Das Leben als Bühne

Hier erzählen bekannte Münchner von ihrem Wochenende. Heute: die Kabarettistin Bettina von Haken, die sich auf dem Viktualienmarkt gerne Inspiration für ihre Figuren holt.
von  Bettina von Haken

Hier erzählen bekannte Münchner von ihrem Wochenende. Heute: die Kabarettistin Bettina von Haken.

Wenn man sein Geld damit verdient, blöd daherzureden, dann ist es mit der Freizeit schwierig. Ich bin da versucht, die ganze Zeit durchzuarbeiten.

Ein anständiger Kabarettist steht am Wochenende ohnehin auf der Bühne. Freie Tage sind gar nicht so willkommen, da verbraucht man nur das Geld, das man sonst verdienen würde. Diese Woche zum Beispiel ist gefährlich. Ich habe am Freitagabend einen Auftritt in der Nähe von Weilheim, der Rest des Wochenendes ist aber tatsächlich frei.

Am Samstag streife ich dann wahrscheinlich über den Viktualienmarkt: Ein Glasl Prosecco im Café Nymphenburg, ein Bier im Biergarten dort, das liebe ich sehr. Ich schaue mir dabei die Leute gerne an. Man muss sich ja auch irgendwo Ideen für sein Programm holen. So ein Familienstreit etwa oder die exaltierten Damen, das lässt sich herrlich persiflieren. Man sucht eben nach Figuren, die man mit auf die Bühne nehmen kann.

Danach ziehe ich noch gerne weiter ins Bratwurst Glöckl am Dom. Meistens kriegt man da gerade noch so einen Platz. Ich mag da am liebsten das Rinderherz vom Grill, mit frisch geriebenem Kren, das ist meine Leib- und Magenspeise. Ich bin überzeugter Nicht-Vegetarier. Ohne Fleisch halte ich es einfach nicht aus.

Nach Auftritten schaue ich gerne noch im Roy am Sendlinger Tor vorbei, der Bar vom Günther Grauer. Man kann ja nicht immer gleich nach Hause, nach einem Auftritt muss man schon noch ein bisschen abspannen.

Wenn sich die Möglichkeit ergibt, schaue ich mir gerne Kollegen an. Am liebsten in der Drehleier in der Rosenheimer Straße. Das lässt sich so wunderbar mit einem Besuch im El Perro y El Griego kombinieren, einer schönen Tapas-Bar in der Belfortstraße.

Diesen Samstag bin ich allerdings in Parsdorf im Gasthof Zur alten Post und schaue mir Chris Boettcher an. Man muss ja schauen, was die Leute so interessiert und wo der Trend hingeht. Wenn man im Humor veraltet, dann geht nichts mehr.

Am Sonntag muss ich nicht unbedingt raus. Ich wohne zusammen mit meiner Tochter Thesi (19) und meiner Lebensgefährtin Doris (50) in Sauerlach in einem Neubau zwischen Bahnhof und Marktplatz. Im Haus unten ist das Eiscafé Franco. Wenn man die ganze Zeit unterwegs ist, ist man auch mal froh, wenn man nur die Treppe runtergehen muss und gleich vor der Haustüre sein Eis löffeln oder einen Sprizz trinken kann. Und abends will ich auf meine Couch, „Navy CIS” gucken. Ich bin Fan von diesem Gibbs. Machos anschauen, das mag ich. Ich bin selbst einer der letzten, ein Macho im Dirndl.

Und am Montagmorgen sitze ich wieder am Computer: Wir haben ja einen tragischen Vorfall zu verarbeiten: Meine Kollegin, die Johanna Wolff von Schutter, ist vor ein paar Tagen gestorben. Das war nicht abzusehen. Sie hatte zwar Krebs, lag aber jetzt nicht siechend im Bett. Am 18. April standen wir noch zusammen als Primatonnen auf der Bühne, am 23. war sie tot. Jetzt gibt es keine Primatonnen mehr, nur noch mich als Resttonne und die Liedermacherin Edeltraud Rey, mit der wir immer unterwegs waren.

Jetzt müssen wir schnell reagieren: das Programm ändern, neue Plakate machen. Diese Woche musste ich das Bild von der Johanna wegretuschieren. Wenn du die Kollegin wegradierst, das ist hart. Ich habe geglaubt, ich schaff’s nicht. Aber es muss irgendwie weitergehen, auch im Sinn von der Johanna. Das Programm heißt jetzt vorläufig „Plan B”, ein neues wird es erst 2014 geben. Da muss ich dann wieder auf den Viktualienmarkt und die Leute beobachten.

Protokoll: Florian Zick

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