Das Krokodil im Koffer

Im Münchner Flughafen sind im vergangenen Jahr rund 1.500 Strafverfahren wegen Verstößen gegen die Zollbestimmungen eingeleitet worden.
von  dapd
Ein Zollbeamter steht im Flughafen München vor dem Durchgang zum Zoll.
Ein Zollbeamter steht im Flughafen München vor dem Durchgang zum Zoll. © dapd

Im Münchner Flughafen sind im vergangenen Jahr rund 1.500 Strafverfahren wegen Verstößen gegen die Zollbestimmungen eingeleitet worden.

München - Jan Lehmann steht in einem Kontrollraum am Münchner Flughafen und durchsucht einen Hartschalenkoffer. Der Zollbeamte streicht über das Innenfutter, prüft jedes Kleidungsstück - und wird fündig: Ein Honigtopf und Käse liegen unter einer Hose.

„Das dürfen Sie nicht einführen“, sagt er zu einem älteren Ehepaar, das aus der Türkei angereist ist. Im Sommer fischen Zollbeamte besonders viele Waren mit Einfuhrverbot aus dem Reisegepäck, wie das Hauptzollamt München berichtet.

Häufig sind auch bizarre Urlaubssouvenirs wie tote Schlangen oder lebende Schildkröten darunter. Aber nicht nur Waren mit Einfuhrverbot beschäftigen die Zollbeamten. „Auch wer zu viel im Urlaub einkauft, muss mit einem Steuerstrafverfahren rechnen“, sagt der Sprecher des Münchner Hauptzollamts, Thomas Meister.

Zwar gibt es innerhalb der Europäischen Union keine Zollgrenzen mehr und Waren für den persönlichen Gebrauch können eingeführt werden. Zigaretten, Alkohol oder Arzneimittel dürften dennoch nur in bestimmten Mengen mitgebracht werden.

Was darüber hinausgeht, muss verzollt und versteuert werden. „Der Reisende ist darlegungspflichtig, sonst wird er schnell zum Steuerhinterzieher“, warnt Meister. Für Länder außerhalb der EU sind die Bestimmungen noch strenger.

Zoll betreibt Seuchenschutz

Das türkische Ehepaar blickt inzwischen ungläubig auf das Stück Käse, das der Zollbeamte Lehmann auf eine Waage legt. Er will die Ausweise sehen. Nach einer halben Stunde verlässt das Paar den Flughafen – und zwar ohne die Geschenke für die Verwandtschaft.

Die Mitbringsel sind konfisziert und liegen jetzt neben Würsten und Fleischpaketen in einer Tiefkühltruhe im Zollbereich. Das Ehepaar ist doppelt gestraft, es muss zusätzlich Entsorgungskosten zahlen. „Viele tierische Lebensmittel aus bestimmten Ländern entsprechen nicht unseren Qualitätsstandards, deshalb dürfen sie nicht eingeführt werden“, erläutert Zoll-Sprecher Meister. Damit solle unter anderem die Einschleppung von Tierseuchen verhindert werden.

Stoßzähne, Krokodil und Rheumapflaster

Häufigste Schmuggelware sei Goldschmuck sowie Markenkleidung und Elektrogeräte, erläutert Meister. „Doch es geht auch bizarr.“ Er schließt in einem Gebäude auf dem Flughafengelände die Tür zur Asservatenkammer auf. Meister nennt sie die „Kammer des Schreckens“. Ein ausgestopfter Leopard blickt ihn starr an. Daneben liegen Elefantenstoßzähne, Walknochen und ein Elefantenfuß, den ein Reisender als Hocker in seine Wohnung stellen wollte.

In Regalen türmen sich Korallen und Muscheln. Daneben stehen ein kleines präpariertes Krokodil und in Alkohol eingelegte Schlangen. „Auch die hier finden wir immer häufiger“, sagt er und zeigt auf Rheumapflaster aus Asien, in denen Meister zufolge die Hoden von geschützten Tierarten verarbeitet sein sollen.

1.500 Strafverfahren pro Jahr

Im Jahr 2010 wurden gegen Reisende am Münchner Flughafen annähernd 1.500 Strafverfahren eingeleitet, sagt Meister. Die Zahl blieb im Vergleich zum Vorjahr konstant. 400 Zöllner, die teilweise auch zivil im Hintergrund arbeiten, müssen jährlich 35 Millionen Passagiere im Blick behalten.

Lehmann steht bei der Kofferausgabe und beobachtet die vorbeilaufenden Fluggäste. Der Zollbeamte kontrolliert stichprobenartig. „Das hat man im Gefühl, ob was faul ist“, sagte er und fokussiert ein Paar. „Die beiden haben erstaunlich viel Handgepäck dabei.“

Das Gefühl hat den Beamten nicht getrügt. Bei der Kontrolle findet er eine größere Menge an Goldschmuck. Die erste Anzeige an diesem Tag. „Es werden heute wohl sicher noch mehr werden“, sagt Lehmann. Und kontrolliert weiter.

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.