So will Alt-OB Ude das Timofej-Kirchlein im Olympiapark wieder aufbauen

Vor einem Jahr ist die Friedenskirche von Väterchen Timofej niedergebrannt. Alt-OB Christian Ude vermeldet nun den Durchbruch: Münchens bekanntester Schwarzbau kann neu errichtet werden. Die AZ erklärt, wie und wann.
von  Felix Müller
So soll es wiederauferstehen, das Ost-West-Friedenskirchlein am Rande des Olympiaparks, hier auf einem Foto von 2008.
So soll es wiederauferstehen, das Ost-West-Friedenskirchlein am Rande des Olympiaparks, hier auf einem Foto von 2008. © Imago

München - Christian Ude war nie schnell sprachlos. Der Alt-OB ist es bis heute fast nie. Und so war an jenem 11. Juni 2023 deutlich zu spüren, wie nahe ihm diese Nachricht ging.

Als Ude durch einen Anruf der AZ erfuhr, dass das Timofej-Kirchlein in der Nacht zuvor abgebrannt sei, rang Ude um Worte. "Furchtbar", sagte er schließlich, "wirklich schlimm, das ist erschütternd."

Reste des Kirchleins nach der Tragödie, Juni 2023.
Reste des Kirchleins nach der Tragödie, Juni 2023. © Imago/Wolfgang Maria Weber

"Sieht wirklich ganz wunderbar aus": Alt-OB Ude zum Wiederaufbau des Timofej-Kirchleins

Etwas mehr als ein Jahr später ist Christian Ude wieder absolut in Plauderlaune ‒ und das gilt ganz besonders, wenn es um die Zukunft von Münchens berühmtestem Schwarzbau geht, den er so gerne gemocht hat.

Denn Ude ist jetzt überzeugt, dass es den entscheidenden Durchbruch schon gegeben hat. "Es sieht wirklich ganz wunderbar aus", sagt er. Die Ost-West-Friedenskirche werde originalgetreu wieder aufgebaut.

In der AZ erklärt Ude, warum das nicht an technischen, nicht an rechtlichen und nicht an finanziellen Problemen scheitern wird. Und: von welchem Zeitplan er ausgeht.

Ude hat sein spontanes Versprechen vom Tag nach dem Brand eingelöst ‒ und ist an der Sache dran geblieben. "Das oberste Ziel ist es, die Idylle wieder herzustellen, die Kirche aufzubauen und eine Gedenkstätte zu schaffen", sagt er.

Neuer Verein und positive Signale: So soll das Timofej-Kirchlein im Olympiapark wieder aufgebaut werden

Kürzlich wurde in seinem Schwabinger Keller der Verein Ost-West-Friedenskirche, der noch von Väterchen Timofej persönlich aus der Taufe gehoben worden war, ganz offiziell als richtiger Verein gegründet.

"Das war stets ein hart arbeitender, kleiner Freundeskreis", sagt Ude über den Verein und seinen Vorsitzenden Sergej Kaiser, der sich seit Jahren um das Areal kümmert. Nun also ist der Verein ein ganz offizieller Verein mit Rechten ‒  und Pflichten auch für Ude.

"Ich habe mir das hohe Amt des Schriftführers ergattert." Auch SPD-Stadtrat Christian Vorländer sei dabei.

Fenster und Ikonen der Ost-West-Friedenskirche auf einem Archivbild.
Fenster und Ikonen der Ost-West-Friedenskirche auf einem Archivbild. © Imago

Udes Plan: So soll das Timofej-Kirchlein bald wieder aufgebaut werden

Überhaupt ist Ude sehr zufrieden mit der Unterstützung aus der aktuellen Politik, das Büro seines Nachfolgers Dieter Reiter spiele eine sehr gute Rolle, betont er.

Nun wolle man Viertel-Politiker (und Bürger!) aus allen drei benachbarten Vierteln ‒ Neuhausen, Schwabing-West und Milbertshofen ‒einbinden, ab Herbst werde man um Unterstützer werben.

