Das legendäre Kindl-Bier kehrt zurück!

Manchmal gehört zu einem Geschäft Glück dazu. Dietrich Sailer nennt es auch: Zufall.
Wie auch immer: Dem Gastronomen (59) und Ex-Gesellschafter des Hofbräuhauses Traunstein sind die Markenrechte des berühmten Münchner-Kindl-Bieres "fast in den Schoß gefallen", wie er sagt. Und der Unternehmer (u. a. "Villa Flora", "Jailhouse" in Bad Tölz, Hochzeitsinsel im Schliersee) weiß auch schon, was er damit anstellen wird.
Er wird Bier brauen. In München. In seiner eigenen neuen Brauerei.
Es soll die Rückkehr einer Traditionsmarke werden: 1880 war die Brauerei zum Münchner Kindl am Rosenheimer Berg gegründet worden. Nicht zuletzt wegen ihres Marken-Emblems, der auf einem Fass balancierenden Schützenliesl, wurde ihr Bier berühmt. Und noch mehr der Münchner-Kindl-Bierkeller, der – gegenüber vom Bürgerbräukeller in der Rosenheimer Straße – mit 5.000 Plätzen der größte Saal in Deutschland war.
Inbev konnte mit der Münchner Marke nichts anfangen
Dieser Gigantismus bekam der Firma damals nicht. Die Brauerei wurde im Dezember 1904 vom Unionsbräu übernommen, der später in der Löwenbräu AG aufging. Zuletzt lagen die Markenrechte am Münchner-Kindl-Bier bei Löwenbräu und beim staatlichen Hofbräu. Letzterer ließ die Lizenz im Juni 2015 auslaufen.
Davon hat Sailer erfahren – und zugegriffen. Jetzt brauchte er noch den anderen Markenanteil am Kindl-Bier: jenen von Löwenbräu. Das gehört zur weltgrößten Brauerei-Gruppe Anheuser-Busch Inbev; die deutsche Firmenzentrale hat ihren Sitz in Bremen. Sailer: "Die haben einen Chef aus Holland, der mit dieser Münchner Marke nichts anfangen konnte. Das war eher ein leichtes Spiel."
Jetzt gehört ihm die Marke "Münchner Kindl Bier" allein. Die Kosten? "Eher nicht der Rede wert." Er hat im Umland schon ein wenig brauen und abfüllen lassen in Flaschen, auf denen das schöne alte Etikett mit der Schützenliesl klebt.
Traditionelles Helles statt Craft-Bier
Jetzt sucht Sailer nach einem Brauerei-Standort in München, am besten eine städtische Industrie-Brache. Auch das Gelände der McGraw-Kaserne, das dem Freistaat gehört, ist schon mal ins Gespräch geraten. 5000 Quadratmeter sollen es schon sein, sagt er. "Der Münchner Süden ist gut – und der Osten auch."
Dort soll dann kein neumodisches Craft-Bier entstehen. Sondern Helles, "untergärig, klassisch mit Holzfassl", sagt Sailer. Den Hopfen bekommt er aus der Holledau. "Denn es braucht in München etwas Authentisches", findet er. "Außer dem Giesinger Bräu und der Forschungsbrauerei gibt es keine wirkliche Familienbrauerei mehr in der Stadt."
Das will er ändern. Die Größenordnung der Giesinger Brauer, die inzwischen immerhin 12.000 Hektoliter pro Jahr produzieren – das wäre ein Ziel für ihn. Er will das Braugeschäft in München angehen mit seinen Söhnen Leo und Luis. Letzterer war übrigens mit 16 Jahren schon ausgebildeter Biersommelier – der jüngste der Welt.
Es soll also bald wieder Münchner-Kindl-Bier geben. Auf dem Oktoberfest aber – auch in ferner Zukunft – wohl nie. "Die Wiesn interessiert mich nicht so sehr, das ist ja mehr wie Ballermann. Da geht es um die Menge", sagt Dietrich Sailer. "Ich möchte eher auf Qualität gehen. Viel mehr würde mich die Auer Dult interessieren."
Aber das ist, um im Bild zu bleiben, noch etwas unausgegoren.
Rückblick: Der Münchner-Kindl-Keller an der Rosenheimer Straße
Der Kindl-Keller auf einem "Diplom für Maßentleerung" aus dem Jahre 1910. Foto: imago
Der Saal muss ein Traum gewesen sein – und riesig: Rund 5.000 Menschen fanden im 1883 errichteten Festsaal des Kindl-Kellers Platz. Der Prachtbau wurde dann sogar noch mal umgebaut: 1899 von Justizpalast-Architekt Friedrich Thiersch. Der Bierkeller an der Rosenheimer Straße war damit der größte Saalbau Deutschlands. 1923 fand der Gaststättenbetrieb sein Ende – die Nährmittelfabrik Cenovis zog ein.
Im Krieg wurde das Ensemble beschädigt, aber nicht zerstört. 1969 wurden sämtliche Bauten abgerissen. Am 20. Juli 1971 erfolgte die Grundsteinlegung für das neue "Auto- und Einkaufszentrum" – das Motorama.