„Das ist schöngerechnet“: Die Gegner geben nicht auf

Die Gegner des Milliarden-Projekts zweite Stammstrecke mussten gestern einen schweren Schlag einstecken. Sie sind aber wild entschlossen, weiter gegen das ihrer Meinung nach zu teure und uneffektive Bauwerk zu kämpfen.
von  Abendzeitung
Fürchtet um die Kundschaft am Marienhof: Aron Hinkofer (li.). Für sie als Anwohnerin in Haidhausen ist es eine Katastrophe: Helga Erbil. Ernst Läuger befürchtet bald 40-Tonner auf den Straßen der Münchner Innenstadt (re.).
Fürchtet um die Kundschaft am Marienhof: Aron Hinkofer (li.). Für sie als Anwohnerin in Haidhausen ist es eine Katastrophe: Helga Erbil. Ernst Läuger befürchtet bald 40-Tonner auf den Straßen der Münchner Innenstadt (re.). © Gregor Feindt

MÜNCHEN - Die Gegner des Milliarden-Projekts zweite Stammstrecke mussten gestern einen schweren Schlag einstecken. Sie sind aber wild entschlossen, weiter gegen das ihrer Meinung nach zu teure und uneffektive Bauwerk zu kämpfen.

Schon im Herbst kündigten Aktivisten wie der Münchner Verkehrsplaner Thomas Kantke für den Fall der Fälle ein Bürgerbegehren an.

Das war schon einmal im Gespräch, wurde aber ausgesetzt, weil sich die Bahn zu Umplanungen bewegen ließ. Im Falle eines erfolgreichen Bürgerbegehrens entstünde eine leicht perverse Situation: Die Stadt müsste versuchen, das vom Stadtrat mehrheitlich unterstützte Projekt des Freistaats mit juristischen Mitteln zu verhindern.

In einer echten Zwickmühle stecken auch die Geschäftsleute in der Innenstadt. Sie sind, so Citypartner-Sprecher Wolfgang Fischer, zwar mehrheitlich für die zweite Röhre. Aber gegen die geplante Bauausführung. Denn die bedeutet ihrer Meinung nach für bis zu sieben Jahre massive Beeinträchtigungen für den Einzelhandel, vor allem rund um den Marienhof – von dort soll der Tunnel-Aushub abtransportiert werden. Deswegen wird sich in Kürze der Verwaltungsgerichtshof mit an die 20 Einzelklagen beschäftigen.

„Klar ist so ein Tunnelbau wünschenswert“, sagt etwa Ernst Läuger von der Firma Marstaller am Marienhof. „Aber die Folge wäre über Jahre hinweg eine Baustelle. Den Bauzaun haben wir dann fünf Meter von der Fassade – da ist bald kein Geschäft mehr möglich.“ Ähnlich sieht es Aron Hinkofer vom Zwillings-Shop am Marienhof: „Die Ladeninhaber fürchten alle um ihre Existenz, da müsste man Einspruch einlegen.“

Auch die Haidhauser Hebamme Helga Erbil aus der Kellerstraße findet die Tunnelpläne „eine einzige Katastrophe. Da muss es doch andere Möglichkeiten geben. Hier in der Gegend gibt es viele alte Häuser, einige davon weisen heute schon Risse auf“. Wenn beim Bau etwas passiere, werde es richtig gefährlich. Auch die Belastung durch Sperrungen und den Lkw-Verkehr zum Abtransport des Erdreichs schrecken die Haidhauserin schon jetzt.

Grünen-MdL Martin Runge plagt vor allem wegen der mit der aktuellen Untersuchung beauftragten Gutachter arges Bauchweh: „Drei der vier beteiligten Firmen sind auch Röhrenplaner“, sagt der Abgeordnete zur AZ. „Das ist schon etwas heikel.“ Er bezweifelt, dass die Infrastruktur-Konzepte für den Südring wirklich detailliert untersucht und mit seriösen Kostenschätzungen unterlegt worden sind. „Es sieht eher so aus, als soll die zweite Röhre weiterhin schön gerechnet und schön geschrieben und geredet werden“. Auch, was die zeitliche Schiene angeht. Denn die Haidhauser Tunnel-Initiative wird alles tun, um den für 2011 geplanten Planfeststellungsbeschluss für den Bereich Isar – Ostbahnhof zu verhindern oder zu verzögern. Massive Bedenken meldeten gestern auch der Bund Naturschutz (BN) München und die Aktion Attraktiver Nahverkehr an. Sie sehen „konkrete Anzeichen, dass bei den Zahlen getrickst wurde. Unter Umständen steht die Zukunft des Bahnausbaus in Bayern auf dem Spiel", sagt der BN-München-Vorsitzende Christian Hierneis. tob, hu

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