Das Orakel vom Nockherberg: Interview mit Michael Lerchenberg
MÜNCHEN - Salvator-Prediger Michael Lerchenberg alias "Bruder Barnabas" liest beim Starkbier-Anstich den Politikern wieder mal die Leviten. Mit der AZ spricht er über Christine Haderthauer als Barbiepupperl, Bischof Reinhard Marx, und seine Vorbereitungen auf das diesjährige Derblecken.
AZ: Herr Lerchenberg, in acht Tagen werden Sie als Bruder Barnabas wieder der Politik-Prominenz auf dem Nockherberg die Leviten lesen. Ist die Rede, die Sie gemeinsam mit Christian Springer schreiben, schon fertig?
Derzeit stellen wir uns fast täglich die Frage, wie wir den ganzen Stoff eigentlich unterbringen sollen. Viele Dinge, die vor einem Monat aktuell waren, sind es jetzt nicht mehr. Die Spitzel-Affäre der Bahn war vor drei Wochen beispielsweise noch ein großes Thema. Jetzt nicht mehr. Letzte Woche haben wir uns deshalb von zehn Seiten getrennt. Ich bin als Nockherberg-Redner einfach zur Aktualität verdammt.
Aktuell ist derzeit vor allem die Finanzkrise. Ein Thema für die Rede?
Natürlich kann das ein Thema sein, auch wenn das natürlich ein sehr komplexes, schwieriges Ding ist. Erst am Montag haben wir uns deshalb drei Stunden mit einem Bankfachmann zusammengesetzt, um zu erfahren, wie alles zusammenhängt. Und es ist schon erstaunlich, dass Karl Marx das alles vor 150 Jahren schon vorhergesagt hat. Davor habe ich großen Respekt.
Haben wir jetzt einen Marxisten auf der Kanzel?
In Zeiten, wo selbst der Münchner Erzbischof ein Buch mit dem Titel „Das Kapital“ herausgibt und sich die Bischofskonferenz mit finanzpolitischen Themen auseinandersetzt, wäre das vielleicht nicht einmal fehl am Platz. Diese Zeit braucht dringend neue Antworten. Die kann ich zwar nicht geben. Der Nockherberg kann aber immer auch den einen oder anderen ernsten Gedanken aufwerfen. Das ist schließlich kein Fasching, der nur witzig sein soll.
Zumal Sie mitunter hellseherische Fähigkeiten an den Tag legen. Fühlen Sie sich als Orakel vom Nockherberg eigentlich wohl?
Wenn man sich die Inhalte der letzten Rede so anschaut, dann kann man an einige Punkte in der Tat Häkchen machen. Es ist sehr eigenartig, wenn das, was man ironisch sagt, dann tatsächlich eintritt.
Trotzdem wurden Sie nach der Rede stark kritisiert – vor allem von Frauen.
Mein Gott, die Frauen! Ich habe nie verstanden, warum mir Frauenfeindlichkeit vorgeworfen worden ist, nur weil ich die Frau Haderthauer als Barbiepupperl bezeichnet habe. Sie hat sich doch selbst als Frau in der CSU in Szene gesetzt. Und wer vorher für die Fotografen die Nockherbergbühne als Laufsteg benutzt, muss sich nicht wundern, wenn er derbleckt wird.
Das Barbie-Image wird die CSU seitdem nicht los. Auch die neuen Generalsekretäre werden als Ken und Barbie bezeichnet.
Ich glaube, diesen Ball lasse ich trotzdem liegen. Letztes Jahr war das ein guter Scherz. Als Dauer-Gag sehe ich ihn aber nicht.
Wer muss stattdessen zittern?
Natürlich Christian Ude und das bayerische Kabinett. Auch der neue Wirtschaftsminister ist ein dankbares Opfer. Bundeskanzlerin Angela Merkel weiß schon, warum sie nicht auf den Nockherberg kommt. Und auch Peter Ramsauer hat mir immer gut in die Karten gespielt. Derzeit verhält er sich allerdings verdächtig still.
Das tut auch Horst Seehofer. Könnten Sie sich vorstellen, dass Sie ihm einmal genauso um den Hals fallen, wie sie es bei Stoiber gemacht haben?
Nur wenn er 60er Fan ist und wir beide im Stadion den Aufstieg bejubeln. Dass ich damals Stoiber umarmt habe, wäre nicht passiert, wenn ich ihn zuvor nicht 23 Jahre gespielt hätte. Das war dem Augenblick geschuldet.
Interview: Daniel Aschoff, Georg Thanscheidt