Die hohen Umfrageverluste innerhalb weniger Wochen haben sicher auch mit der Steuerreform, dem Veggie-Day und der Pädophilen-Debatte zu tun. Für die ganze Wahrheit müssen wir noch kritisch in uns gehen.

Apropos Veggie-Day: Einen solchen würden Sie also nicht einführen, wenn Sie Münchens erste Oberbürgermeisterin würden?

Nein, ich würde keinen Veggie-Day vorschreiben. Dass wir Grünen plötzlich als Verbots-Partei dastehen, das bedrückt mich richtig. Das sind wir nicht! Aus der Ecke müssen wir schnell wieder raus.

Warum sind die Verluste der Grünen in München noch stärker ausgefallen als im Bund?

Das könnte an dem hohen Lebensstandard in München liegen. Hier wären sicherlich mehr grüne Wähler von den Steuerplänen betroffen gewesen als andernorts.

Nochmal zurück zur Kommunalwahl: Was folgern Sie für Ihren eigenen Wahlkampf aus den Ergebnissen der Bundestagswahl?

Wir müssen deutlich machen, was die Grünen in München schon alles geschafft haben, wo wir noch besser werden wollen, wofür wir stehen. Wir haben in dieser Stadt einen guten Job gemacht. Das müssen wir den Wählern klar machen.

 

 Dieter Reiter: "Wechselstimmung spüre ich nicht!"

 

AZ: Herr Reiter, war Steinbrück der falsche Kanzler-Kandidat?

DIETER REITER: Ich finde ihn hochsympathisch, aber es ist ihm offenbar nicht gelungen, einen Wahlkampf auf Sachthemen-Ebene zu führen gegen Bundeskanzlerin Angela Merkel. Das Wahlkampf-Programm der CDU hieß Bundeskanzlerin Angela Merkel. Da sind alle Sachthemen in den Hintergrund geraten.

Naja, Steinbrück hat sich aber auch einige Schnitzer geleistet, oder?

Es ist nicht alles reibungslos gelaufen. Witzig ist aber schon, dass etwa bei der Debatte zum Kanzler-Gehalt alle gesagt haben: „Er mag ja recht haben, aber sagen darf er’s nicht.“ Ihm ist nicht gelungen, klar zu machen, dass er für bestimmte Themen steht – wie den Mindestlohn.

In München kam die SPD jetzt auf 23,9 Prozent – vor einer Woche bei der Landtagswahl waren es 8,2 Punkte mehr. War das der Ude-Effekt?

Klar ist das auf ihn zurückzuführen. Dafür hat die CSU stark von Bundeskanzlerin Angela Merkel profitiert. Doch das spielt alles keine Rolle. Wir müssen anerkennen, dass mehr Münchner bei der Landtags- und Bundestagswahl CSU gewählt haben – mehr als die SPD.

Deutlich mehr.

Ja, das ist aber auch keine Überraschung. Bei den letzten Wahlen war es regelmäßig so, dass die Münchner bei der Kommunalwahl anders gewählt haben, als wenn es ums Land oder den Bund ging.

Im März müssen Sie ohne Ude ran. Macht die starke CSU Ihnen im Hinblick auf die Kommunalwahl Sorgen?

Man muss die Ergebnisse ernst nehmen. Keine Frage: Die Kommunalwahl wird spannend. Aber Sorgen mache ich mir nicht. Die Münchner differenzieren, um welche Wahl es gerade geht.

CSU-OB-Kandidat Schmid hat sich am Sonntag eine gute Flasche Wein aufgemacht.

Als überzeugter Demokrat gratuliere ich der CSU zu Ihrem guten Ergebnis. Aber: In München gibt es seit Jahrzehnten eine erfolgreiche Regierung. Wir werden die Wähler überzeugen, dass es Sinn macht, uns weiterarbeiten zu lassen. Die Münchner lieben ihre Stadt, so wie sie ist. Wechselstimmung spüre ich nicht.

 

 

 

 

 

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