Schnell kann's gehen! Junger Marokkaner beginnt nach wenigen Wochen Ausbildung

Bürokratische Mühlen mahlen nicht immer langsam: Nach nur wenigen Wochen kann ein junger Marokkaner seine Ausbildung in München beginnen.
von  Carmen Merckenschlager
Nils Postel und sein Auszubildender Soufiane Ouaali: Über Facebook sucht der junge Mann vergangenes Jahr nach einer Stelle in Deutschland. Postel wird online auf ihn aufmerksam. Weil die Behörden in Ouaalis Fall so fix sind, steht er bereits wenige Wochen später in der Praxis.
Nils Postel und sein Auszubildender Soufiane Ouaali: Über Facebook sucht der junge Mann vergangenes Jahr nach einer Stelle in Deutschland. Postel wird online auf ihn aufmerksam. Weil die Behörden in Ouaalis Fall so fix sind, steht er bereits wenige Wochen später in der Praxis. © Daniel von Loeper

München - Mit seinen Auszubildenden hatte Nils Postel (54), Facharzt für Allgemeinmedizin, nicht immer Glück. Einmal waren Drogen im Spiel, eine wollte dann doch lieber Influencerin werden und die nächste kam gleich überhaupt nicht mehr in seine Praxis am Sendlinger-Tor-Platz. Umso glücklicher ist er jetzt mit Soufiane Ouaali (25). Wie aus einer Internet-Bekanntschaft eine Erfolgsgeschichte wurde.

Ouaali stammt aus Marokko. Dort macht er sein Abitur, dann eine Ausbildung in Unternehmensführung. Bei einem Praktikum in einem Kinderkrankenhaus merkt er, dass ihm das Gesundheitswesen liegt. Weitere Praktika folgen. Er will noch eine Ausbildung machen: zum Medizinischen Fachangestellten - und zwar in Deutschland.

 "Das deutsche Gesundheitswesen hat eine sehr gute Reputation"

Warum, das begründet Ouaali mit zwei Punkten: "Das deutsche Gesundheitswesen hat eine sehr gute Reputation. Zum anderen wollte ich nicht nur lernen, sondern auch in der Praxis arbeiten", sagt er in gebrochenem, aber schon wortgewandten Deutsch. In anderen Ländern sei das nicht so einfach möglich und teils sehr teuer.

Vor rund acht Monaten beginnt er mit Deutschunterricht in seiner Heimatstadt Rabat und schaltet eine Anzeige auf Facebook. Auf die wiederum wird Nils Postel aufmerksam und schreibt ihn an. "Eigentlich wollte ich nicht mehr ausbilden. Aber die Initiative hat mir gefallen", erinnert sich der Mediziner.

Die beiden schreiben viel hin und her, lernen sich digital besser kennen und klären ab, welche Unterlagen Ouaali für die Ausbildung in Deutschland braucht. Neben dem Arbeitsvertrag braucht es Bestätigungen über das Beschäftigungsverhältnis und Bescheinigungen über Verdienst und Dauer der Ausbildung. Ouaali muss außerdem bestätigen, dass kein Familiennachzug geplant ist.

Die beiden beschäftigen sich mit dem Kreisverwaltungsreferat, der Bundesagentur für Arbeit und der Botschaft in Marokko. Immer wieder fragt Ouaali bei Postel nach, ob er die nötigen Unterlagen schon zusammen habe. "Diese Beharrlichkeit hat mich beeindruckt", sagt Postel.

Nach nur wenigen Wochen sind alle nötigen Unterlagen ausgestellt

Was beide aber noch mehr erstaunt: Nach nur wenigen Wochen sind alle nötigen Unterlagen ausgestellt. In Marokko, so erzählt Ouaali, sei es nicht ungewöhnlich, rund zwei Jahre auf einen Botschaftstermin zu warten, er bekommt ihn nach einer Woche.

Auch die Unterlagen der deutschen Behörden erhalten Postel und Ouaali nach je knapp einer Woche. "Zuerst war ich sehr skeptisch und habe mich gefragt, wie lange das wohl bei den deutschen Behörden dauern mag. Aber das war wirklich erstaunlich. Das lief alles über den fast track (Überholspur, d. Red.)", sagt Postel und freut sich noch jetzt darüber.

Seit 2021 ist das Fachkräfte-Einwanderungsgesetz in Kraft. Es soll helfen, ausländische Fachkräfte schneller in den deutschen Arbeitsmarkt zu integrieren. "Dass das wirklich so toll funktioniert, das hat uns alle überrascht", sagt Postel.

 "Ouaali ist ein Paradebeispiel, wie wir es dringend brauchen!"

Deshalb will Postel auch Ouaalis Geschichte erzählen, weil etwas richtig läuft und funktioniert: "Es gibt genug schlechte Nachrichten", findet er. Er findet auch, dass außerdem Ouaalis Engagement und Beharrlichkeit erstaunlich sind. Der junge Mann schreibt in der Berufsschule Einsen und Zweier, lernt schnell, ist motiviert und schon jetzt ein Teil des Teams. Auch um seine Wohnung hat sich Ouaali selbst gekümmert. Postel: "Er ist ein Paradebeispiel, wie wir es dringend brauchen!"

So habe das Postel noch nicht erlebt. Und Ouaali selber? "Ich bin sehr glücklich, hier lernen zu können. Es macht mir viel Spaß!" Jetzt muss er in München noch mehr Anschluss finden und will weiter Deutsch lernen. Aber auch dabei will ihn Postel unterstützen, betont er. Das findet auch Ouaali: "Mein Chef ist toll", sagt er der AZ.

Da haben sich definitiv zwei gefunden. Dass das so toll geklappt hat: Daran sind auch die Behörden beteiligt. Und das hat nicht nur Postel überrascht.

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