Das Olympiastadion im EM-Fußball-Fieber

30 000 Fans verfolgen das Spiel gegen die Türkei im Stadion – das Olympiastadion war fest in deutscher Hand. Störungen lassen den Bildschirm schwarz werden.
von  Abendzeitung
Jubelten mit der deutschen Elf: Daniel, Julia , Andre, Halina, Anika, Andy, Thomas, und Steffen waren aus Dachau ins Stadion gekommen.
Jubelten mit der deutschen Elf: Daniel, Julia , Andre, Halina, Anika, Andy, Thomas, und Steffen waren aus Dachau ins Stadion gekommen. © Daniel von Loeper

MÜNCHEN - 30 000 Fans verfolgen das Spiel gegen die Türkei im Stadion – das Olympiastadion war fest in deutscher Hand. Störungen lassen den Bildschirm schwarz werden.

Die Party beginnt um halb sechs am Nachmittag im Waggon der U3 zum Olympiapark – und sie dauert mehr als fünf Stunden lang. Nur unterbrochen von zwei Bildstörungen haben 30 000 Fans gestern Abend im Olympiastadion den 3:2 Sieg der Nationalmannschaft gegen die Türkei gefeiert.

An diesem Abend erstrahlt das altehrwürdige Oly in Schwarz-Rot-Gold – die Haupttribüne ist fest in deutscher Hand. Singend pilgern die Fans zum ersten Public Viewing in München – schon in der U-Bahn tönt es: „So sehen Sieger aus“, wahlweise auch „Viva Colonia“.

Lange Schlangen bilden sich an den Eingängen. Davor Berge von Glasflaschen – nur Plastikflaschen mit maximal 0,5 Liter sind im Inneren erlaubt. Geduldig wartet André aus Dachau darauf, eingelassen zu werden. Der 18-Jährige ist mit seinen sieben Freunden gekommen – umsich endlich mal wieder wie bei der WM zu fühlen: „Im Sommer 2006 waren wir auch schon immer hier. Schade, dass das Public Viewing erst jetzt angeboten wird“, sagt er. Jetzt sind sie drin: Die achtköpfige Gruppe hat einen Platz auf den unteren Rängen der Haupttribüne gefunden. Die Sicht auf die 70-Quadratmeter- Leinwand ist okay. Andre und seine Freunde haben Glück – um sieben Uhr ist das Olympiastadion dicht. Ab jetzt fordert die MVG ihre Kunden in allen U-Bahnhöfen auf, nicht mehr das Fanfest anzusteuern. „Football is coming home“ – der Fußall kehrt heim – singen die Fans und erheben sich von den stumpf gescheuerten, hellgrünen Plastikschalen.

Das Stadion bebt

Erstmals bebt das Stadion, als die Mannschaftsaufstellung verlesen wird. Besonders laut wird das Publikum bei Ballack, Podolski, Lahm und Schweinsteiger. „Den Schweini und den Lahm, die find ich toll“, sagt Anika. Um sie herum deutsche Fahnen und auch einige wenige türkische. Die Fans tragen Hula- Hula-Ketten in Schwarz-Rot- Gold, haben sich die Bundesfarben auf dieWangen gemalt – und jubeln frenetisch, als Podolski anstößt.

20 Minuten später ein erster Schreckenschrei, als ein Ball an die Latte des deutschen Tors knallt. Kurz darauf ein zweiter – und dann für Sekunden betretenes Schweigen: Ugor trifft zum 1:0 für die Türken. Bange Blicke, betretene Gesichter, leiser Jubel der wenigen Türken. Sechs Minuten später bebt das Oly zum zweiten Mal: Schweinsteiger trifft. Aber die Türken bleiben am Drücker. Es wird leise im Oly, . Pausenpfiff. Zeit, sich zu stärken. Am Imbiss von Fabrizio Biaggio bilden sich lange Schlangen. Hier gibt’s Bier, Brezn und Bratwurstsemmeln. Auch Biaggio zittert mit den Deutschen: „Wenn sie in Führung liegen, setzen wir mehr um.“ Ein Stück abseits steht Marcello Hempel: Die Sicherheitsfachkraft passt auf, dass niemand den gesperrten Block J betritt. „Bis jetzt ist alles ruhig, ich glaube nicht, dass wir irgendwelche Probleme bekommen“, hofft er.

Probleme bekommt weiterhin die deutsche Elf. Dann trifft Klose – die Deutschen führen 2:1. Doch die Ausgelassenheit währt nur kurz – der Ausgleich. Dann die Erlösung: Lahm trifft zum Sieg – Deutschland steht im EM-Finale! Klorollen fliegen, Raketen werden gezündet. In der letzten Minute hält es niemanden mehr auf den Sitzen. Alle stehen, bis der Schlusspfiff kommt.

„Das war saugeil!"

Auch André aus Dachau jubelt: „Das war saugeil! Jetzt wird Party gemacht - ganz egal, ob morgen Schule ist. Wir freuen uns jetzt aufs Finale!“ Wo er das am Sonntag schauen wird? „Ganz klar – wieder im Olympiastadion“, sagt er.

Christoph Landsgesell

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