Klingt alles gut, aber warum ist er denn nun so sicher, dass das Kirchlein definitiv wieder aufgebaut wird? "Wir haben auf mehrere Weise unglaubliches Glück", sagt Ude.

Da sei der Zufall, dass eine Doktorandin der Uni Bamberg die Friedenskirche vor dem Brand haargenau digital vermessen habe und diese Daten nun kostenlos zur Verfügung stünden. "Ein originalgetreuer Wiederaufbau wird so nur eine Fingerübung", sagt Ude.

Das Wohnhaus, das beim Brand stehen blieb.
Das Wohnhaus, das beim Brand stehen blieb. © Imago

Genehmigung kein Problem: Wie die Stadt zum Wiederaufbau des Timofej-Kirchleins steht

Außerdem gebe es, Schwarzbau hin, Schwarzbau her, kein Genehmigungsproblem, das sei inzwischen klar. "Die Lokalbaukommission vertritt die Meinung, dass der Bescheid über den Bestandsschutz eine Baugenehmigung darstellt. Ein originalgetreuer Nachbau ist damit genehmigt, obwohl wir noch gar keinen Antrag gestellt haben."

Bleibt die Frage nach dem Geld. Auch die hält Ude für beantwortet. "Eine Versicherung hat sich gemeldet. Sie ist bereit, einen hohen Betrag zu zahlen."

Eine Versicherung? Ja, sagt Ude, auch er habe das als OB nicht geahnt. "Keiner hat es gewusst. Aber ein Beamter der Kämmerei hat offenbar damals einen Versicherungsvertrag abgeschlossen. Die Stadt hat einen Bau, den sie eigentlich hätte abreißen müssen, selbst versichert."

Wenn überhaupt, sagt Ude, werde es noch um einen "kleinen Betrag" gehen, den man noch sammeln müsse für den Wiederaufbau. Gegebenenfalls auch nur eine Fingerübung ‒ so klingt das.

Räumung und Wiederaufbau: Das ist der Zeitplan für die abgebrannte Ost-West-Friedenskirche

Im Oktober sollen verbrannte Reste wie Holzlatten und verrußtes Blech entfernt werden, sagt Ude. "Im Moment ist es ja eine gefährliche Ruine." Aus der ein ganz besonderes Stück München aber wieder auferstehen soll. Und zwar 2025.

Er gehe fest davon aus, dass schon im kommenden Jahr gebaut werde, so Ude. Der Verein könnte sich dann eines Tages um das neue, alte Kirchlein kümmern.

"Und erreicht wird all das durch bürgerschaftliches Engagement", betont Ude, der Schriftführer, stolz. Noch nicht ganz geklärt sei, wer der Bauherr werde, Stadt oder Verein, aber auch da sehe er keinen Konflikt.

Klingt alles so, als könne Ude bald wieder Besucher zu einem seiner absoluten Münchner Lieblingsorte führen.

Geschichte der Friedenskirche: Der bekannteste Schwarzbau der Stadt

Als Timofej Wassiljewitsch Prochorow sich 1952 entscheiden musste, ob er in seine vom Krieg zerstörte Heimat Russland zurückkehren oder in den Westen gehen solle, sei ihm die Heilige Mutter Gottes erschienen, so erzählte er es später, sie habe ihm aufgetragen, nach München zu gehen.

Väterchen Timofej.
Väterchen Timofej. © Imago/Heinz Gebhardt

Das tat er ‒ und baute aus Reserve von Müll und Alu-Folien vom Schuttberg, dem späteren Olympiaberg, sein selbst gezimmertes Ensemble mit Kirchlein und Wohnhaus inmitten eines paradiesischen Obst- und Blumengartens.

Für Olympia 1972 sollte hier das Radstadion entstehen. Eigentlich. Denn nach großen Bürgerprotesten ‒ die die AZ vehement unterstützte ‒ entstand das Radstadion woanders. Der Schwarzbau ‒ neben dem heutigen Tollwood-Gelände ‒ durfte bleiben und wurde zu einer Touristen-Attraktion. Timofej starb 2004, angeblich im Alter von 110 Jahren.

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